Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.lich wohl auch aus der nicht entschieden genug abzuweisenden Zudringlichkeit Die Agitation durch Frauen allein scheint in England gar nicht unter¬ Wir vermögen in der angedeuteten Exclusivität im Allgemeinen nichts lich wohl auch aus der nicht entschieden genug abzuweisenden Zudringlichkeit Die Agitation durch Frauen allein scheint in England gar nicht unter¬ Wir vermögen in der angedeuteten Exclusivität im Allgemeinen nichts <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0307" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/123927"/> <p xml:id="ID_927" prev="#ID_926"> lich wohl auch aus der nicht entschieden genug abzuweisenden Zudringlichkeit<lb/> eompromittirender Subjecte männliches Geschlechts. Allein eine Abwehr,<lb/> welche um zufälliger übelwirkender Ausnahmen willen alle Männer grünt,<lb/> säklich fernhält, schießt über das Ziel hinaus. Aus demselben Grunde müßten<lb/> auch die Frauen ausgeschlossen und folglich gar kein Verein gebildet werden.<lb/> Die alte Erfahrung, daß ideale Agitationen neben den reinen und starken<lb/> allemal auch anbrüchige Charaktere anzuziehen pflegen, die in der Hingebung<lb/> an sie eine Art stillen Besserungs- und Crhebungsversuchs anstellen, kann<lb/> auch der Frauenbewegung nicht erspart bleiben; aber in der Natur der Sache<lb/> liegt es, daß es hier mehr weibliche als männliche Adepten von solcher zwei¬<lb/> deutigen Verheißung sind, wodurch der Tact von Vereinsvorständen auf die<lb/> Probe gesetzt zu werden pflegt. Es scheint demnach auch, als ob ein Theil<lb/> der Leiterinnen des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins nachträglich ein¬<lb/> gesehen hätte, daß man nach der allerdings sehr Übeln Erfahrung mit einem<lb/> Herrn — der jetzt in Stuttgart neben den Mayer und Frese sein Wesen<lb/> treibt—zu weit gegangen ist, als man die „Selbsthilfe der Frauen" procla-<lb/> wirte, die bei jeder Petition an irgend eine Volksvertretung oder Behörde<lb/> sofort ihre Grenze findet und schädlich zurückschlägt.</p><lb/> <p xml:id="ID_928"> Die Agitation durch Frauen allein scheint in England gar nicht unter¬<lb/> nommen worden zu sein, und hat in den Vereinigten Staaten nach obigem<lb/> recht gemäßigt und sachlich auftretendem Briefe nicht solche Früchte getragen,<lb/> daß sie sich zur Nachahmung empföhle. Es mag wahr sein, daß einzelne<lb/> Frauen vollkommen die Gewandtheit. Umsicht, Russe und Stetigkeit besitzen,<lb/> um eine öffentliche Agitation erfolgreich zu leiten, ohne jemals eines Mannes<lb/> Rath einzuziehen. Aber im Großen und Ganzen können die Frauen diese<lb/> Art von specifischer Reife für die Aufgaben des öffentlichen Lebens noch nicht<lb/> besitzen, weil ihnen die Erfahrung und Uebung fehlt. Sie haben als Ge¬<lb/> schlecht nicht die Vortheile der Männer gehabt, um sich darauf einzustudiren.<lb/> Leichtigkeit des Ausdrucks in öffentlicher Rede und Schrift, Kenntniß der<lb/> Formen des Staats- und Rechtslebens, Praxis in den parlamentarischen und<lb/> journalistischen Gebräuchen gehen ihnen ab. Es ist nicht auffallend, wenn<lb/> Ehrgeiz sie treibt, sich diese nothwendigen Erfordernisse des Erfolges<lb/> im öffentlichen Leben gleichfalls anzueignen; aber verwerfliche persönliche<lb/> Eitelkeit wäre es, wollten sie auf einen so viel früheren und umfassenderen<lb/> Erfolg ihrer Sache verzichten, weil die dazu nothwendige Mitwirkung be¬<lb/> gabter und erfahrener Männer ihrem Selbstgefühl mitunter etwa geheime<lb/> Wunden schlägt.</p><lb/> <p xml:id="ID_929" next="#ID_930"> Wir vermögen in der angedeuteten Exclusivität im Allgemeinen nichts<lb/> anderes zu erblicken, als eine krankhafte Reaction gegen krankmachende Be¬<lb/> handlung. Den Blick lediglich auf eine vereinzelte Aufgabe gerichtet, über?</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0307]
lich wohl auch aus der nicht entschieden genug abzuweisenden Zudringlichkeit
eompromittirender Subjecte männliches Geschlechts. Allein eine Abwehr,
welche um zufälliger übelwirkender Ausnahmen willen alle Männer grünt,
säklich fernhält, schießt über das Ziel hinaus. Aus demselben Grunde müßten
auch die Frauen ausgeschlossen und folglich gar kein Verein gebildet werden.
Die alte Erfahrung, daß ideale Agitationen neben den reinen und starken
allemal auch anbrüchige Charaktere anzuziehen pflegen, die in der Hingebung
an sie eine Art stillen Besserungs- und Crhebungsversuchs anstellen, kann
auch der Frauenbewegung nicht erspart bleiben; aber in der Natur der Sache
liegt es, daß es hier mehr weibliche als männliche Adepten von solcher zwei¬
deutigen Verheißung sind, wodurch der Tact von Vereinsvorständen auf die
Probe gesetzt zu werden pflegt. Es scheint demnach auch, als ob ein Theil
der Leiterinnen des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins nachträglich ein¬
gesehen hätte, daß man nach der allerdings sehr Übeln Erfahrung mit einem
Herrn — der jetzt in Stuttgart neben den Mayer und Frese sein Wesen
treibt—zu weit gegangen ist, als man die „Selbsthilfe der Frauen" procla-
wirte, die bei jeder Petition an irgend eine Volksvertretung oder Behörde
sofort ihre Grenze findet und schädlich zurückschlägt.
Die Agitation durch Frauen allein scheint in England gar nicht unter¬
nommen worden zu sein, und hat in den Vereinigten Staaten nach obigem
recht gemäßigt und sachlich auftretendem Briefe nicht solche Früchte getragen,
daß sie sich zur Nachahmung empföhle. Es mag wahr sein, daß einzelne
Frauen vollkommen die Gewandtheit. Umsicht, Russe und Stetigkeit besitzen,
um eine öffentliche Agitation erfolgreich zu leiten, ohne jemals eines Mannes
Rath einzuziehen. Aber im Großen und Ganzen können die Frauen diese
Art von specifischer Reife für die Aufgaben des öffentlichen Lebens noch nicht
besitzen, weil ihnen die Erfahrung und Uebung fehlt. Sie haben als Ge¬
schlecht nicht die Vortheile der Männer gehabt, um sich darauf einzustudiren.
Leichtigkeit des Ausdrucks in öffentlicher Rede und Schrift, Kenntniß der
Formen des Staats- und Rechtslebens, Praxis in den parlamentarischen und
journalistischen Gebräuchen gehen ihnen ab. Es ist nicht auffallend, wenn
Ehrgeiz sie treibt, sich diese nothwendigen Erfordernisse des Erfolges
im öffentlichen Leben gleichfalls anzueignen; aber verwerfliche persönliche
Eitelkeit wäre es, wollten sie auf einen so viel früheren und umfassenderen
Erfolg ihrer Sache verzichten, weil die dazu nothwendige Mitwirkung be¬
gabter und erfahrener Männer ihrem Selbstgefühl mitunter etwa geheime
Wunden schlägt.
Wir vermögen in der angedeuteten Exclusivität im Allgemeinen nichts
anderes zu erblicken, als eine krankhafte Reaction gegen krankmachende Be¬
handlung. Den Blick lediglich auf eine vereinzelte Aufgabe gerichtet, über?
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |