Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.geberen auszutauschen. In letzterer Hinsicht sei die allgemeine Meinung Das Reinergebniß des ganzen zehnmonatlichen konstitutionellen Kampfes Das Fiasko in Natzeburg. Die eingehenden Mittheilungen, welche die Grenzboten ihren Lesern Nach dem Wortlaut der Verfassung vom 6. Novbr. v. I. sollte die Ver¬ geberen auszutauschen. In letzterer Hinsicht sei die allgemeine Meinung Das Reinergebniß des ganzen zehnmonatlichen konstitutionellen Kampfes Das Fiasko in Natzeburg. Die eingehenden Mittheilungen, welche die Grenzboten ihren Lesern Nach dem Wortlaut der Verfassung vom 6. Novbr. v. I. sollte die Ver¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0482" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/124102"/> <p xml:id="ID_1430" prev="#ID_1429"> geberen auszutauschen. In letzterer Hinsicht sei die allgemeine Meinung<lb/> dahin gegangen, daß die Armee zum Kaiser stehen würde, wenn er seine libe¬<lb/> ralen Versprechungen halte, daß man aber bei dem Versuch eines zweiten<lb/> Staatsstreichs für nichts stehen könne. Wir müssen dem englischen Blatt die<lb/> Verantwortlichkeit für diese Nachricht überlassen, auch liegt nichts vor, was<lb/> den Kaiser zu einem zweiten militärischen Staatsstreich drängen könnte. Aber<lb/> um so mehr wird jene bedenkliche Disposition des denkenden Theiles der<lb/> Armee beim Tode des Kaisers ins Gewicht fallen. Wennschon keine persön¬<lb/> liche Anhänglichkeit für den jetzigen Souverän existirt, der kein General ist,<lb/> wie viel weniger wird sie für einen jungen Menschen sich enthusiasmiren,<lb/> der im Augenblicke, wo er den Thron besteigen soll, noch nichts gethan<lb/> haben kann?</p><lb/> <p xml:id="ID_1431"> Das Reinergebniß des ganzen zehnmonatlichen konstitutionellen Kampfes<lb/> ist. daß die neue Verfassung ebenso jeder festen gesetzlichen Beschränkung der<lb/> Executive entbehrt wie die von. 1852, die Macht des Kaisers also unver¬<lb/> mindert geblieben ist. Er wird sie als ein Mann, der aus den Erfahrungen<lb/> der Vergangenheit zu lernen weiß, anders brauchen als früher, er wird weder<lb/> ein Espinasse'sches Regiment im Innern aufrichten, noch auswärtige Aben¬<lb/> teuer im Stile der mexikanischen Expeditton unternehmen, aber das ändert<lb/> an der Thatsache seiner Unveschränktheit nichts. Und ihr gegenüber steht die<lb/> tiefste Erbitterung aller unabhängigen Männer, welche sich durch die neuesten<lb/> Vorgänge getäuscht und geschlagen fühlen. Wahrlich man darf sagen, daß<lb/> der Triumph des Kaisers ein Pyrrhussieg gewesen ist. daß die Zukunft seiner<lb/> Dynastie nie gefährdeter, die Zukunft Frankreichs nie unsicherer und dunkler<lb/> war, als eben jetzt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Das Fiasko in Natzeburg.</head><lb/> <p xml:id="ID_1432"> Die eingehenden Mittheilungen, welche die Grenzboten ihren Lesern<lb/> bereits über unsere jungen Versassungsverhältnisse gebracht haben, lassen zu,<lb/> daß wir uns bei Schilderung weiterer der Entwickelungphasen sofort mitten<lb/> in den Sturm im Glase Wasser hineinversetzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1433" next="#ID_1434"> Nach dem Wortlaut der Verfassung vom 6. Novbr. v. I. sollte die Ver¬<lb/> tretung des Fürstenthums im Februar d. I. in Schönberg versammelt werden.<lb/> Erwartete auch Niemand von der Thätigkeit derselben unter den verfassungs¬<lb/> mäßig gegebenen Beschränkungen ein irgend nennenswerthes Resultat, so er¬<lb/> regte es doch gerechtes Aufsehen, daß im Februar zwar die Wahlen zum</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0482]
geberen auszutauschen. In letzterer Hinsicht sei die allgemeine Meinung
dahin gegangen, daß die Armee zum Kaiser stehen würde, wenn er seine libe¬
ralen Versprechungen halte, daß man aber bei dem Versuch eines zweiten
Staatsstreichs für nichts stehen könne. Wir müssen dem englischen Blatt die
Verantwortlichkeit für diese Nachricht überlassen, auch liegt nichts vor, was
den Kaiser zu einem zweiten militärischen Staatsstreich drängen könnte. Aber
um so mehr wird jene bedenkliche Disposition des denkenden Theiles der
Armee beim Tode des Kaisers ins Gewicht fallen. Wennschon keine persön¬
liche Anhänglichkeit für den jetzigen Souverän existirt, der kein General ist,
wie viel weniger wird sie für einen jungen Menschen sich enthusiasmiren,
der im Augenblicke, wo er den Thron besteigen soll, noch nichts gethan
haben kann?
Das Reinergebniß des ganzen zehnmonatlichen konstitutionellen Kampfes
ist. daß die neue Verfassung ebenso jeder festen gesetzlichen Beschränkung der
Executive entbehrt wie die von. 1852, die Macht des Kaisers also unver¬
mindert geblieben ist. Er wird sie als ein Mann, der aus den Erfahrungen
der Vergangenheit zu lernen weiß, anders brauchen als früher, er wird weder
ein Espinasse'sches Regiment im Innern aufrichten, noch auswärtige Aben¬
teuer im Stile der mexikanischen Expeditton unternehmen, aber das ändert
an der Thatsache seiner Unveschränktheit nichts. Und ihr gegenüber steht die
tiefste Erbitterung aller unabhängigen Männer, welche sich durch die neuesten
Vorgänge getäuscht und geschlagen fühlen. Wahrlich man darf sagen, daß
der Triumph des Kaisers ein Pyrrhussieg gewesen ist. daß die Zukunft seiner
Dynastie nie gefährdeter, die Zukunft Frankreichs nie unsicherer und dunkler
war, als eben jetzt.
Das Fiasko in Natzeburg.
Die eingehenden Mittheilungen, welche die Grenzboten ihren Lesern
bereits über unsere jungen Versassungsverhältnisse gebracht haben, lassen zu,
daß wir uns bei Schilderung weiterer der Entwickelungphasen sofort mitten
in den Sturm im Glase Wasser hineinversetzen.
Nach dem Wortlaut der Verfassung vom 6. Novbr. v. I. sollte die Ver¬
tretung des Fürstenthums im Februar d. I. in Schönberg versammelt werden.
Erwartete auch Niemand von der Thätigkeit derselben unter den verfassungs¬
mäßig gegebenen Beschränkungen ein irgend nennenswerthes Resultat, so er¬
regte es doch gerechtes Aufsehen, daß im Februar zwar die Wahlen zum
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |