Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.lich war der Einfluß der Gräfin nickt blos ein hemmender, sondern vielfach Nach kurzem Aufenthalt in Magdeburg wurde Immermann als Landes¬ Das bald darauffolgende Drama "Kaiser Friedrich II." bleibt auf fest- lich war der Einfluß der Gräfin nickt blos ein hemmender, sondern vielfach Nach kurzem Aufenthalt in Magdeburg wurde Immermann als Landes¬ Das bald darauffolgende Drama „Kaiser Friedrich II." bleibt auf fest- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0293" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/124999"/> <p xml:id="ID_890" prev="#ID_889"> lich war der Einfluß der Gräfin nickt blos ein hemmender, sondern vielfach<lb/> auch fördernd, wie er es denn auch immer bekannte, daß sie ihn erst zum<lb/> Manne gemacht habe.</p><lb/> <p xml:id="ID_891"> Nach kurzem Aufenthalt in Magdeburg wurde Immermann als Landes¬<lb/> gerichtsrath nach Düsseldorf versetzt, wo er den eigentlichen Kreis seines<lb/> Sckoff^us fand und bis zu feinem Tode blieb. Hier bildete sich in dem frisch<lb/> aufstrebenden Kreise der jungen Akademie der Kreis der Freunde Schadow,<lb/> Lessing, Sohn, Uechtritz. Schnaase, Mendelssohn, Frau v. Sybel u. A., wel¬<lb/> chen das Buch uns so anziehend schildert, hier entfaltete Immermann seine<lb/> dramaturgische Kraft, hier wuchsen seine reifsten Schöpfungen, hier erblühte<lb/> ihm nach langem Kampfe auch sein kurzes häusliches Glück. — Schon ehe<lb/> er nach Düsseldorf kam, hatte er, abgesehen von einigen ästhetischen Studien<lb/> von bleibendem Werthe, unter denen namentlich die über den rasenden Ajax<lb/> Wilhelm von Humboldt's Beifall errang, einen entschiedenen Fortschritt in<lb/> seinem Hofer gethan. Durch Tyroler Sänger in die Welt der Berge ver¬<lb/> setzt, schlug das große Lied der Treue mächtig an sein Ohr und er unternahm<lb/> das Bild des Mannes zur Gestaltung zu bringen, in dem sich die einfache<lb/> Größe, Aufopferung und religiöse Begeisterung seines Volkes verkörpert hatte.<lb/> In kurzer Zeit, aus einem Gusse, schrieb er das Trauerspiel in Tyrol, das<lb/> bei unleugbaren Mängeln seinem Namen zuerst ein bleibendes Denkmal setzte<lb/> und einen tiefgehenden Eindruck machte. Aus der Mylhenwelt der Romantik<lb/> trat er auf den Boden der Gegenwart, aus fremden Stoffen in das Leben<lb/> seines Volkes. Da das Stück zu lang war und außerdem seine Aufführung<lb/> mit den politischen Convenienzen der damaligen Zeit zu kämpfen hatte, über¬<lb/> arbeitete Immermann es nach 7 Jahren in bühnengerechterer Weise, opferte<lb/> aber jenen Convenienzen auch manches Schöne. Es ist in verschiedenen Re¬<lb/> dactionen aufgeführt, am besten wohl neuerlich unter Puttlitz's Leitung in<lb/> Schwerin. Das Stück verdient auch auf der deutschen Bühne zu bleiben,<lb/> denn es ist nicht nicht nur von echter Poesie, sondern auch von großer dra¬<lb/> matischer Wirkung. Als Hauptmangel dagegen erscheint, daß der Dichter zu<lb/> sehr seine Reflexionen über den Kampf der Eroberer mit dem ungebildeten<lb/> aber treuen Volke in den Mund seines Helden legt. Während die zweite Be¬<lb/> arbeitung den aeus ex maediva, der Engelerscheinung beseitigt, begeht sie den<lb/> großen Mißgriff der Scene in der Staatskanzlei, zu der nur die Namen<lb/> Metternich und Gentz sehlen, und die den tragischen Eindruck vollkommen<lb/> schwächt, indem sie die gläubig vertrauenden Volkshelden als nutzlose Opfer<lb/> der Cabinetspolitik zeigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_892" next="#ID_893"> Das bald darauffolgende Drama „Kaiser Friedrich II." bleibt auf fest-<lb/> geschichtlichem Boden, aber der Dichter tritt mit ihm in die fernere Vergan¬<lb/> genheit der deutschen Geschichte zurück. Immermann beurtheilte dies Stück</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0293]
lich war der Einfluß der Gräfin nickt blos ein hemmender, sondern vielfach
auch fördernd, wie er es denn auch immer bekannte, daß sie ihn erst zum
Manne gemacht habe.
Nach kurzem Aufenthalt in Magdeburg wurde Immermann als Landes¬
gerichtsrath nach Düsseldorf versetzt, wo er den eigentlichen Kreis seines
Sckoff^us fand und bis zu feinem Tode blieb. Hier bildete sich in dem frisch
aufstrebenden Kreise der jungen Akademie der Kreis der Freunde Schadow,
Lessing, Sohn, Uechtritz. Schnaase, Mendelssohn, Frau v. Sybel u. A., wel¬
chen das Buch uns so anziehend schildert, hier entfaltete Immermann seine
dramaturgische Kraft, hier wuchsen seine reifsten Schöpfungen, hier erblühte
ihm nach langem Kampfe auch sein kurzes häusliches Glück. — Schon ehe
er nach Düsseldorf kam, hatte er, abgesehen von einigen ästhetischen Studien
von bleibendem Werthe, unter denen namentlich die über den rasenden Ajax
Wilhelm von Humboldt's Beifall errang, einen entschiedenen Fortschritt in
seinem Hofer gethan. Durch Tyroler Sänger in die Welt der Berge ver¬
setzt, schlug das große Lied der Treue mächtig an sein Ohr und er unternahm
das Bild des Mannes zur Gestaltung zu bringen, in dem sich die einfache
Größe, Aufopferung und religiöse Begeisterung seines Volkes verkörpert hatte.
In kurzer Zeit, aus einem Gusse, schrieb er das Trauerspiel in Tyrol, das
bei unleugbaren Mängeln seinem Namen zuerst ein bleibendes Denkmal setzte
und einen tiefgehenden Eindruck machte. Aus der Mylhenwelt der Romantik
trat er auf den Boden der Gegenwart, aus fremden Stoffen in das Leben
seines Volkes. Da das Stück zu lang war und außerdem seine Aufführung
mit den politischen Convenienzen der damaligen Zeit zu kämpfen hatte, über¬
arbeitete Immermann es nach 7 Jahren in bühnengerechterer Weise, opferte
aber jenen Convenienzen auch manches Schöne. Es ist in verschiedenen Re¬
dactionen aufgeführt, am besten wohl neuerlich unter Puttlitz's Leitung in
Schwerin. Das Stück verdient auch auf der deutschen Bühne zu bleiben,
denn es ist nicht nicht nur von echter Poesie, sondern auch von großer dra¬
matischer Wirkung. Als Hauptmangel dagegen erscheint, daß der Dichter zu
sehr seine Reflexionen über den Kampf der Eroberer mit dem ungebildeten
aber treuen Volke in den Mund seines Helden legt. Während die zweite Be¬
arbeitung den aeus ex maediva, der Engelerscheinung beseitigt, begeht sie den
großen Mißgriff der Scene in der Staatskanzlei, zu der nur die Namen
Metternich und Gentz sehlen, und die den tragischen Eindruck vollkommen
schwächt, indem sie die gläubig vertrauenden Volkshelden als nutzlose Opfer
der Cabinetspolitik zeigt.
Das bald darauffolgende Drama „Kaiser Friedrich II." bleibt auf fest-
geschichtlichem Boden, aber der Dichter tritt mit ihm in die fernere Vergan¬
genheit der deutschen Geschichte zurück. Immermann beurtheilte dies Stück
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