Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.werden direct in das großrussische Lager gedrängt -- ist es aber zweiffellos, Wer Nachdruck vor dem Reichstage. Vor der Verhandlung über das Autorenrecht im Reichstage werden Allerdings werden Buch und Notenheft fabrikmäßig hergestellt und kauf¬ 56*
werden direct in das großrussische Lager gedrängt — ist es aber zweiffellos, Wer Nachdruck vor dem Reichstage. Vor der Verhandlung über das Autorenrecht im Reichstage werden Allerdings werden Buch und Notenheft fabrikmäßig hergestellt und kauf¬ 56*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0441" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/123529"/> <p xml:id="ID_1257" prev="#ID_1256"> werden direct in das großrussische Lager gedrängt — ist es aber zweiffellos,<lb/> daß der Sieg der Smolka'schen Demokratenpartei alle Hoffnungen auf eine<lb/> Wiedergeburt des galizischen Polenthums zu Grabe tragen, der thörichtesten '<lb/> Agitation Thor und Thür öffnen muß. Diese Demokratie, welche weder<lb/> fähig noch willens ist, den wahren Bedürfnissen des Landes irgend Genüge<lb/> zu schaffen, ist von demselben Fleisch und Bein, wie das verbrecherische<lb/> Thorengeschlecht, welches in Russisch-Polen 1863 das Wielopolskische System<lb/> zu Fall brachte und der Petersburger Regierung zu der Wirthschaft den<lb/> Vorwand bot, welche seitdem das ehemalige Königreich verwüstet. Der erste<lb/> Versuch der polnisch-demokratischen Agitationspartei über die russische Grenze zu<lb/> gehen, zieht außerdem unfehlbar die Katastrophe herbei, welche durch hundert<lb/> Anzeichen bereits indicirt ist: eine russische Intervention zu Gunsten der ihrer<lb/> Retter sehnsüchtig harrenden Ruthenen und die Incorporation Ost-, vielleicht<lb/> auch Westgaliziens in das russische Reich.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Wer Nachdruck vor dem Reichstage.</head><lb/> <p xml:id="ID_1258"> Vor der Verhandlung über das Autorenrecht im Reichstage werden<lb/> Stimmen laut, welche den Nachdruck eines Buches oder Musikstückes und die<lb/> speculirende Nachbildung eines Kunstwerkes principiell für ebenso berechtigt<lb/> erklären, wie die Nachahmung eines neuen Gewandstoffes oder einer neuen<lb/> Stiefelform. Wenn diese entschlossenen Freunde unbeschränkter Concurrenz<lb/> Beschränkungen des Nachdrucks und der Nachbildung durch ein Autorrecht ge¬<lb/> wissermaßen widerwillig zugeben, so thun sie dies in der menschenfreundlichen<lb/> Empfindung, daß das große Gesetz freier Concurrenz nur aus Rücksicht auf<lb/> die — in der Gegenwart zuweilen bedrängte — pecuniäre Lage der deut¬<lb/> schen Autoren eingeengt werden dürfe.</p><lb/> <p xml:id="ID_1259" next="#ID_1260"> Allerdings werden Buch und Notenheft fabrikmäßig hergestellt und kauf¬<lb/> männisch vertrieben wie ein Stück Seidenstoff und ein Kochtopf, aber — wie<lb/> bekannt — stellt diese industrielle Thätigkeit nur eine sinnlich wahrnehmbare<lb/> Form her für einen geistigen Inhalt, und die Käufer erwerben das Buch<lb/> nicht wegen seiner Lettern und seines Papiers, sondern weil es ihnen ein<lb/> Mittel wird, um Geist und Seele eines anderen Menschen in ihr eigenes<lb/> Geistes- und Gemüthsleben aufzunehmen. Die beiden größten und wunder¬<lb/> gleicher Erfindungen des Menschengeschlechts, die Buchstabenschrift und Drucker-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 56*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0441]
werden direct in das großrussische Lager gedrängt — ist es aber zweiffellos,
daß der Sieg der Smolka'schen Demokratenpartei alle Hoffnungen auf eine
Wiedergeburt des galizischen Polenthums zu Grabe tragen, der thörichtesten '
Agitation Thor und Thür öffnen muß. Diese Demokratie, welche weder
fähig noch willens ist, den wahren Bedürfnissen des Landes irgend Genüge
zu schaffen, ist von demselben Fleisch und Bein, wie das verbrecherische
Thorengeschlecht, welches in Russisch-Polen 1863 das Wielopolskische System
zu Fall brachte und der Petersburger Regierung zu der Wirthschaft den
Vorwand bot, welche seitdem das ehemalige Königreich verwüstet. Der erste
Versuch der polnisch-demokratischen Agitationspartei über die russische Grenze zu
gehen, zieht außerdem unfehlbar die Katastrophe herbei, welche durch hundert
Anzeichen bereits indicirt ist: eine russische Intervention zu Gunsten der ihrer
Retter sehnsüchtig harrenden Ruthenen und die Incorporation Ost-, vielleicht
auch Westgaliziens in das russische Reich.
Wer Nachdruck vor dem Reichstage.
Vor der Verhandlung über das Autorenrecht im Reichstage werden
Stimmen laut, welche den Nachdruck eines Buches oder Musikstückes und die
speculirende Nachbildung eines Kunstwerkes principiell für ebenso berechtigt
erklären, wie die Nachahmung eines neuen Gewandstoffes oder einer neuen
Stiefelform. Wenn diese entschlossenen Freunde unbeschränkter Concurrenz
Beschränkungen des Nachdrucks und der Nachbildung durch ein Autorrecht ge¬
wissermaßen widerwillig zugeben, so thun sie dies in der menschenfreundlichen
Empfindung, daß das große Gesetz freier Concurrenz nur aus Rücksicht auf
die — in der Gegenwart zuweilen bedrängte — pecuniäre Lage der deut¬
schen Autoren eingeengt werden dürfe.
Allerdings werden Buch und Notenheft fabrikmäßig hergestellt und kauf¬
männisch vertrieben wie ein Stück Seidenstoff und ein Kochtopf, aber — wie
bekannt — stellt diese industrielle Thätigkeit nur eine sinnlich wahrnehmbare
Form her für einen geistigen Inhalt, und die Käufer erwerben das Buch
nicht wegen seiner Lettern und seines Papiers, sondern weil es ihnen ein
Mittel wird, um Geist und Seele eines anderen Menschen in ihr eigenes
Geistes- und Gemüthsleben aufzunehmen. Die beiden größten und wunder¬
gleicher Erfindungen des Menschengeschlechts, die Buchstabenschrift und Drucker-
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