die persönlichen Beziehungen mit Schiller durch Goethe's Vermittelung gern wiederhergestellt hätte, unterließ Friedrich offenbar jeden Versuch der An¬ näherung. Konnte er einmal im Laufe der nächsten Jahre nicht umhin, den Schiller'schen Namen und die Schiller'schen Werke zu erwähnen, so geschah dies mit nner Ironie, die sich gar nicht verstecken sollte*).
Daß Schiller einen persönlichen Widerwillen gegen das Brüderpaar nie hat überwinden können und wollen, wissen wir aus zahlreichen Aeußerungen. Obschon er das Einzelne ihrer Leistungen nicht unbillig beurtheilte, und be¬ sonders in Friedrich's Natur den Ernst und die Tiefe anerkannte, so muß man doch wohl zugeben, daß er die Summe ihres Könnens und Thuns unterschätzte und ihre hohe Bedeutung für die Fortbildung unserer Literatur nicht nach vollem Verdienst gewürdigt hat.
Damals, als Friedrich Schlegel die Recension des Musen-Almanachs und die Abhandlung über das Studium der griechischen Poesie schrieb und hierauf von den Xenien so schwer getroffen ward -- damals gab es noch keine sichtbar ausgebildete neue, noch keine romantische Schule. Und dock) kann man behaupten, daß Schiller's ganzes Verhältniß zu dieser Schule, wie es sich in der Folgezeit gestaltete, durch den hier geschilderten Vorgang, wenigstens äußerlich, bestimmt worden ist.
Was ich hier in engen Umrissen darzustellen versuchte, gehört der Vor¬ geschichte der romantischen Schule an. Damit es aber einem Jeden möglich werde, sowohl die Vorgeschichte dieser Schule wie die Geschichte selbst ihrem ganzen Umfange nach aus den Quellen kennen zu lernen, scheint es endlich geboten, Hand anzulegen zur Ausführung eines Werkes, das schon lange nicht mehr unausgeführt sein sollte. Es scheint geboten, für Friedrich Schle¬ gel's Schriften das voll und ganz zu leisten, was für die Schriften August Wilhelm's schon so musterhaft geleistet worden. Und zwar wird eine nach strengen Grundsätzen geordnete Sammlung von Friedrich's Werken für die Literaturgeschichte noch ergiebiger ausfallen und dieser das werthvollste Ma¬ terial zuführen.
Schon bald nach Friedrich's Tode beschäftigte sich Wilhelm mit dem Gedanken, aus den früheren Arbeiten des Bruders eine Auswahl zu treffen**)
"> Siehe Europa 1, 59. "
) Brief ein Tieck vom 15. Januar 1330. -- Auf diese" Plan, welcher den Angehörigen Friedrichs wohl nicht zusagen mochte, kam er auch 1834 in dem Briefe an Windischmann zurück, dem ein unvollständiges Verzeichnis; von Friedrich's älteren Arbeiten beigegeben ward (Werke 8, 288 fg.) (Es sei hier angemerkt, daß die Note zu Ur. S auf S. 289 nicht' die Recen- sion von Goethe's Werken, sondern die überaus witzige Anzeige der von Büsching und v. d. Hagen herausgegebenen Volkslieder betrifft. Uebrigens hat sich Friedrich bei dieser Anzeige nicht anonym gehalten. Im Inhaltsverzeichnisse sind, wie bei den andern Recensionen, die er in den Heidelberger Jahrbüchern drucken ließ, die Buchstaben Fr. S. angegeben.)
die persönlichen Beziehungen mit Schiller durch Goethe's Vermittelung gern wiederhergestellt hätte, unterließ Friedrich offenbar jeden Versuch der An¬ näherung. Konnte er einmal im Laufe der nächsten Jahre nicht umhin, den Schiller'schen Namen und die Schiller'schen Werke zu erwähnen, so geschah dies mit nner Ironie, die sich gar nicht verstecken sollte*).
Daß Schiller einen persönlichen Widerwillen gegen das Brüderpaar nie hat überwinden können und wollen, wissen wir aus zahlreichen Aeußerungen. Obschon er das Einzelne ihrer Leistungen nicht unbillig beurtheilte, und be¬ sonders in Friedrich's Natur den Ernst und die Tiefe anerkannte, so muß man doch wohl zugeben, daß er die Summe ihres Könnens und Thuns unterschätzte und ihre hohe Bedeutung für die Fortbildung unserer Literatur nicht nach vollem Verdienst gewürdigt hat.
Damals, als Friedrich Schlegel die Recension des Musen-Almanachs und die Abhandlung über das Studium der griechischen Poesie schrieb und hierauf von den Xenien so schwer getroffen ward — damals gab es noch keine sichtbar ausgebildete neue, noch keine romantische Schule. Und dock) kann man behaupten, daß Schiller's ganzes Verhältniß zu dieser Schule, wie es sich in der Folgezeit gestaltete, durch den hier geschilderten Vorgang, wenigstens äußerlich, bestimmt worden ist.
Was ich hier in engen Umrissen darzustellen versuchte, gehört der Vor¬ geschichte der romantischen Schule an. Damit es aber einem Jeden möglich werde, sowohl die Vorgeschichte dieser Schule wie die Geschichte selbst ihrem ganzen Umfange nach aus den Quellen kennen zu lernen, scheint es endlich geboten, Hand anzulegen zur Ausführung eines Werkes, das schon lange nicht mehr unausgeführt sein sollte. Es scheint geboten, für Friedrich Schle¬ gel's Schriften das voll und ganz zu leisten, was für die Schriften August Wilhelm's schon so musterhaft geleistet worden. Und zwar wird eine nach strengen Grundsätzen geordnete Sammlung von Friedrich's Werken für die Literaturgeschichte noch ergiebiger ausfallen und dieser das werthvollste Ma¬ terial zuführen.
Schon bald nach Friedrich's Tode beschäftigte sich Wilhelm mit dem Gedanken, aus den früheren Arbeiten des Bruders eine Auswahl zu treffen**)
"> Siehe Europa 1, 59. "
) Brief ein Tieck vom 15. Januar 1330. — Auf diese» Plan, welcher den Angehörigen Friedrichs wohl nicht zusagen mochte, kam er auch 1834 in dem Briefe an Windischmann zurück, dem ein unvollständiges Verzeichnis; von Friedrich's älteren Arbeiten beigegeben ward (Werke 8, 288 fg.) (Es sei hier angemerkt, daß die Note zu Ur. S auf S. 289 nicht' die Recen- sion von Goethe's Werken, sondern die überaus witzige Anzeige der von Büsching und v. d. Hagen herausgegebenen Volkslieder betrifft. Uebrigens hat sich Friedrich bei dieser Anzeige nicht anonym gehalten. Im Inhaltsverzeichnisse sind, wie bei den andern Recensionen, die er in den Heidelberger Jahrbüchern drucken ließ, die Buchstaben Fr. S. angegeben.)
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wiederhergestellt hätte, unterließ Friedrich offenbar jeden Versuch der An¬
näherung. Konnte er einmal im Laufe der nächsten Jahre nicht umhin, den
Schiller'schen Namen und die Schiller'schen Werke zu erwähnen, so geschah
dies mit nner Ironie, die sich gar nicht verstecken sollte*).
Daß Schiller einen persönlichen Widerwillen gegen das Brüderpaar nie
hat überwinden können und wollen, wissen wir aus zahlreichen Aeußerungen.
Obschon er das Einzelne ihrer Leistungen nicht unbillig beurtheilte, und be¬
sonders in Friedrich's Natur den Ernst und die Tiefe anerkannte, so muß
man doch wohl zugeben, daß er die Summe ihres Könnens und Thuns
unterschätzte und ihre hohe Bedeutung für die Fortbildung unserer Literatur
nicht nach vollem Verdienst gewürdigt hat.
Damals, als Friedrich Schlegel die Recension des Musen-Almanachs
und die Abhandlung über das Studium der griechischen Poesie schrieb und
hierauf von den Xenien so schwer getroffen ward — damals gab es noch
keine sichtbar ausgebildete neue, noch keine romantische Schule. Und dock)
kann man behaupten, daß Schiller's ganzes Verhältniß zu dieser Schule, wie
es sich in der Folgezeit gestaltete, durch den hier geschilderten Vorgang,
wenigstens äußerlich, bestimmt worden ist.
Was ich hier in engen Umrissen darzustellen versuchte, gehört der Vor¬
geschichte der romantischen Schule an. Damit es aber einem Jeden möglich
werde, sowohl die Vorgeschichte dieser Schule wie die Geschichte selbst ihrem
ganzen Umfange nach aus den Quellen kennen zu lernen, scheint es endlich
geboten, Hand anzulegen zur Ausführung eines Werkes, das schon lange
nicht mehr unausgeführt sein sollte. Es scheint geboten, für Friedrich Schle¬
gel's Schriften das voll und ganz zu leisten, was für die Schriften August
Wilhelm's schon so musterhaft geleistet worden. Und zwar wird eine nach
strengen Grundsätzen geordnete Sammlung von Friedrich's Werken für die
Literaturgeschichte noch ergiebiger ausfallen und dieser das werthvollste Ma¬
terial zuführen.
Schon bald nach Friedrich's Tode beschäftigte sich Wilhelm mit dem
Gedanken, aus den früheren Arbeiten des Bruders eine Auswahl zu treffen**)
"> Siehe Europa 1, 59.
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) Brief ein Tieck vom 15. Januar 1330. — Auf diese» Plan, welcher den Angehörigen
Friedrichs wohl nicht zusagen mochte, kam er auch 1834 in dem Briefe an Windischmann
zurück, dem ein unvollständiges Verzeichnis; von Friedrich's älteren Arbeiten beigegeben ward
(Werke 8, 288 fg.) (Es sei hier angemerkt, daß die Note zu Ur. S auf S. 289 nicht' die Recen-
sion von Goethe's Werken, sondern die überaus witzige Anzeige der von Büsching und v. d.
Hagen herausgegebenen Volkslieder betrifft. Uebrigens hat sich Friedrich bei dieser Anzeige
nicht anonym gehalten. Im Inhaltsverzeichnisse sind, wie bei den andern Recensionen, die er in
den Heidelberger Jahrbüchern drucken ließ, die Buchstaben Fr. S. angegeben.)
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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/470>, abgerufen am 24.01.2025.
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