Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.richte Ihres Lügen-Girardin jetzt die Elsasser Freischützen, die nach seiner Aber obgleich man von Ihren Berichten viel abziehen muß, so ist das, Grenzboten IV. 1870. 18
richte Ihres Lügen-Girardin jetzt die Elsasser Freischützen, die nach seiner Aber obgleich man von Ihren Berichten viel abziehen muß, so ist das, Grenzboten IV. 1870. 18
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richte Ihres Lügen-Girardin jetzt die Elsasser Freischützen, die nach seiner
Meldung jeder mit zwei Flaschen Petroleum versehen über den Rhein ge¬
gangen sind, unsern Schwarzwald anbrennen.
Aber obgleich man von Ihren Berichten viel abziehen muß, so ist das,
was wirklich bleibt, immer noch beklagenswert!) genug; auch der theilweise
Ruin einer Stadt wie Straßburg und namentlich der Untergang seines
Gymnasiums, seiner Bibliothek u. s. w. ist sehr zu beklagen. Aber ich frage
Sie, ist so etwas nicht unvermeidlich im Kriege? Muß nicht eine Stadt,
welche zugleich eine der stärksten Festungen ist, die die Verbindung unserer
Armee mit Deutschland so sehr hemmt, mit allen leidigen Mitteln der Kriegs¬
kunst angegriffen werden? Denken Sie sich, daß Ihre Armee vor Köln
stände und da den Uebergang über den Rhein bedürfte, würde Ihr Leboeuf
oder sein Herr einen Augenblick gezögert haben, diese alte ehrwürdige Stadt
und ihren Dom zu beschießen? — Und dann hat Ihr Commandant Adrias,
den ich nicht deshalb tadeln will, daß er die Stadt nicht sofort übergab,
— das litt nun einmal die militärische Ehre nicht — hat er nicht damit
angefangen, daß er das arme Kehl, eine offene, wehrlose Stadt in Brand
schießen ließ und damit fortfuhr, obgleich man ihm bewies, daß in ihrem
Bereiche keine Batterie aufgestellt war? Das ist gegen alles Völkerrecht!
Aber wird dasselbe nicht überhaupt von den Franzosen überall übertreten?
Steht es nicht fest, daß fort und fort aus unsere Parlamentäre geschossen
worden ist, selbst wenn sie im Interesse der Franzosen sich nahten, so daß
man jetzt ansteht, deren noch zu senden, weil Ihre Truppen die weiße Fahne
noch weniger achten als die Rothhäute? Selbst nach der leider fruchtlosen
Zusammenkunft, die ein preußischer Offizier mit dem Bischof von Straßburg
auf dessen Verlangen hatte, hat man denselben mit Kugeln verfolgt. Ja
selbst die Ambulancen Und Verbandplätze, wo man Franzosen wie Deutsche
verband und die mit dem rothen Kreuze deutlich bezeichnet waren, man hat
sie vor Metz nicht verschont; unsre Aerzte haben sich flüchten müssen und
mehrere sind verwundet worden. Das kann ich Ihnen versichern, nicht auf
Grund von Zeitungsberichten, sondern nach den Briefen meines Schwagers,
der als Divisionsarzt den Schlachten von Saarbrücken und Mars la Tour
beigewohnt, so wie des Bruders unserer Jda, der die sächsische Armee ins
Feld begleitet hat; letzterer schreibt besonders auch von den empörenden Grau¬
samkeiten, welche sich Bauern und besonders Bauerweiber auf dem Schlacht¬
felde nicht nur gegen die Todten, sondern gegen die unglücklichen Sterbenden
erlaubt haben; er selbst hat einen Offizier, dem die Augen ausgestochen
waren, und fünf Soldaten neben einander mit abgeschnittenen Hälsen ge¬
funden! Und nach all' solchen Verbrechen beklagt man sich über Vandalis-
mus, wenn die Deutschen alle nach dem Kriegsrechte erlaubten Mittel an-
Grenzboten IV. 1870. 18
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