Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band.Töne davon zu hören, denn ihre Stimme war so süß, daß man starb vor ') Der letzte Vers lautet:
Töne davon zu hören, denn ihre Stimme war so süß, daß man starb vor ') Der letzte Vers lautet:
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0426" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/124576"/> <p xml:id="ID_1250" prev="#ID_1249"> Töne davon zu hören, denn ihre Stimme war so süß, daß man starb vor<lb/> Liebe. Ach —. Die Troubadours, versteht sich, drängten sich um sie; die<lb/> Anbeter warteten ihrer früh beim Thau; aber da sie eine feine Perle war,<lb/> stellte sie hoch ihren Preis. Ach —. Immer trug sie ein Kleid von Sonnen¬<lb/> strahlen; wer das Morgenlicht wollte kennen lernen, eilte schnell zu der<lb/> Schönen; aber ein Schatten raubt uns jetzt das Antlitz und das Bild.<lb/> Ach —. 2. Denn ihre Schwester, ihre Stiefschwester, um ihr Gut zu erben,<lb/> hat sie eingesperrt hinter Mauern, hinter die Mauern eines Klosters, wo sie<lb/> fest verschlossen ist von Advent bis Advent. Ach —. Dort sind Junge und<lb/> Abgelebte gleicherweise gekleidet mit Kapuze von weißer Leinwand und mit<lb/> schwarzer Kutte, dort regelt dieselbe Glocke Alles gemeinsam.- Ach —. Da gibt<lb/> es kein Liedchen mehr, sondern immerzu das Missale, keine muntern und<lb/> freien Stimmen, nur allgemeines Schweigen, nichts als welke Mädchen oder<lb/> Mütterchen am Stäbe. Ach —. Ihr blonden Spelzähren, hütet euch vor<lb/> der krummen Sichel! Dem edlen Fräulein singen sie die Todtenvesper, und<lb/> dann schneidet man ihr das goldene Haupthaar ab. Ach —. Die Schwester,<lb/> von der sie im Kerker gehalten wird, stolzirt inzwischen einher, und aus Neid<lb/> hat die Barbarin ihr die Tambourins zerbrochen, und ihrer Gärten bemäch¬<lb/> tigt sie sich und hält dort die Weinernte. Ach —. Und sie gibt sie für<lb/> todt aus, ohne entmuthtgen zu können die Verehrer, die in der Welt nun<lb/> matt umherirren, und läßt ihr, möchte man sagen, nur ihre schönen Augen<lb/> zum Weinen. Ach —. 3. Diejenigen, die das Andenken bewahren, die welche<lb/> hohen Sinnes sind, die welche in ihrer Hütte den Nordwind brausen hören,<lb/> die welche Ruhm lieben, die Braven, die Hervorragenden, ach wenn sie mich<lb/> zu verstehen wüßten! ach wenn sie mir folgen wollten! Mit dem Rufe: Platz!<lb/> Platz! Auf! Alte und Junge! würden wir alle aufbrechen im Wettlauf, die<lb/> Fahne flatternd, aufbrechen wie eine Windsbraut, um das große Kloster zu<lb/> sprengen. Ach —. Und zerstören würden wir das Kloster, wo Tag und<lb/> Nacht weint, wo Tag und Nacht vergraben liegt die junge Nonne mit<lb/> schönen Augen ; trotz der Stiefschwester sollte alles drunter und drüber gehn.<lb/> Ach —, Und hängen würden wir da die Aebtissin an das Gitter der Ein¬<lb/> fassung, und zur Gräfin sagen wir: Erscheine wieder, du Glanz! Fort fort<lb/> die Traurigkeit! Hoch lebe die Fröhlichkeit! Ach -.*)</p><lb/> <note xml:id="FID_33" place="foot"> ') Der letzte Vers lautet:<quote><lg xml:id="POEMID_2" type="poem"><l> ?«zHg.ri»it xisi I'sdaäesso<lb/> I Ars-sito Ä'Älsutour,<lb/> 15 clirwii Ä. Is, Loumtssso:<lb/> „Rsxaröisss, o rssplsuclour!<lb/> Z^oro, lor» is, tristesso!<lb/> Vivo, vivo is, dimclour!"<lb/> ^.K! hö ins sülzisn sntönärs!<lb/> ^l>! Sö ins voulisn hö^ni!</l></lg></quote></note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0426]
Töne davon zu hören, denn ihre Stimme war so süß, daß man starb vor
Liebe. Ach —. Die Troubadours, versteht sich, drängten sich um sie; die
Anbeter warteten ihrer früh beim Thau; aber da sie eine feine Perle war,
stellte sie hoch ihren Preis. Ach —. Immer trug sie ein Kleid von Sonnen¬
strahlen; wer das Morgenlicht wollte kennen lernen, eilte schnell zu der
Schönen; aber ein Schatten raubt uns jetzt das Antlitz und das Bild.
Ach —. 2. Denn ihre Schwester, ihre Stiefschwester, um ihr Gut zu erben,
hat sie eingesperrt hinter Mauern, hinter die Mauern eines Klosters, wo sie
fest verschlossen ist von Advent bis Advent. Ach —. Dort sind Junge und
Abgelebte gleicherweise gekleidet mit Kapuze von weißer Leinwand und mit
schwarzer Kutte, dort regelt dieselbe Glocke Alles gemeinsam.- Ach —. Da gibt
es kein Liedchen mehr, sondern immerzu das Missale, keine muntern und
freien Stimmen, nur allgemeines Schweigen, nichts als welke Mädchen oder
Mütterchen am Stäbe. Ach —. Ihr blonden Spelzähren, hütet euch vor
der krummen Sichel! Dem edlen Fräulein singen sie die Todtenvesper, und
dann schneidet man ihr das goldene Haupthaar ab. Ach —. Die Schwester,
von der sie im Kerker gehalten wird, stolzirt inzwischen einher, und aus Neid
hat die Barbarin ihr die Tambourins zerbrochen, und ihrer Gärten bemäch¬
tigt sie sich und hält dort die Weinernte. Ach —. Und sie gibt sie für
todt aus, ohne entmuthtgen zu können die Verehrer, die in der Welt nun
matt umherirren, und läßt ihr, möchte man sagen, nur ihre schönen Augen
zum Weinen. Ach —. 3. Diejenigen, die das Andenken bewahren, die welche
hohen Sinnes sind, die welche in ihrer Hütte den Nordwind brausen hören,
die welche Ruhm lieben, die Braven, die Hervorragenden, ach wenn sie mich
zu verstehen wüßten! ach wenn sie mir folgen wollten! Mit dem Rufe: Platz!
Platz! Auf! Alte und Junge! würden wir alle aufbrechen im Wettlauf, die
Fahne flatternd, aufbrechen wie eine Windsbraut, um das große Kloster zu
sprengen. Ach —. Und zerstören würden wir das Kloster, wo Tag und
Nacht weint, wo Tag und Nacht vergraben liegt die junge Nonne mit
schönen Augen ; trotz der Stiefschwester sollte alles drunter und drüber gehn.
Ach —, Und hängen würden wir da die Aebtissin an das Gitter der Ein¬
fassung, und zur Gräfin sagen wir: Erscheine wieder, du Glanz! Fort fort
die Traurigkeit! Hoch lebe die Fröhlichkeit! Ach -.*)
') Der letzte Vers lautet: ?«zHg.ri»it xisi I'sdaäesso
I Ars-sito Ä'Älsutour,
15 clirwii Ä. Is, Loumtssso:
„Rsxaröisss, o rssplsuclour!
Z^oro, lor» is, tristesso!
Vivo, vivo is, dimclour!"
^.K! hö ins sülzisn sntönärs!
^l>! Sö ins voulisn hö^ni!
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