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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.

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den Stoß Bazaine's ausgehalten, der um jeden Preis durchbrechen wollte,
und hat ihn wirklich, allerdings mit ungeheuren Verlusten, aufgehalten, bis
Prinz Friedrich Karl mit seinen Regimentern anlangte. Also glauben Sie
doch ja nicht, mit Ihren in der Eile zusammengerafften Bataillonen und
Ihren zuchtlosen Mobilgarden unsere Armee besiegen, geschweige bis auf den
letzten Mann vernichten zu können, sie, die jetzt schon wieder ihre Lücken
ausfüllt und hinter der neue Regimenter der Landwehr stehen, die noch ihre
Waffen ebenso gut zu führen versteht, wie zur Zeit, da sie in der Linie
diente, wie sie das am 1. September zum ersten Male vor Metz gezeigt hat.

Aber sollen wir denn nicht trotzdem, wo nicht aus Furcht, so doch aus
Rücksichten der Menschlichkeit und der Billigkeit, jetzt den Krieg aufgeben,
gutmüthig die eroberten Provinzen verlassen, ohne eine Entschädigung für
die unermeßlichen in diesem Kriege von uns gebrachten Opfer zu verlangen,
jetzt da der Kaiser und seine Regierung nicht mehr existirt und zum dritten
oder vierten Male in einem Jahrhundert die Republik, diese Panaxen für alle
Schäden und Uebel, vom Rathhause zu Paris verkündigt ist? Das ist aller-
dings die Meinung Ihres Herrn Jules Favre; aber wir wären doch wahr¬
lich die größten Schwachköpfe, wenn wir uns mit seinen schönen Worten
von dem ewigen Frieden abspeisen ließen, den die Republik zwischen allen
Völkern stiften werde. Es ist wahr, Napoleon hat den Krieg erklärt; aber
er hat es nur gethan, weil er wohl wußte, daß er damit der eitlen Ruhm¬
gier schmeichelte, von der sein Volk von jeher geplagt ist. Und er hatte
sich nicht getäuscht; die unermeßliche Mehrheit nicht nur der kriegsdurstigen
Armee, sondern auch des immer von neuen Beraubungen träumenden Volkes
hat seinen brandstifterischen Plänen zugejauchzt; nicht nur der knechtische
Senat, sondern auch der gesetzgebende Körper mit Ausnahme einer einzigen
Stimme, auch selbst die Opposition, deren Häupter jetzt vorgeben, der Kaiser
allein l)abe den Krieg heraufbeschworen, hat ihm die Mittel zur Führung
desselben mit den Zeichen voller Befriedigung gewährt, ja hat ihn wegen
seines heldenmütigen Entschlusses beglückwünscht. Und die Presse, die trotz
ihrer Uebertreibungen doch immer ein treuer Spiegel der im Lande herrschen¬
den Stimmung ist, sie hat nicht ein einziges Wort gegen den Einbruch in
ein friedliches Nachbarland gesagt. Darum hat Deutschland nicht nur das
Recht, sondern auch die unerläßliche Pflicht, endlich einmal den Gefahren ein
Ziel zu setzen, mit denen seine unruhigen Nachbarn seit mehr als vier Jahr¬
hunderten fortwährend seine Ruhe und sein friedliches Glück bedrohen und
sich eine Grenze zu schaffen, die stark genug ist, um einen^neuen jähen Ein¬
bruch zu verhindern, wie den, welchen es j"-tzt glücklich, aber freilich mit
Strömen seines kostbarsten Blutes abgewehrt hat. Das ist der einmüthige


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den Stoß Bazaine's ausgehalten, der um jeden Preis durchbrechen wollte,
und hat ihn wirklich, allerdings mit ungeheuren Verlusten, aufgehalten, bis
Prinz Friedrich Karl mit seinen Regimentern anlangte. Also glauben Sie
doch ja nicht, mit Ihren in der Eile zusammengerafften Bataillonen und
Ihren zuchtlosen Mobilgarden unsere Armee besiegen, geschweige bis auf den
letzten Mann vernichten zu können, sie, die jetzt schon wieder ihre Lücken
ausfüllt und hinter der neue Regimenter der Landwehr stehen, die noch ihre
Waffen ebenso gut zu führen versteht, wie zur Zeit, da sie in der Linie
diente, wie sie das am 1. September zum ersten Male vor Metz gezeigt hat.

Aber sollen wir denn nicht trotzdem, wo nicht aus Furcht, so doch aus
Rücksichten der Menschlichkeit und der Billigkeit, jetzt den Krieg aufgeben,
gutmüthig die eroberten Provinzen verlassen, ohne eine Entschädigung für
die unermeßlichen in diesem Kriege von uns gebrachten Opfer zu verlangen,
jetzt da der Kaiser und seine Regierung nicht mehr existirt und zum dritten
oder vierten Male in einem Jahrhundert die Republik, diese Panaxen für alle
Schäden und Uebel, vom Rathhause zu Paris verkündigt ist? Das ist aller-
dings die Meinung Ihres Herrn Jules Favre; aber wir wären doch wahr¬
lich die größten Schwachköpfe, wenn wir uns mit seinen schönen Worten
von dem ewigen Frieden abspeisen ließen, den die Republik zwischen allen
Völkern stiften werde. Es ist wahr, Napoleon hat den Krieg erklärt; aber
er hat es nur gethan, weil er wohl wußte, daß er damit der eitlen Ruhm¬
gier schmeichelte, von der sein Volk von jeher geplagt ist. Und er hatte
sich nicht getäuscht; die unermeßliche Mehrheit nicht nur der kriegsdurstigen
Armee, sondern auch des immer von neuen Beraubungen träumenden Volkes
hat seinen brandstifterischen Plänen zugejauchzt; nicht nur der knechtische
Senat, sondern auch der gesetzgebende Körper mit Ausnahme einer einzigen
Stimme, auch selbst die Opposition, deren Häupter jetzt vorgeben, der Kaiser
allein l)abe den Krieg heraufbeschworen, hat ihm die Mittel zur Führung
desselben mit den Zeichen voller Befriedigung gewährt, ja hat ihn wegen
seines heldenmütigen Entschlusses beglückwünscht. Und die Presse, die trotz
ihrer Uebertreibungen doch immer ein treuer Spiegel der im Lande herrschen¬
den Stimmung ist, sie hat nicht ein einziges Wort gegen den Einbruch in
ein friedliches Nachbarland gesagt. Darum hat Deutschland nicht nur das
Recht, sondern auch die unerläßliche Pflicht, endlich einmal den Gefahren ein
Ziel zu setzen, mit denen seine unruhigen Nachbarn seit mehr als vier Jahr¬
hunderten fortwährend seine Ruhe und sein friedliches Glück bedrohen und
sich eine Grenze zu schaffen, die stark genug ist, um einen^neuen jähen Ein¬
bruch zu verhindern, wie den, welchen es j«-tzt glücklich, aber freilich mit
Strömen seines kostbarsten Blutes abgewehrt hat. Das ist der einmüthige


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[0147] den Stoß Bazaine's ausgehalten, der um jeden Preis durchbrechen wollte, und hat ihn wirklich, allerdings mit ungeheuren Verlusten, aufgehalten, bis Prinz Friedrich Karl mit seinen Regimentern anlangte. Also glauben Sie doch ja nicht, mit Ihren in der Eile zusammengerafften Bataillonen und Ihren zuchtlosen Mobilgarden unsere Armee besiegen, geschweige bis auf den letzten Mann vernichten zu können, sie, die jetzt schon wieder ihre Lücken ausfüllt und hinter der neue Regimenter der Landwehr stehen, die noch ihre Waffen ebenso gut zu führen versteht, wie zur Zeit, da sie in der Linie diente, wie sie das am 1. September zum ersten Male vor Metz gezeigt hat. Aber sollen wir denn nicht trotzdem, wo nicht aus Furcht, so doch aus Rücksichten der Menschlichkeit und der Billigkeit, jetzt den Krieg aufgeben, gutmüthig die eroberten Provinzen verlassen, ohne eine Entschädigung für die unermeßlichen in diesem Kriege von uns gebrachten Opfer zu verlangen, jetzt da der Kaiser und seine Regierung nicht mehr existirt und zum dritten oder vierten Male in einem Jahrhundert die Republik, diese Panaxen für alle Schäden und Uebel, vom Rathhause zu Paris verkündigt ist? Das ist aller- dings die Meinung Ihres Herrn Jules Favre; aber wir wären doch wahr¬ lich die größten Schwachköpfe, wenn wir uns mit seinen schönen Worten von dem ewigen Frieden abspeisen ließen, den die Republik zwischen allen Völkern stiften werde. Es ist wahr, Napoleon hat den Krieg erklärt; aber er hat es nur gethan, weil er wohl wußte, daß er damit der eitlen Ruhm¬ gier schmeichelte, von der sein Volk von jeher geplagt ist. Und er hatte sich nicht getäuscht; die unermeßliche Mehrheit nicht nur der kriegsdurstigen Armee, sondern auch des immer von neuen Beraubungen träumenden Volkes hat seinen brandstifterischen Plänen zugejauchzt; nicht nur der knechtische Senat, sondern auch der gesetzgebende Körper mit Ausnahme einer einzigen Stimme, auch selbst die Opposition, deren Häupter jetzt vorgeben, der Kaiser allein l)abe den Krieg heraufbeschworen, hat ihm die Mittel zur Führung desselben mit den Zeichen voller Befriedigung gewährt, ja hat ihn wegen seines heldenmütigen Entschlusses beglückwünscht. Und die Presse, die trotz ihrer Uebertreibungen doch immer ein treuer Spiegel der im Lande herrschen¬ den Stimmung ist, sie hat nicht ein einziges Wort gegen den Einbruch in ein friedliches Nachbarland gesagt. Darum hat Deutschland nicht nur das Recht, sondern auch die unerläßliche Pflicht, endlich einmal den Gefahren ein Ziel zu setzen, mit denen seine unruhigen Nachbarn seit mehr als vier Jahr¬ hunderten fortwährend seine Ruhe und sein friedliches Glück bedrohen und sich eine Grenze zu schaffen, die stark genug ist, um einen^neuen jähen Ein¬ bruch zu verhindern, wie den, welchen es j«-tzt glücklich, aber freilich mit Strömen seines kostbarsten Blutes abgewehrt hat. Das ist der einmüthige 18*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124705/147>, abgerufen am 23.12.2024.