Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.thumsrecht an den Domänen, wie von denen des konstitutionellen Forma¬ Jedermann weiß, daß unseren Reaetionären gerade dieser durch und e- Unsere Humanität. Brief eines Niederländers. Die zweite Kammer hat sich mit 48 gegen 30 Stimmen für Abschaffung so*
thumsrecht an den Domänen, wie von denen des konstitutionellen Forma¬ Jedermann weiß, daß unseren Reaetionären gerade dieser durch und e- Unsere Humanität. Brief eines Niederländers. Die zweite Kammer hat sich mit 48 gegen 30 Stimmen für Abschaffung so*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0401" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/124021"/> <p xml:id="ID_1214" prev="#ID_1213"> thumsrecht an den Domänen, wie von denen des konstitutionellen Forma¬<lb/> ltsmus mit seiner nur auf die Lebenszeit der zufällig regierenden Person<lb/> giltigen Civilliste entfernt ist. Es ist aber darum auch in dieser Hinsicht<lb/> viel fester in den Staatsbegriff eingefügt und insofern eine viel modernere<lb/> Fassung seines eigenen Begriffes als das auf Domänen oder das auf Civil-<lb/> liste fundirte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1215"> Jedermann weiß, daß unseren Reaetionären gerade dieser durch und<lb/> durch moderne Grundzug, des preußischen Königthums ein Dorn im Auge<lb/> ist. Zwar gegen das Kronfideicommiß haben sie noch nicht direct zu agi-<lb/> tiren gewagt, entweder aus begreiflichen Rücksichten der Opportunität oder<lb/> weil sie sich selbst über die wahre Tragweite und Bedeutung dieser Institu¬<lb/> tion nicht klar sind. Aber principiell dürften sie eigentlich eher noch mit<lb/> einer Civilliste einverstanden sein, welche die Staatsgewalt mehr oder minder<lb/> doch den Schwankungen des Zufalls in einem so entscheidenden Punkte unter-<lb/> wirft, wenn ihnen nicht der Name ein Gräuel wäre. Ihr Ideal der fürst-<lb/> lichen Gewalt geht doch nur einfach darauf hinaus, daß dieselbe alle ihre<lb/> Befugnisse nur mit demselben patrimonialen Rechtstitel besitzt, wie sie ihn<lb/> selbst für ihre eigenen angeblichen Rechte oder Privilegien beanspruchen. Die<lb/> Allodification der Lehen, eine andere, durchaus dem modernen oder specifisch<lb/> preußischen Charakter des Staats entsprechende Maßregel, die ungefähr gleich,<lb/> zeitig mit jener Verwandelung der Domänen in Staatsgut ausgeführt wurde,<lb/> haben sie sich in ihren nützlichen Früchten gefallen lassen, ohne zu bedenken,<lb/> daß sie damit ein Princip anerkannten, das dem patrimonialen Staatsbegriff<lb/> nicht minder direct widersprach. Indem sie so alle Prämissen zugeben, müssen<lb/> sie sich auch die daraus gezogenen Consequenzen gefallen lassen, denn die<lb/> Logik der Thatsachen ist doch stärker als die Velleitäten einiger unklarer und<lb/> kurzsichtiger Geister. —</p><lb/> <note type="byline"> e-</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Unsere Humanität.<lb/><note type="byline"> Brief eines Niederländers.</note></head><lb/> <p xml:id="ID_1216" next="#ID_1217"> Die zweite Kammer hat sich mit 48 gegen 30 Stimmen für Abschaffung<lb/> der Todesstrafe ausgesprochen, und zu Amsterdam haben Festlichkeiten statt¬<lb/> gefunden zum Empfang des Krtegsdampfers „De Amstel", der eine Expedi¬<lb/> tion nach Guinea begleitet hatte. Diese beiden Thatsachen gehören zusam¬<lb/> men, sie lehren, daß Humanität bei uns ein nur für Menschen der weißen<lb/> Race besteht. Und nicht allein einzelne Privatpersonen, unsere Colonisten</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> so*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0401]
thumsrecht an den Domänen, wie von denen des konstitutionellen Forma¬
ltsmus mit seiner nur auf die Lebenszeit der zufällig regierenden Person
giltigen Civilliste entfernt ist. Es ist aber darum auch in dieser Hinsicht
viel fester in den Staatsbegriff eingefügt und insofern eine viel modernere
Fassung seines eigenen Begriffes als das auf Domänen oder das auf Civil-
liste fundirte.
Jedermann weiß, daß unseren Reaetionären gerade dieser durch und
durch moderne Grundzug, des preußischen Königthums ein Dorn im Auge
ist. Zwar gegen das Kronfideicommiß haben sie noch nicht direct zu agi-
tiren gewagt, entweder aus begreiflichen Rücksichten der Opportunität oder
weil sie sich selbst über die wahre Tragweite und Bedeutung dieser Institu¬
tion nicht klar sind. Aber principiell dürften sie eigentlich eher noch mit
einer Civilliste einverstanden sein, welche die Staatsgewalt mehr oder minder
doch den Schwankungen des Zufalls in einem so entscheidenden Punkte unter-
wirft, wenn ihnen nicht der Name ein Gräuel wäre. Ihr Ideal der fürst-
lichen Gewalt geht doch nur einfach darauf hinaus, daß dieselbe alle ihre
Befugnisse nur mit demselben patrimonialen Rechtstitel besitzt, wie sie ihn
selbst für ihre eigenen angeblichen Rechte oder Privilegien beanspruchen. Die
Allodification der Lehen, eine andere, durchaus dem modernen oder specifisch
preußischen Charakter des Staats entsprechende Maßregel, die ungefähr gleich,
zeitig mit jener Verwandelung der Domänen in Staatsgut ausgeführt wurde,
haben sie sich in ihren nützlichen Früchten gefallen lassen, ohne zu bedenken,
daß sie damit ein Princip anerkannten, das dem patrimonialen Staatsbegriff
nicht minder direct widersprach. Indem sie so alle Prämissen zugeben, müssen
sie sich auch die daraus gezogenen Consequenzen gefallen lassen, denn die
Logik der Thatsachen ist doch stärker als die Velleitäten einiger unklarer und
kurzsichtiger Geister. —
e-
Unsere Humanität.
Brief eines Niederländers.
Die zweite Kammer hat sich mit 48 gegen 30 Stimmen für Abschaffung
der Todesstrafe ausgesprochen, und zu Amsterdam haben Festlichkeiten statt¬
gefunden zum Empfang des Krtegsdampfers „De Amstel", der eine Expedi¬
tion nach Guinea begleitet hatte. Diese beiden Thatsachen gehören zusam¬
men, sie lehren, daß Humanität bei uns ein nur für Menschen der weißen
Race besteht. Und nicht allein einzelne Privatpersonen, unsere Colonisten
so*
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