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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.

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Auspicien der Herren Muster und Eulenburg installirt wird, daß dem Elsaß
die Schulräthe und Consistorialräthe, mit denen die 1866 erworbenen Pro¬
vinzen heimgesucht wurden, und auch manche Landräthe hoffentlich fern bleiben,
das ist ein ganz unschätzbarer Gewinn. Die bis jetzt von Graf Bismarck
getroffenen Wahlen sind jedenfalls auf geschickte und fähige Personen gefallen,
deren vielleicht etwas durchgreifendes Wesen gerade hier ganz am Platze
ist. Ebenso verdient im Ganzen Billigung, was Bayern und Baden dem
preußischen Personal hinzugefügt hat. Wenn diese Kräfte hier von Berliner
Jnstructionen ungehemmt walten können, so werden sie voraussichtlich etwas
ganz Tüchtiges leisten.




Vier Briefe von Goethe's Mutter an Philipp Seidel.
M Dr. C. A. H. Burkhardt. itgetheilt*) von

Die nachfolgenden vier Originalbriefe fand ich bei Durchsicht ungeord¬
neter Privatpapiere. Die hierauf angestellten Nachforschungen nach der voll¬
ständigen Correspondenz von Goethes Mutter mit Philipp Seidel haben er¬
geben, daß die übrigen Briefe sich leider nicht mehr in dem Besitz der Setdelschen
Familie befinden, sondern wahrscheinlich schon früh in das Goethesche Archiv
zurückgewandert oder untergegangen sind. Dagegen bin ich zu dem erfreu¬
lichen Resultate gelangt, einer Reihe von Originalbriefen Goethe's an Philipp
Seidel auf die Spur zu kommen. Mit Hilfe dieser wird sich endlich das
schöne Verhältniß des Dichters zu "seinem Philipp" klar legen lassen,
für welches bis jetzt nur wenige Anhaltspunkte in den bereits veröffentlichten
Briefen gegeben waren. Einstweilen wünsche ich diese vier Briefe durch den
Abdruck zu retten.

1.

Eure Neujahrs Briefe waren uns sehr angenehm, Herr Wieland soll
euch auch davor einen heiligencrist mitbringen. Jetzt aber mögte ich gar
gern wissen, ob die zwey Körbe Champanger Wein bey Herrn von Kalb**)
glücklich angekommen sind, ich schriebe schon neulich drum, aber ihr habes
vielleicht vergessen. Ferner dasz ihr dem Herrn Rath einen Weimarer Hoff
und Adresz Callender besorgt. Vor Leylaken werde sorge tragen und sie
ehestens schicken. Wenn das Festem von der Regierenden Frau Herzogin***)





') Schreibweise ist nach dem Original beibehalten.
") Johann August Alexander v. Kalb, Kammerpräsident.
Das Geburtstagsfest den 30. Januar.

Auspicien der Herren Muster und Eulenburg installirt wird, daß dem Elsaß
die Schulräthe und Consistorialräthe, mit denen die 1866 erworbenen Pro¬
vinzen heimgesucht wurden, und auch manche Landräthe hoffentlich fern bleiben,
das ist ein ganz unschätzbarer Gewinn. Die bis jetzt von Graf Bismarck
getroffenen Wahlen sind jedenfalls auf geschickte und fähige Personen gefallen,
deren vielleicht etwas durchgreifendes Wesen gerade hier ganz am Platze
ist. Ebenso verdient im Ganzen Billigung, was Bayern und Baden dem
preußischen Personal hinzugefügt hat. Wenn diese Kräfte hier von Berliner
Jnstructionen ungehemmt walten können, so werden sie voraussichtlich etwas
ganz Tüchtiges leisten.




Vier Briefe von Goethe's Mutter an Philipp Seidel.
M Dr. C. A. H. Burkhardt. itgetheilt*) von

Die nachfolgenden vier Originalbriefe fand ich bei Durchsicht ungeord¬
neter Privatpapiere. Die hierauf angestellten Nachforschungen nach der voll¬
ständigen Correspondenz von Goethes Mutter mit Philipp Seidel haben er¬
geben, daß die übrigen Briefe sich leider nicht mehr in dem Besitz der Setdelschen
Familie befinden, sondern wahrscheinlich schon früh in das Goethesche Archiv
zurückgewandert oder untergegangen sind. Dagegen bin ich zu dem erfreu¬
lichen Resultate gelangt, einer Reihe von Originalbriefen Goethe's an Philipp
Seidel auf die Spur zu kommen. Mit Hilfe dieser wird sich endlich das
schöne Verhältniß des Dichters zu „seinem Philipp" klar legen lassen,
für welches bis jetzt nur wenige Anhaltspunkte in den bereits veröffentlichten
Briefen gegeben waren. Einstweilen wünsche ich diese vier Briefe durch den
Abdruck zu retten.

1.

Eure Neujahrs Briefe waren uns sehr angenehm, Herr Wieland soll
euch auch davor einen heiligencrist mitbringen. Jetzt aber mögte ich gar
gern wissen, ob die zwey Körbe Champanger Wein bey Herrn von Kalb**)
glücklich angekommen sind, ich schriebe schon neulich drum, aber ihr habes
vielleicht vergessen. Ferner dasz ihr dem Herrn Rath einen Weimarer Hoff
und Adresz Callender besorgt. Vor Leylaken werde sorge tragen und sie
ehestens schicken. Wenn das Festem von der Regierenden Frau Herzogin***)





') Schreibweise ist nach dem Original beibehalten.
") Johann August Alexander v. Kalb, Kammerpräsident.
Das Geburtstagsfest den 30. Januar.
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[0120] Auspicien der Herren Muster und Eulenburg installirt wird, daß dem Elsaß die Schulräthe und Consistorialräthe, mit denen die 1866 erworbenen Pro¬ vinzen heimgesucht wurden, und auch manche Landräthe hoffentlich fern bleiben, das ist ein ganz unschätzbarer Gewinn. Die bis jetzt von Graf Bismarck getroffenen Wahlen sind jedenfalls auf geschickte und fähige Personen gefallen, deren vielleicht etwas durchgreifendes Wesen gerade hier ganz am Platze ist. Ebenso verdient im Ganzen Billigung, was Bayern und Baden dem preußischen Personal hinzugefügt hat. Wenn diese Kräfte hier von Berliner Jnstructionen ungehemmt walten können, so werden sie voraussichtlich etwas ganz Tüchtiges leisten. Vier Briefe von Goethe's Mutter an Philipp Seidel. M Dr. C. A. H. Burkhardt. itgetheilt*) von Die nachfolgenden vier Originalbriefe fand ich bei Durchsicht ungeord¬ neter Privatpapiere. Die hierauf angestellten Nachforschungen nach der voll¬ ständigen Correspondenz von Goethes Mutter mit Philipp Seidel haben er¬ geben, daß die übrigen Briefe sich leider nicht mehr in dem Besitz der Setdelschen Familie befinden, sondern wahrscheinlich schon früh in das Goethesche Archiv zurückgewandert oder untergegangen sind. Dagegen bin ich zu dem erfreu¬ lichen Resultate gelangt, einer Reihe von Originalbriefen Goethe's an Philipp Seidel auf die Spur zu kommen. Mit Hilfe dieser wird sich endlich das schöne Verhältniß des Dichters zu „seinem Philipp" klar legen lassen, für welches bis jetzt nur wenige Anhaltspunkte in den bereits veröffentlichten Briefen gegeben waren. Einstweilen wünsche ich diese vier Briefe durch den Abdruck zu retten. 1. Eure Neujahrs Briefe waren uns sehr angenehm, Herr Wieland soll euch auch davor einen heiligencrist mitbringen. Jetzt aber mögte ich gar gern wissen, ob die zwey Körbe Champanger Wein bey Herrn von Kalb**) glücklich angekommen sind, ich schriebe schon neulich drum, aber ihr habes vielleicht vergessen. Ferner dasz ihr dem Herrn Rath einen Weimarer Hoff und Adresz Callender besorgt. Vor Leylaken werde sorge tragen und sie ehestens schicken. Wenn das Festem von der Regierenden Frau Herzogin***) ') Schreibweise ist nach dem Original beibehalten. ") Johann August Alexander v. Kalb, Kammerpräsident. Das Geburtstagsfest den 30. Januar.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124705/120>, abgerufen am 22.12.2024.