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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.

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Die französische Kriegsflotte.
II. Die Panzerschiffe.
sVergl. Ur. 38.)

Bekanntlich ist es der Kaiser Napoleon III. gewesen, der es zuerst durch¬
setzte, seefähige Panzerschiffe zu bauen. Schon vorher, während des Krimkrieges,
hatten Frankreich und England schwimmende Panzerbatterien construirt, die
sich bei der Einnahme von Kinburn für die schwersten russischen Geschütze als
unverwundbar erwiesen und sich überhaupt als Positionsbatlerien vorzüglich
bewährten; aber für wirkliche Seeschlachten waren sie völlig ungeeignet. Da
man zu jener Zeit es noch für unmöglich hielt, seefähige sah>sse mit scharf
geschnittenem Vorschiff und Hinterschiff so zu bauen, daß ihr Volumen ge¬
nügte, um die schwere Last eines 4^2 zölligen Panzers zu tragen, hatte man
diese Batterien "Lave" "De'vastation", "Foudroyante" u. s. w. nur wie
plumpe viereckige Kasten mit abgerundetem Vordertheil und Hintertheil ge¬
baut, und infolge dessen war es nur mit Mühe gelungen, sie mittelst ihrer
Maschine von 1-50 Pferdekraft und ihrer schwachen Takelage langsam fort¬
zubewegen, während Seetüchtigkeit bei schlechtem Wetter ihnen total abging.
Der geistvolle Chefconstructeur der französischen Marine Dupuis de Lome, der¬
selbe der die meisterhaften Risse des Musterlinienschiffs "Napoleon" und der
allerdings unrichtigen Nachbildung einer altrömischen Trireme geliefert hatte,
war der erste, der es verstand, ein französisches Panzerschiff herzustellen. Es
war die Panzerfregatte "La Gloire", die 1858--1859 vollendet wurde und
der erstaunten Welt die Möglichkeit der Construction eines wirklichen Panzer¬
schiffe s bewies.

Die "Gloire" zeigte im Aeußern nur wenige auch dem Laien auffallende
Abweichungen von dem Bord einer gewöhnlichen Fregatte: das Hinterschiff
war scharfkantig wie ein Bug geformt, um von hinten hereinbrechende Seen
besser zu zertheilen, ebenso wie z. B. bei unserem "Friedrich Karl"; der Bug
war vorn nicht ausschießend geformt, sondern mit senkrechtem Vorsteven, um
damit wie mit einer Axtschneide die Flanke des feindlichen Schiffes im Anlauf
zu durchschneiden; und die Takelage war nicht die einer gewöhnlichen Fre¬
gatte, sondern die eines Dreimastschooners, mit Raaen nur am vordersten
Mast und hinten nur mit Gaffelsegeln, da man das große Obergewicht des
Panzers zu sehr zu vermehren fürchtete. Sonst war die "Gloire" eine ge¬
wöhnliche aus Holz construirte Fregatte von 280 Fuß Länge,'welche ringsum
vom Oberdeck abwärts bis wenige Fuß unter Wasser mit Walzeisenplatten
von 4^ Zoll (12 Centimeter) Dicke belegt war, und 38 Geschütze zählte,
die bis auf zwei nicht auf dem Oberdeck, sondern in der gedeckten Batterie


Die französische Kriegsflotte.
II. Die Panzerschiffe.
sVergl. Ur. 38.)

Bekanntlich ist es der Kaiser Napoleon III. gewesen, der es zuerst durch¬
setzte, seefähige Panzerschiffe zu bauen. Schon vorher, während des Krimkrieges,
hatten Frankreich und England schwimmende Panzerbatterien construirt, die
sich bei der Einnahme von Kinburn für die schwersten russischen Geschütze als
unverwundbar erwiesen und sich überhaupt als Positionsbatlerien vorzüglich
bewährten; aber für wirkliche Seeschlachten waren sie völlig ungeeignet. Da
man zu jener Zeit es noch für unmöglich hielt, seefähige sah>sse mit scharf
geschnittenem Vorschiff und Hinterschiff so zu bauen, daß ihr Volumen ge¬
nügte, um die schwere Last eines 4^2 zölligen Panzers zu tragen, hatte man
diese Batterien „Lave" „De'vastation", „Foudroyante" u. s. w. nur wie
plumpe viereckige Kasten mit abgerundetem Vordertheil und Hintertheil ge¬
baut, und infolge dessen war es nur mit Mühe gelungen, sie mittelst ihrer
Maschine von 1-50 Pferdekraft und ihrer schwachen Takelage langsam fort¬
zubewegen, während Seetüchtigkeit bei schlechtem Wetter ihnen total abging.
Der geistvolle Chefconstructeur der französischen Marine Dupuis de Lome, der¬
selbe der die meisterhaften Risse des Musterlinienschiffs „Napoleon" und der
allerdings unrichtigen Nachbildung einer altrömischen Trireme geliefert hatte,
war der erste, der es verstand, ein französisches Panzerschiff herzustellen. Es
war die Panzerfregatte „La Gloire", die 1858—1859 vollendet wurde und
der erstaunten Welt die Möglichkeit der Construction eines wirklichen Panzer¬
schiffe s bewies.

Die „Gloire" zeigte im Aeußern nur wenige auch dem Laien auffallende
Abweichungen von dem Bord einer gewöhnlichen Fregatte: das Hinterschiff
war scharfkantig wie ein Bug geformt, um von hinten hereinbrechende Seen
besser zu zertheilen, ebenso wie z. B. bei unserem „Friedrich Karl"; der Bug
war vorn nicht ausschießend geformt, sondern mit senkrechtem Vorsteven, um
damit wie mit einer Axtschneide die Flanke des feindlichen Schiffes im Anlauf
zu durchschneiden; und die Takelage war nicht die einer gewöhnlichen Fre¬
gatte, sondern die eines Dreimastschooners, mit Raaen nur am vordersten
Mast und hinten nur mit Gaffelsegeln, da man das große Obergewicht des
Panzers zu sehr zu vermehren fürchtete. Sonst war die „Gloire" eine ge¬
wöhnliche aus Holz construirte Fregatte von 280 Fuß Länge,'welche ringsum
vom Oberdeck abwärts bis wenige Fuß unter Wasser mit Walzeisenplatten
von 4^ Zoll (12 Centimeter) Dicke belegt war, und 38 Geschütze zählte,
die bis auf zwei nicht auf dem Oberdeck, sondern in der gedeckten Batterie


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[0019] Die französische Kriegsflotte. II. Die Panzerschiffe. sVergl. Ur. 38.) Bekanntlich ist es der Kaiser Napoleon III. gewesen, der es zuerst durch¬ setzte, seefähige Panzerschiffe zu bauen. Schon vorher, während des Krimkrieges, hatten Frankreich und England schwimmende Panzerbatterien construirt, die sich bei der Einnahme von Kinburn für die schwersten russischen Geschütze als unverwundbar erwiesen und sich überhaupt als Positionsbatlerien vorzüglich bewährten; aber für wirkliche Seeschlachten waren sie völlig ungeeignet. Da man zu jener Zeit es noch für unmöglich hielt, seefähige sah>sse mit scharf geschnittenem Vorschiff und Hinterschiff so zu bauen, daß ihr Volumen ge¬ nügte, um die schwere Last eines 4^2 zölligen Panzers zu tragen, hatte man diese Batterien „Lave" „De'vastation", „Foudroyante" u. s. w. nur wie plumpe viereckige Kasten mit abgerundetem Vordertheil und Hintertheil ge¬ baut, und infolge dessen war es nur mit Mühe gelungen, sie mittelst ihrer Maschine von 1-50 Pferdekraft und ihrer schwachen Takelage langsam fort¬ zubewegen, während Seetüchtigkeit bei schlechtem Wetter ihnen total abging. Der geistvolle Chefconstructeur der französischen Marine Dupuis de Lome, der¬ selbe der die meisterhaften Risse des Musterlinienschiffs „Napoleon" und der allerdings unrichtigen Nachbildung einer altrömischen Trireme geliefert hatte, war der erste, der es verstand, ein französisches Panzerschiff herzustellen. Es war die Panzerfregatte „La Gloire", die 1858—1859 vollendet wurde und der erstaunten Welt die Möglichkeit der Construction eines wirklichen Panzer¬ schiffe s bewies. Die „Gloire" zeigte im Aeußern nur wenige auch dem Laien auffallende Abweichungen von dem Bord einer gewöhnlichen Fregatte: das Hinterschiff war scharfkantig wie ein Bug geformt, um von hinten hereinbrechende Seen besser zu zertheilen, ebenso wie z. B. bei unserem „Friedrich Karl"; der Bug war vorn nicht ausschießend geformt, sondern mit senkrechtem Vorsteven, um damit wie mit einer Axtschneide die Flanke des feindlichen Schiffes im Anlauf zu durchschneiden; und die Takelage war nicht die einer gewöhnlichen Fre¬ gatte, sondern die eines Dreimastschooners, mit Raaen nur am vordersten Mast und hinten nur mit Gaffelsegeln, da man das große Obergewicht des Panzers zu sehr zu vermehren fürchtete. Sonst war die „Gloire" eine ge¬ wöhnliche aus Holz construirte Fregatte von 280 Fuß Länge,'welche ringsum vom Oberdeck abwärts bis wenige Fuß unter Wasser mit Walzeisenplatten von 4^ Zoll (12 Centimeter) Dicke belegt war, und 38 Geschütze zählte, die bis auf zwei nicht auf dem Oberdeck, sondern in der gedeckten Batterie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124705/19>, abgerufen am 22.12.2024.