Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.stärkte man die Opposition durch fortwährende versteckte Angriffe auf die Er¬ Diese gewaltige Verwaltungsmaschine gab nun die Verfassung von 1848, stärkte man die Opposition durch fortwährende versteckte Angriffe auf die Er¬ Diese gewaltige Verwaltungsmaschine gab nun die Verfassung von 1848, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0211" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/124917"/> <p xml:id="ID_635" prev="#ID_634"> stärkte man die Opposition durch fortwährende versteckte Angriffe auf die Er¬<lb/> rungenschaften der Revolution, welche dem ganzen Volk ans Herz gewachsen<lb/> waren, die Rathschläge Fievies. die alten Provinzen herzustellen, verhallten<lb/> ungehört und das konstitutionelle Wesen selbst ward vergiftet durch die un¬<lb/> ablässige Einmischung der Verwaltung in die Wahlen. An die Stelle des<lb/> absoluten Kaisers waren die zeitweilig ebenso absoluten Minister getreten,<lb/> welche die ihnen unangenehmen Präfecten grade so rücksichtslos absetzten,<lb/> wie Napoleon seine Creaturen. Auch die Julimonarchie führte diese Regie-<lb/> rungsweise ganz unverändert fort, weder Thiers noch Guizot haben je daran<lb/> gedacht, die Allmacht der Verwaltung zu beschränken, das jeweilige Mini¬<lb/> sterium brauchte die hundertarmige Maschine rücksichtslos, um sich günstige<lb/> Wahlen zu verschaffen, und wenn es in dem parlamentarischen Turnier der<lb/> Kammer unterlegen war, so kehrten seine Nachfolger einfach den Spieß um.<lb/> Daher aber auch die Ohnmacht zum Widerstande, als einmal die Fluth der<lb/> Unzufriedenheit ernstlich zu steigen begann; Louis Philipp und Guizot wur¬<lb/> den so leicht bei Seite geschoben, wie ein Bureauchef, und die Präfecten,<lb/> welche die Katastrophe überlebten, hatten nun republikanische Wahlen zu fa-<lb/> briciren, wie vorher je nach Bedürfniß Guizot'sche oder Mole'sche. !</p><lb/> <p xml:id="ID_636" next="#ID_637"> Diese gewaltige Verwaltungsmaschine gab nun die Verfassung von 1848,<lb/> von der der Herzog von Broglie sagte „eile a, reeulö les limiws as ig,<lb/> stuMitv Iiumaillö", in die Hand des durch Plebiscit erwählten Präsidenten<lb/> der Republik, des Erben Napoleons I.. der mit größter Zähigkeit jede par-<lb/> lamentorische Negierung für Frankreich als unmöglich bekämpft und das<lb/> System seines Oheims in den lääes Mpolüoiiiermes verherrlicht hatte. Selbst<lb/> keineswegs ein schöpferischer Geist hatte er bei seinem Eintritt in das Laby¬<lb/> rinth der französischen Politik, das er von außen so eifrig studirt, den Vor¬<lb/> theil eines festen, ja fanatischen Glaubens an eine Idee, den Imperialismus.<lb/> Er war keineswegs blind für die Fehler seines Oheims; gleich nach dem<lb/> Staatsstreich äußerte er gegen Montalembert: „Ich kann Fehler begehen,<lb/> aber es gibt deren zwei, über die das erste Kaiserreich gefallen ist und die ich<lb/> nie begehen werde, das ist der Bruch mit England und der Bruch mit Rom."<lb/> Er erklärte andererseits auch keinen Haß gegen den Parlamentarismus an<lb/> sich zu haben. Lg L^stömo, sagte er zu einem englischen Staatsmann, est<lb/> Kor clgus los pg.z?8 on it est iun6, on ig, Iidort6 est xossidlv et aoud eile<lb/> est ig. gloire, mgig 8i je in'avisgis g, äonner'1a libertö gux ^rg-u^g-is, ils us<lb/> s'en servirgient yue xour me reuverser. Sein unwandelbarer Gesichts¬<lb/> punkt war daher, daß Frankreich nur mit dem Imperialismus zu regieren<lb/> sei. In einer Unterhaltung über seine Politik nahm er den Bleistift und<lb/> zeichnete auf den Tisch ein Dreieck. „Sehen Sie", sagte er, „hier ist mein<lb/> System. Die Grundlinie repräsentirt die Massen, die beiden Seitenlinien</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0211]
stärkte man die Opposition durch fortwährende versteckte Angriffe auf die Er¬
rungenschaften der Revolution, welche dem ganzen Volk ans Herz gewachsen
waren, die Rathschläge Fievies. die alten Provinzen herzustellen, verhallten
ungehört und das konstitutionelle Wesen selbst ward vergiftet durch die un¬
ablässige Einmischung der Verwaltung in die Wahlen. An die Stelle des
absoluten Kaisers waren die zeitweilig ebenso absoluten Minister getreten,
welche die ihnen unangenehmen Präfecten grade so rücksichtslos absetzten,
wie Napoleon seine Creaturen. Auch die Julimonarchie führte diese Regie-
rungsweise ganz unverändert fort, weder Thiers noch Guizot haben je daran
gedacht, die Allmacht der Verwaltung zu beschränken, das jeweilige Mini¬
sterium brauchte die hundertarmige Maschine rücksichtslos, um sich günstige
Wahlen zu verschaffen, und wenn es in dem parlamentarischen Turnier der
Kammer unterlegen war, so kehrten seine Nachfolger einfach den Spieß um.
Daher aber auch die Ohnmacht zum Widerstande, als einmal die Fluth der
Unzufriedenheit ernstlich zu steigen begann; Louis Philipp und Guizot wur¬
den so leicht bei Seite geschoben, wie ein Bureauchef, und die Präfecten,
welche die Katastrophe überlebten, hatten nun republikanische Wahlen zu fa-
briciren, wie vorher je nach Bedürfniß Guizot'sche oder Mole'sche. !
Diese gewaltige Verwaltungsmaschine gab nun die Verfassung von 1848,
von der der Herzog von Broglie sagte „eile a, reeulö les limiws as ig,
stuMitv Iiumaillö", in die Hand des durch Plebiscit erwählten Präsidenten
der Republik, des Erben Napoleons I.. der mit größter Zähigkeit jede par-
lamentorische Negierung für Frankreich als unmöglich bekämpft und das
System seines Oheims in den lääes Mpolüoiiiermes verherrlicht hatte. Selbst
keineswegs ein schöpferischer Geist hatte er bei seinem Eintritt in das Laby¬
rinth der französischen Politik, das er von außen so eifrig studirt, den Vor¬
theil eines festen, ja fanatischen Glaubens an eine Idee, den Imperialismus.
Er war keineswegs blind für die Fehler seines Oheims; gleich nach dem
Staatsstreich äußerte er gegen Montalembert: „Ich kann Fehler begehen,
aber es gibt deren zwei, über die das erste Kaiserreich gefallen ist und die ich
nie begehen werde, das ist der Bruch mit England und der Bruch mit Rom."
Er erklärte andererseits auch keinen Haß gegen den Parlamentarismus an
sich zu haben. Lg L^stömo, sagte er zu einem englischen Staatsmann, est
Kor clgus los pg.z?8 on it est iun6, on ig, Iidort6 est xossidlv et aoud eile
est ig. gloire, mgig 8i je in'avisgis g, äonner'1a libertö gux ^rg-u^g-is, ils us
s'en servirgient yue xour me reuverser. Sein unwandelbarer Gesichts¬
punkt war daher, daß Frankreich nur mit dem Imperialismus zu regieren
sei. In einer Unterhaltung über seine Politik nahm er den Bleistift und
zeichnete auf den Tisch ein Dreieck. „Sehen Sie", sagte er, „hier ist mein
System. Die Grundlinie repräsentirt die Massen, die beiden Seitenlinien
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |