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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.

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letztere sind um so wichtiger, als sie der geringen Zahl^von Monumenten
aus der republikanischen Zeit angehören, indessen hat der Umstand, daß sie,
obwohl vom Tiber entfernt, doch an ihrem unteren Theilen durch Wasser be¬
deckt sind, von einer gründlichen Untersuchung abgehalten.

An Gebäuden, welche der Belustigung und der Gesundheitspflege des
Publicums gewidmet waren, ist Ostia offenbar nicht arm gewesen. Man er-
kennt ein geräumiges Theater und hat mehrere Bäder aufgedeckt, welche,
wenn sie sich auch an Größe nicht mit denjenigen der Hauptstadt messen
können, doch erkennen lassen, daß die öffentliche Hygiene mit einigem Luxus
verbunden war. Man hat Grund, die ausgedehnteste dieser Anlagen dem
Kaiser Hadrian zuzuschreiben. Einer Inschrift zufolge verwendete derselbe eine
ganz bedeutende Summe aus den Bau von Thermen; als sich die Summe aber
trotzdem als unzureichend herausstellte, gab sein Sohn Antoninus Pius noch
anderes Geld und außerdem Marmor zur Vollendung der Ausschmückung.
Umbauten und Reparaturen zeigen, daß die Thermen lange benutzt wur¬
den und die Bedürfnisse auch in dieser Hinsicht einem häufigen Wechsel
unterworfen waren. Ein anderes Badgebäude verdient eine genauere Be¬
trachtung nicht nur wegen der Reste seiner kostbaren Marmorbekleidung und
der gut erhaltenen Mosaikfußböden mit Darstellungen von gymnastischen
Spielen, von Eroten, Nereiden und Tritonen. Aus einem Entröezimmer ge¬
langt man in gerader Richtung vermittelst einer bequemen Treppe zu einem
geräumigen Saale, in welchem ein großes Bassin für warme Bäder ange¬
legt ist, seitwärts zu drei anderen Zimmern, die mit jenem parallel laufen.
Dieselben sind ebenso wie das Bassin in" sehr zweckmäßiger Weise für Luft¬
heizung eingerichtet, indem ihr Fußboden überall auf einzelnen, ungefähr
einen Fuß hohen und ebenso weit von einander stehenden Pseilerchen mit
Ziegeln ruht und vor jede Wand eine Reihe von hohlen Backsteinen auf¬
geschichtet ist. Eine solche Einrichtung, die die Gemächer gewissermaßen zu
schwebenden macht, beansprucht freilich viel Raum, aber bewirkt, daß die durch
einen in der Tiefe angelegten Heizapparat erwärmte Luft rings um die Zim¬
mer circulirt. ohne direct In sie einzutreten, und verleiht selbst noch entfern¬
teren Räumen eine behagliche Temperatur. Man muß bedauern, daß die
Modernen Italiener nicht etwas Aehnliches anwenden, um die der Sonnen¬
hitze wegen nöthigen steinernen Fußböden im Winter weniger lästig zu
machen. -- Auch im Uebrigen scheint der Wasserreichthum in Ostia kaum ge¬
ringer als in Rom gewesen zu sein, überall begegnet man den Leitungsröhren,
und Straßen wie Privathäuser sind mit Nymphäen und Baumanlagen frei-
lich einfacher Art versehen.

In den Privathäusern konnte man nicht erwarten, viel mehr als Im-
mobilien anzutreffen, indessen macht ein im vergangenen März aufgedecktes


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letztere sind um so wichtiger, als sie der geringen Zahl^von Monumenten
aus der republikanischen Zeit angehören, indessen hat der Umstand, daß sie,
obwohl vom Tiber entfernt, doch an ihrem unteren Theilen durch Wasser be¬
deckt sind, von einer gründlichen Untersuchung abgehalten.

An Gebäuden, welche der Belustigung und der Gesundheitspflege des
Publicums gewidmet waren, ist Ostia offenbar nicht arm gewesen. Man er-
kennt ein geräumiges Theater und hat mehrere Bäder aufgedeckt, welche,
wenn sie sich auch an Größe nicht mit denjenigen der Hauptstadt messen
können, doch erkennen lassen, daß die öffentliche Hygiene mit einigem Luxus
verbunden war. Man hat Grund, die ausgedehnteste dieser Anlagen dem
Kaiser Hadrian zuzuschreiben. Einer Inschrift zufolge verwendete derselbe eine
ganz bedeutende Summe aus den Bau von Thermen; als sich die Summe aber
trotzdem als unzureichend herausstellte, gab sein Sohn Antoninus Pius noch
anderes Geld und außerdem Marmor zur Vollendung der Ausschmückung.
Umbauten und Reparaturen zeigen, daß die Thermen lange benutzt wur¬
den und die Bedürfnisse auch in dieser Hinsicht einem häufigen Wechsel
unterworfen waren. Ein anderes Badgebäude verdient eine genauere Be¬
trachtung nicht nur wegen der Reste seiner kostbaren Marmorbekleidung und
der gut erhaltenen Mosaikfußböden mit Darstellungen von gymnastischen
Spielen, von Eroten, Nereiden und Tritonen. Aus einem Entröezimmer ge¬
langt man in gerader Richtung vermittelst einer bequemen Treppe zu einem
geräumigen Saale, in welchem ein großes Bassin für warme Bäder ange¬
legt ist, seitwärts zu drei anderen Zimmern, die mit jenem parallel laufen.
Dieselben sind ebenso wie das Bassin in» sehr zweckmäßiger Weise für Luft¬
heizung eingerichtet, indem ihr Fußboden überall auf einzelnen, ungefähr
einen Fuß hohen und ebenso weit von einander stehenden Pseilerchen mit
Ziegeln ruht und vor jede Wand eine Reihe von hohlen Backsteinen auf¬
geschichtet ist. Eine solche Einrichtung, die die Gemächer gewissermaßen zu
schwebenden macht, beansprucht freilich viel Raum, aber bewirkt, daß die durch
einen in der Tiefe angelegten Heizapparat erwärmte Luft rings um die Zim¬
mer circulirt. ohne direct In sie einzutreten, und verleiht selbst noch entfern¬
teren Räumen eine behagliche Temperatur. Man muß bedauern, daß die
Modernen Italiener nicht etwas Aehnliches anwenden, um die der Sonnen¬
hitze wegen nöthigen steinernen Fußböden im Winter weniger lästig zu
machen. — Auch im Uebrigen scheint der Wasserreichthum in Ostia kaum ge¬
ringer als in Rom gewesen zu sein, überall begegnet man den Leitungsröhren,
und Straßen wie Privathäuser sind mit Nymphäen und Baumanlagen frei-
lich einfacher Art versehen.

In den Privathäusern konnte man nicht erwarten, viel mehr als Im-
mobilien anzutreffen, indessen macht ein im vergangenen März aufgedecktes


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[0343] letztere sind um so wichtiger, als sie der geringen Zahl^von Monumenten aus der republikanischen Zeit angehören, indessen hat der Umstand, daß sie, obwohl vom Tiber entfernt, doch an ihrem unteren Theilen durch Wasser be¬ deckt sind, von einer gründlichen Untersuchung abgehalten. An Gebäuden, welche der Belustigung und der Gesundheitspflege des Publicums gewidmet waren, ist Ostia offenbar nicht arm gewesen. Man er- kennt ein geräumiges Theater und hat mehrere Bäder aufgedeckt, welche, wenn sie sich auch an Größe nicht mit denjenigen der Hauptstadt messen können, doch erkennen lassen, daß die öffentliche Hygiene mit einigem Luxus verbunden war. Man hat Grund, die ausgedehnteste dieser Anlagen dem Kaiser Hadrian zuzuschreiben. Einer Inschrift zufolge verwendete derselbe eine ganz bedeutende Summe aus den Bau von Thermen; als sich die Summe aber trotzdem als unzureichend herausstellte, gab sein Sohn Antoninus Pius noch anderes Geld und außerdem Marmor zur Vollendung der Ausschmückung. Umbauten und Reparaturen zeigen, daß die Thermen lange benutzt wur¬ den und die Bedürfnisse auch in dieser Hinsicht einem häufigen Wechsel unterworfen waren. Ein anderes Badgebäude verdient eine genauere Be¬ trachtung nicht nur wegen der Reste seiner kostbaren Marmorbekleidung und der gut erhaltenen Mosaikfußböden mit Darstellungen von gymnastischen Spielen, von Eroten, Nereiden und Tritonen. Aus einem Entröezimmer ge¬ langt man in gerader Richtung vermittelst einer bequemen Treppe zu einem geräumigen Saale, in welchem ein großes Bassin für warme Bäder ange¬ legt ist, seitwärts zu drei anderen Zimmern, die mit jenem parallel laufen. Dieselben sind ebenso wie das Bassin in» sehr zweckmäßiger Weise für Luft¬ heizung eingerichtet, indem ihr Fußboden überall auf einzelnen, ungefähr einen Fuß hohen und ebenso weit von einander stehenden Pseilerchen mit Ziegeln ruht und vor jede Wand eine Reihe von hohlen Backsteinen auf¬ geschichtet ist. Eine solche Einrichtung, die die Gemächer gewissermaßen zu schwebenden macht, beansprucht freilich viel Raum, aber bewirkt, daß die durch einen in der Tiefe angelegten Heizapparat erwärmte Luft rings um die Zim¬ mer circulirt. ohne direct In sie einzutreten, und verleiht selbst noch entfern¬ teren Räumen eine behagliche Temperatur. Man muß bedauern, daß die Modernen Italiener nicht etwas Aehnliches anwenden, um die der Sonnen¬ hitze wegen nöthigen steinernen Fußböden im Winter weniger lästig zu machen. — Auch im Uebrigen scheint der Wasserreichthum in Ostia kaum ge¬ ringer als in Rom gewesen zu sein, überall begegnet man den Leitungsröhren, und Straßen wie Privathäuser sind mit Nymphäen und Baumanlagen frei- lich einfacher Art versehen. In den Privathäusern konnte man nicht erwarten, viel mehr als Im- mobilien anzutreffen, indessen macht ein im vergangenen März aufgedecktes Grenzboten it. 1L7V. 43

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123619/343>, abgerufen am 01.09.2024.