Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.eine hervorragende Rolle spielten und dann endlich eine Petition der Radi- "Korrespondenz aus Holland. Die dunklen Tage vor Weihnachten sind vorüber und mit ihnen auch eine hervorragende Rolle spielten und dann endlich eine Petition der Radi- «Korrespondenz aus Holland. Die dunklen Tage vor Weihnachten sind vorüber und mit ihnen auch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0106" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/123194"/> <p xml:id="ID_286" prev="#ID_285"> eine hervorragende Rolle spielten und dann endlich eine Petition der Radi-<lb/> calen um Aufhebung des Cultusbudgets hatten diese Frage sowohl den po¬<lb/> litischen als den kirchlichen Behörden aufgedrängt. Vor dem Großen Rathe<lb/> liegt sie noch unentschieden. Die Synode dagegen hat in ihrer Herbstsitzung,<lb/> von dem Gesichtspunkte ausgehend, daß die bestehende kirchliche Organisation<lb/> nicht mehr genüge, daß aber eine Revision des Kirchengesetzes durch den<lb/> Großen Rath nicht im Interesse der Kirche liege, die Frage der Trennung<lb/> vom Staate in Behandlung genommen. Die Versammlung fand, daß die gegen¬<lb/> seitige Unabhängigkeit von Kirche und Staat theoretisch der normale Zustand<lb/> sei, indem Staat und Kirche weder auf den nämlichen Grundlagen ruhen,<lb/> noch den nämlichen Zweck verfolgen. Auch die materiellen Schwierigkeiten<lb/> welche sich in der künftigen Verwendung der Kirchengüter, dem Gebrauche<lb/> der Kirchen und der Pfarrhäuser darbieten, so wie die voraussichtliche Bil¬<lb/> dung einer Menge von Secten erschienen nicht als genügende Gründe zur<lb/> Ablehnung einer Trennung. Dennoch glaubte die Synode in der Annahme,<lb/> daß eine gänzliche Trennung jetzt noch das Publicum zu sehr „erschrecken"<lb/> dürfte, ein hinreichendes Motiv zu finden, diese Frage für einstweilen noch<lb/> zu umgehen und einigte sich in dem einstimmigen Antrag an den gesetz¬<lb/> gebenden Großen Rath, derselbe möge beschließen, daß die Kirche auf alle<lb/> Unterstützung des Staates mit Ausnahme der aus den Kirchengütern hervor¬<lb/> gehenden verzichte und dafür das Recht erhalte, sich selbst zu organisiren und<lb/> zu verwalten. Die Kirche, heißt es in den Motiven, werde zu diesem Ziele<lb/> gelangen, ohne deshalb zur Secte zu werden, indem sie ihre Thore Jedem<lb/> öffnen werde, der an den Grundwahrheiten des Evangeliums festhalte.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> «Korrespondenz aus Holland.</head><lb/> <p xml:id="ID_287" next="#ID_288"> Die dunklen Tage vor Weihnachten sind vorüber und mit ihnen auch<lb/> die dunklen Augenblicke für unser Ministerium. Am Ende des Jahres, wo<lb/> die Kammern sich mit der Berathung des Budgets beschäftigen, wird natür¬<lb/> lich die Hauptschlacht zwischen der Opposition und der Regierung geschlagen.<lb/> In diesem Jahre war der Angriff der Konservativen und der übrigen Gegner<lb/> des liberalen Ministeriums van Bosse-Font ziemlich schwach und das Budget<lb/> ist bis jetzt mit beträchtlicher Majorität angenommen worden. Die zweite</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0106]
eine hervorragende Rolle spielten und dann endlich eine Petition der Radi-
calen um Aufhebung des Cultusbudgets hatten diese Frage sowohl den po¬
litischen als den kirchlichen Behörden aufgedrängt. Vor dem Großen Rathe
liegt sie noch unentschieden. Die Synode dagegen hat in ihrer Herbstsitzung,
von dem Gesichtspunkte ausgehend, daß die bestehende kirchliche Organisation
nicht mehr genüge, daß aber eine Revision des Kirchengesetzes durch den
Großen Rath nicht im Interesse der Kirche liege, die Frage der Trennung
vom Staate in Behandlung genommen. Die Versammlung fand, daß die gegen¬
seitige Unabhängigkeit von Kirche und Staat theoretisch der normale Zustand
sei, indem Staat und Kirche weder auf den nämlichen Grundlagen ruhen,
noch den nämlichen Zweck verfolgen. Auch die materiellen Schwierigkeiten
welche sich in der künftigen Verwendung der Kirchengüter, dem Gebrauche
der Kirchen und der Pfarrhäuser darbieten, so wie die voraussichtliche Bil¬
dung einer Menge von Secten erschienen nicht als genügende Gründe zur
Ablehnung einer Trennung. Dennoch glaubte die Synode in der Annahme,
daß eine gänzliche Trennung jetzt noch das Publicum zu sehr „erschrecken"
dürfte, ein hinreichendes Motiv zu finden, diese Frage für einstweilen noch
zu umgehen und einigte sich in dem einstimmigen Antrag an den gesetz¬
gebenden Großen Rath, derselbe möge beschließen, daß die Kirche auf alle
Unterstützung des Staates mit Ausnahme der aus den Kirchengütern hervor¬
gehenden verzichte und dafür das Recht erhalte, sich selbst zu organisiren und
zu verwalten. Die Kirche, heißt es in den Motiven, werde zu diesem Ziele
gelangen, ohne deshalb zur Secte zu werden, indem sie ihre Thore Jedem
öffnen werde, der an den Grundwahrheiten des Evangeliums festhalte.
«Korrespondenz aus Holland.
Die dunklen Tage vor Weihnachten sind vorüber und mit ihnen auch
die dunklen Augenblicke für unser Ministerium. Am Ende des Jahres, wo
die Kammern sich mit der Berathung des Budgets beschäftigen, wird natür¬
lich die Hauptschlacht zwischen der Opposition und der Regierung geschlagen.
In diesem Jahre war der Angriff der Konservativen und der übrigen Gegner
des liberalen Ministeriums van Bosse-Font ziemlich schwach und das Budget
ist bis jetzt mit beträchtlicher Majorität angenommen worden. Die zweite
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