Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
8.

Jena, den 30. Juli 1789. -- Glauben Sie mir, liebster Freund, daß
ich mir selbst darum Feind bin. daß ich Ihnen nicht habe Wort halten
können, aber die Schwierigkeiten waren über meinen Muth und über meine
Kräfte. Ich denke schon lange auf eine Reparation des Schadens, den mein
Zögern Ihnen verursacht haben kann, und eher werde ich mit mir selbst nicht
ausgesöhnt seyn, biß ich alles wieder gut gemacht habe.

Ein kleines Fragment aus dem Geisterseher bringe ich mit mir nach
Leipzig, damit das Vlllte Heft der Thalia doch fertig wird.

Ich freue mich von Herzen liebster Freund, Sie einmal wieder zu sehen
und Ihre liebe Frau endlich kennen zu lernen. Aber Ihr freundschaftliches
Anerbieten bey Ihnen zu logiren, kann ich wahrlich jetzt, wo ich mich so sehr
vor Ihnen zu schämen habe, nicht annehmen. Sie würden durch Ihre Güte
nur feurige Kohlen auf mein schuldiges Haupt sammeln, und Ihre Tische
und Stühle, Schränke und Pantoffel und das Bett, worin ich schliefe, würden
mir die Pflichten eines Autors gegen seinen Verleger mit schrecklicher Stimme
predigen -- mir, dem Missethäter, der sie so freventlich verletzt hat.

Ich lade mich also nur auf eine Tasse Kaffe oder eine Suppe bey Ihnen
zu Gaste -- mit der ausdrücklichen Bitte, daß Sie mir ja nicht gegenüber
sitzen, und Ihre Augen, wie Shakespear sagt, ihre stummen Mäuler gegen
mich aufthun, mich an meine Sünden zu erinnern.

seyen Sie mir herzlichst gegrüßt Liebster Fr. und bestellen Sie mir ein
freundliches Angesicht bei Ihrer Henriette. Ewig der Ihrige


Schiller.

Wollen Sie so gütig seyn und diesen
Einschluß baldmöglichst an Körnern besorgen?


9. '

Rudolstadt. den 29. September 89. -- Nur zwey Worte liebster Freund,
Ihnen zu versichern, daß das Manuscript zur Thalia und zum Geisterseher
innerhalb 8 Tagen gewiß nachfolgen wird. Es beträgt so wenig, daß der
Druck in S biß 6 Tagen zu Stande seyn wird, daß Sie also gar nicht auf¬
gehalten werden. Leben Sie recht wohl und recht viel schöne Grüße an
Ihre liebe Frau.

Ewig der Ihrige Schiller.
10.

Rudolstadt, den 13. >?>br. 1789. -- Hier liebster Freund das Fragment
aus dem zweyten Band des Geistersehers um das VIII te Heft der Thalia
damit zu schließen. Ist es mir möglich so schicke ich bald etwas zu dem 9ten
nach, welches Huber übernimmt.


Adieu mein Lieber. Sogleich geht die Post. Ewig der Ihrige
Schiller.
8.

Jena, den 30. Juli 1789. — Glauben Sie mir, liebster Freund, daß
ich mir selbst darum Feind bin. daß ich Ihnen nicht habe Wort halten
können, aber die Schwierigkeiten waren über meinen Muth und über meine
Kräfte. Ich denke schon lange auf eine Reparation des Schadens, den mein
Zögern Ihnen verursacht haben kann, und eher werde ich mit mir selbst nicht
ausgesöhnt seyn, biß ich alles wieder gut gemacht habe.

Ein kleines Fragment aus dem Geisterseher bringe ich mit mir nach
Leipzig, damit das Vlllte Heft der Thalia doch fertig wird.

Ich freue mich von Herzen liebster Freund, Sie einmal wieder zu sehen
und Ihre liebe Frau endlich kennen zu lernen. Aber Ihr freundschaftliches
Anerbieten bey Ihnen zu logiren, kann ich wahrlich jetzt, wo ich mich so sehr
vor Ihnen zu schämen habe, nicht annehmen. Sie würden durch Ihre Güte
nur feurige Kohlen auf mein schuldiges Haupt sammeln, und Ihre Tische
und Stühle, Schränke und Pantoffel und das Bett, worin ich schliefe, würden
mir die Pflichten eines Autors gegen seinen Verleger mit schrecklicher Stimme
predigen — mir, dem Missethäter, der sie so freventlich verletzt hat.

Ich lade mich also nur auf eine Tasse Kaffe oder eine Suppe bey Ihnen
zu Gaste — mit der ausdrücklichen Bitte, daß Sie mir ja nicht gegenüber
sitzen, und Ihre Augen, wie Shakespear sagt, ihre stummen Mäuler gegen
mich aufthun, mich an meine Sünden zu erinnern.

seyen Sie mir herzlichst gegrüßt Liebster Fr. und bestellen Sie mir ein
freundliches Angesicht bei Ihrer Henriette. Ewig der Ihrige


Schiller.

Wollen Sie so gütig seyn und diesen
Einschluß baldmöglichst an Körnern besorgen?


9. '

Rudolstadt. den 29. September 89. — Nur zwey Worte liebster Freund,
Ihnen zu versichern, daß das Manuscript zur Thalia und zum Geisterseher
innerhalb 8 Tagen gewiß nachfolgen wird. Es beträgt so wenig, daß der
Druck in S biß 6 Tagen zu Stande seyn wird, daß Sie also gar nicht auf¬
gehalten werden. Leben Sie recht wohl und recht viel schöne Grüße an
Ihre liebe Frau.

Ewig der Ihrige Schiller.
10.

Rudolstadt, den 13. >?>br. 1789. — Hier liebster Freund das Fragment
aus dem zweyten Band des Geistersehers um das VIII te Heft der Thalia
damit zu schließen. Ist es mir möglich so schicke ich bald etwas zu dem 9ten
nach, welches Huber übernimmt.


Adieu mein Lieber. Sogleich geht die Post. Ewig der Ihrige
Schiller.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0382" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/124002"/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> 8.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_1134"> Jena, den 30. Juli 1789. &#x2014; Glauben Sie mir, liebster Freund, daß<lb/>
ich mir selbst darum Feind bin. daß ich Ihnen nicht habe Wort halten<lb/>
können, aber die Schwierigkeiten waren über meinen Muth und über meine<lb/>
Kräfte. Ich denke schon lange auf eine Reparation des Schadens, den mein<lb/>
Zögern Ihnen verursacht haben kann, und eher werde ich mit mir selbst nicht<lb/>
ausgesöhnt seyn, biß ich alles wieder gut gemacht habe.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1135"> Ein kleines Fragment aus dem Geisterseher bringe ich mit mir nach<lb/>
Leipzig, damit das Vlllte Heft der Thalia doch fertig wird.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1136"> Ich freue mich von Herzen liebster Freund, Sie einmal wieder zu sehen<lb/>
und Ihre liebe Frau endlich kennen zu lernen. Aber Ihr freundschaftliches<lb/>
Anerbieten bey Ihnen zu logiren, kann ich wahrlich jetzt, wo ich mich so sehr<lb/>
vor Ihnen zu schämen habe, nicht annehmen. Sie würden durch Ihre Güte<lb/>
nur feurige Kohlen auf mein schuldiges Haupt sammeln, und Ihre Tische<lb/>
und Stühle, Schränke und Pantoffel und das Bett, worin ich schliefe, würden<lb/>
mir die Pflichten eines Autors gegen seinen Verleger mit schrecklicher Stimme<lb/>
predigen &#x2014; mir, dem Missethäter, der sie so freventlich verletzt hat.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1137"> Ich lade mich also nur auf eine Tasse Kaffe oder eine Suppe bey Ihnen<lb/>
zu Gaste &#x2014; mit der ausdrücklichen Bitte, daß Sie mir ja nicht gegenüber<lb/>
sitzen, und Ihre Augen, wie Shakespear sagt, ihre stummen Mäuler gegen<lb/>
mich aufthun, mich an meine Sünden zu erinnern.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1138"> seyen Sie mir herzlichst gegrüßt Liebster Fr. und bestellen Sie mir ein<lb/>
freundliches Angesicht bei Ihrer Henriette.  Ewig der Ihrige</p><lb/>
            <note type="bibl"> Schiller.</note><lb/>
            <p xml:id="ID_1139"> Wollen Sie so gütig seyn und diesen<lb/>
Einschluß baldmöglichst an Körnern besorgen?</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> 9. '</head><lb/>
            <p xml:id="ID_1140"> Rudolstadt. den 29. September 89. &#x2014; Nur zwey Worte liebster Freund,<lb/>
Ihnen zu versichern, daß das Manuscript zur Thalia und zum Geisterseher<lb/>
innerhalb 8 Tagen gewiß nachfolgen wird. Es beträgt so wenig, daß der<lb/>
Druck in S biß 6 Tagen zu Stande seyn wird, daß Sie also gar nicht auf¬<lb/>
gehalten werden. Leben Sie recht wohl und recht viel schöne Grüße an<lb/>
Ihre liebe Frau. </p>
            <note type="closer"> Ewig der Ihrige<note type="bibl"> Schiller.</note></note><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> 10.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_1141"> Rudolstadt, den 13. &gt;?&gt;br. 1789. &#x2014; Hier liebster Freund das Fragment<lb/>
aus dem zweyten Band des Geistersehers um das VIII te Heft der Thalia<lb/>
damit zu schließen. Ist es mir möglich so schicke ich bald etwas zu dem 9ten<lb/>
nach, welches Huber übernimmt.</p><lb/>
            <note type="closer"> Adieu mein Lieber. Sogleich geht die Post. Ewig der Ihrige<lb/><note type="bibl"> Schiller.</note></note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0382] 8. Jena, den 30. Juli 1789. — Glauben Sie mir, liebster Freund, daß ich mir selbst darum Feind bin. daß ich Ihnen nicht habe Wort halten können, aber die Schwierigkeiten waren über meinen Muth und über meine Kräfte. Ich denke schon lange auf eine Reparation des Schadens, den mein Zögern Ihnen verursacht haben kann, und eher werde ich mit mir selbst nicht ausgesöhnt seyn, biß ich alles wieder gut gemacht habe. Ein kleines Fragment aus dem Geisterseher bringe ich mit mir nach Leipzig, damit das Vlllte Heft der Thalia doch fertig wird. Ich freue mich von Herzen liebster Freund, Sie einmal wieder zu sehen und Ihre liebe Frau endlich kennen zu lernen. Aber Ihr freundschaftliches Anerbieten bey Ihnen zu logiren, kann ich wahrlich jetzt, wo ich mich so sehr vor Ihnen zu schämen habe, nicht annehmen. Sie würden durch Ihre Güte nur feurige Kohlen auf mein schuldiges Haupt sammeln, und Ihre Tische und Stühle, Schränke und Pantoffel und das Bett, worin ich schliefe, würden mir die Pflichten eines Autors gegen seinen Verleger mit schrecklicher Stimme predigen — mir, dem Missethäter, der sie so freventlich verletzt hat. Ich lade mich also nur auf eine Tasse Kaffe oder eine Suppe bey Ihnen zu Gaste — mit der ausdrücklichen Bitte, daß Sie mir ja nicht gegenüber sitzen, und Ihre Augen, wie Shakespear sagt, ihre stummen Mäuler gegen mich aufthun, mich an meine Sünden zu erinnern. seyen Sie mir herzlichst gegrüßt Liebster Fr. und bestellen Sie mir ein freundliches Angesicht bei Ihrer Henriette. Ewig der Ihrige Schiller. Wollen Sie so gütig seyn und diesen Einschluß baldmöglichst an Körnern besorgen? 9. ' Rudolstadt. den 29. September 89. — Nur zwey Worte liebster Freund, Ihnen zu versichern, daß das Manuscript zur Thalia und zum Geisterseher innerhalb 8 Tagen gewiß nachfolgen wird. Es beträgt so wenig, daß der Druck in S biß 6 Tagen zu Stande seyn wird, daß Sie also gar nicht auf¬ gehalten werden. Leben Sie recht wohl und recht viel schöne Grüße an Ihre liebe Frau. Ewig der Ihrige Schiller. 10. Rudolstadt, den 13. >?>br. 1789. — Hier liebster Freund das Fragment aus dem zweyten Band des Geistersehers um das VIII te Heft der Thalia damit zu schließen. Ist es mir möglich so schicke ich bald etwas zu dem 9ten nach, welches Huber übernimmt. Adieu mein Lieber. Sogleich geht die Post. Ewig der Ihrige Schiller.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123619
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123619/382
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123619/382>, abgerufen am 18.12.2024.