Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.aber uns Deutschen die letzte Pforte verschließen, von welcher aus wir die Nicht so einmüthig freut sich die deutsche Presse der Aussicht, Metz, also auch die Die frohe Botschaft von der Ergebung Straßvurg's verdient wohl, daß Menzbolen IV. 1870. L
aber uns Deutschen die letzte Pforte verschließen, von welcher aus wir die Nicht so einmüthig freut sich die deutsche Presse der Aussicht, Metz, also auch die Die frohe Botschaft von der Ergebung Straßvurg's verdient wohl, daß Menzbolen IV. 1870. L
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aber uns Deutschen die letzte Pforte verschließen, von welcher aus wir die
Feindseligkeiten Frankreichs zu bestrafen vermögen.
Nicht so einmüthig freut sich die deutsche Presse der Aussicht, Metz, also auch die
französische Umgegend der großen Stadt und Festung in deutschem Besitz zu sehen.
Man fühlt deutlich die Verlegenheiten, welche eine fanatische französisch redende
Bevölkerung uns bereiten würde. Auch der Umstand wird ehrlich betont, daß wir
auf französisch redendes Gebiet kein Colonistenrecht haben. Unseren Strategen da¬
gegen erscheint Metz als die bei weitem wichtigste Stelle des ganzen zu hoffenden
Erwerbes, denn Metz zwinge uns jetzt, immer hunderttausend Mann mehr in
Waffen zu halten, als die Franzosen haben. Auch ein Rasiren der Festungswerke
sei kaum als Schutz gegen die militärische Bedeutung des Ortes zu betrachten,
denn die Hauptsache sei die unübertreffliche landschaftliche Position, welche
man doch nicht zerstören könne, und welche noch bet schnell ausgeworfenen
Erdwerken eine bedenkliche Widerstandskraft erhalten würde. Allerdings
wenn wir mit Frankreich allein zu thun haben sollten, könne man sich fortan
diesem Staat überlegen fühlen, aber bei dem nächsten Kampf würde Frank¬
reich Bundesgenossen finden, welche dem Kern unserer Hilfsquellen wenigstens
ebenso nahe liegen als Frankreich. — Wir bekennen, daß diese militärischen
Argumente uns so lange ungenügend erscheinen werden, als wir an der
Ueberzeugung fest halten, daß der normale Zustand der bürgerlichen Gesell¬
schaft der Frieden ist und nicht der Krieg. Und wir geben die Hoffnung
nicht auf, daß die civilen Betrachtungen in unserem Hauptquartier zuletzt eine
wohlwollende Würdigung finden werden. Aber es ist gegenwärtig nicht
an der Zeit, über Vortheile und Gefahren dieses Erwerbs abzuurtheilen.
Noch ist Metz gar nicht in deutschem Besitz. Ueber die Bürgerschaft der be¬
trächtlichen Stadt und über die Stimmungen, welche dort herrschen oder
nach unserem Heere einziehen mögen, wissen wir wenig. Es ist doch rathsam,
die Erfahrungen abzuwarten, welche an Ort und Stelle gemacht werden. Sie
könnten so ungünstig, oder so günstig sein, daß sie berechtigte Bedenken ent¬
weder eindringlich, oder hinfällig machten.
Die frohe Botschaft von der Ergebung Straßvurg's verdient wohl, daß
die deutschen Städte im Flaggenschmuck die Heimkehr ihrer verlorenen
Schwester begrüßen. Auch der Elsaß war bis dahin nicht durch uns erobert,
er ist es noch jetzt nicht. Außer Schlettstadt und N. Breisach sind auch die
größeren offenen Städte noch nicht von unseren Truppen und unserer Ver¬
waltung occupirt, und der letzte schnelle Durchzug eines badischen Detache-
ments war keine vortheilhafte Maßregel; es wäre besser gewesen, nichts zu
ihnn, als mit halben Kräften zu versuchen, wo nur die sichere Ueberlegenheit
der Macht bändigen kann. Wir dürfen nach einiger Versäumniß hoffen,
daß jetzt die ganze Landschaft unter ein volles preußisches Corps gestellt wird,
Menzbolen IV. 1870. L
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