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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.

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Die Detailbestimmungen der großherzoglichen Verordnung vom 30. v. M.
dürfen wir auf sich beruhen lassen. Uns interesstrt hier nur die Thatsache,
daß eine als "loyal" gerühmte Landesregierung es gewagt hat, sich in
direktesten Widerspruch mit dem erklärten Willen des Reichstags zu setzen.
Der Reichstag hat einmal die Beschränkung der Papiergeldfabrikation durch
die Bundesgesetzgebung verlangt und ehe noch eine Rückäußerung der verbun¬
denen Regierungen erfolgte, weiß Mecklenburg nichts besseres zu thun, als
sich auf diesen bisher nicht cultivirten Industriezweig zu legen. Und daß
man sich recht wohl des Charakters einer solchen Handlungsweise bewußt
gewesen, dafür spricht deutlich das Datum der betreffenden Verordnung. Wann
dieselbe im Schooße des Mecklenburgischen Ministerii gezeitigt wurde, darüber
schweigt die Geschichte; aber am 30. Mai wurde die famose Verordnung voll¬
zogen, nachdem der Reichstag am 26. Husä. geschlossen war! Offenbar
fürchtete man Interpellationen und tgi., wenn der Inhalt der Verordnung
vor Schluß des Reichstags bekannt geworden wäre. Hätte Graf Bismarck
auf desfallsige Jnterpellation wohl etwas anderes antworten können, als
das wiederholen, was er bei der Greizer Bankaffaire äußerte: "was ich per¬
sönlich glauben würde, dagegen thun zu können, wäre, der großherzoglich
mecklenburg-schwerinschen Regierung zu schreiben, daß die Berathung Seiner
Königl. Hoheit des Großherzogs für die Zukunft so eingerichtet werden
möchte, daß die übrigen verbündeten Regierungen das durch-dieses Verfahren
gestörte Vertrauen zur großherzoglichen Regierung wieder gewinnen können!"
Jetzt, da der Reichstag geschlossen, bleibt nur eine, freilich wirksamere Hilfe
übrig: wie die Ausgabe der Greizer Banknoten durch entsprechende Fassung
und beschleunigte Publication des Banknotengesetzes vereitelt wurde, darf
der Bundesrath, um seine Autorität und sein Ansehen den Kleinen gegen¬
über aufrecht zu erhalten, keinen Augenblick länger zögern, dem Miquvl'schen
Gesetzentwurf seine Genehmigung zu ertheilen. Ob er sich dazu entschließt,
dem verwöhnten Mecklenburg einen solchen Beweis seiner Unzufriedenheit
zu geben, steht allerdings noch dahin: zu fürchten bleibt immer noch, daß
Mecklenburg selbst im Falle der Bestätigung des Gesetzes durch den Bundes¬
rath die 14tägtge Frist, die verfassungsmäßig nach Publication desselben bis
zu dessen Wirksamkeit verlaufen muß, benutzen würde, die angekündigte
Emission zu bewerkstelligen. Denn nach dem, was geschehen, darf man sich
selbst eines solchen äußersten Widerstandes versehen.

Zur Vereitelung solcher Absichten gibt es kein anderes Mittel, als den
einmüthigen Entschluß aller derer, denen an der Achtung der Gesetze und
Institutionen des Bundes gelegen, die schwerinischen unverzinslichen Rente-
reicassenscheine bis zur Emanation des bezüglichen Prohibitivgesetzes zurückzu¬
weisen. Vorsicht dürfte sich bei der Annahme derselben auch schon aus an-


Die Detailbestimmungen der großherzoglichen Verordnung vom 30. v. M.
dürfen wir auf sich beruhen lassen. Uns interesstrt hier nur die Thatsache,
daß eine als „loyal" gerühmte Landesregierung es gewagt hat, sich in
direktesten Widerspruch mit dem erklärten Willen des Reichstags zu setzen.
Der Reichstag hat einmal die Beschränkung der Papiergeldfabrikation durch
die Bundesgesetzgebung verlangt und ehe noch eine Rückäußerung der verbun¬
denen Regierungen erfolgte, weiß Mecklenburg nichts besseres zu thun, als
sich auf diesen bisher nicht cultivirten Industriezweig zu legen. Und daß
man sich recht wohl des Charakters einer solchen Handlungsweise bewußt
gewesen, dafür spricht deutlich das Datum der betreffenden Verordnung. Wann
dieselbe im Schooße des Mecklenburgischen Ministerii gezeitigt wurde, darüber
schweigt die Geschichte; aber am 30. Mai wurde die famose Verordnung voll¬
zogen, nachdem der Reichstag am 26. Husä. geschlossen war! Offenbar
fürchtete man Interpellationen und tgi., wenn der Inhalt der Verordnung
vor Schluß des Reichstags bekannt geworden wäre. Hätte Graf Bismarck
auf desfallsige Jnterpellation wohl etwas anderes antworten können, als
das wiederholen, was er bei der Greizer Bankaffaire äußerte: „was ich per¬
sönlich glauben würde, dagegen thun zu können, wäre, der großherzoglich
mecklenburg-schwerinschen Regierung zu schreiben, daß die Berathung Seiner
Königl. Hoheit des Großherzogs für die Zukunft so eingerichtet werden
möchte, daß die übrigen verbündeten Regierungen das durch-dieses Verfahren
gestörte Vertrauen zur großherzoglichen Regierung wieder gewinnen können!"
Jetzt, da der Reichstag geschlossen, bleibt nur eine, freilich wirksamere Hilfe
übrig: wie die Ausgabe der Greizer Banknoten durch entsprechende Fassung
und beschleunigte Publication des Banknotengesetzes vereitelt wurde, darf
der Bundesrath, um seine Autorität und sein Ansehen den Kleinen gegen¬
über aufrecht zu erhalten, keinen Augenblick länger zögern, dem Miquvl'schen
Gesetzentwurf seine Genehmigung zu ertheilen. Ob er sich dazu entschließt,
dem verwöhnten Mecklenburg einen solchen Beweis seiner Unzufriedenheit
zu geben, steht allerdings noch dahin: zu fürchten bleibt immer noch, daß
Mecklenburg selbst im Falle der Bestätigung des Gesetzes durch den Bundes¬
rath die 14tägtge Frist, die verfassungsmäßig nach Publication desselben bis
zu dessen Wirksamkeit verlaufen muß, benutzen würde, die angekündigte
Emission zu bewerkstelligen. Denn nach dem, was geschehen, darf man sich
selbst eines solchen äußersten Widerstandes versehen.

Zur Vereitelung solcher Absichten gibt es kein anderes Mittel, als den
einmüthigen Entschluß aller derer, denen an der Achtung der Gesetze und
Institutionen des Bundes gelegen, die schwerinischen unverzinslichen Rente-
reicassenscheine bis zur Emanation des bezüglichen Prohibitivgesetzes zurückzu¬
weisen. Vorsicht dürfte sich bei der Annahme derselben auch schon aus an-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123619/442>, abgerufen am 18.12.2024.