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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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entlehnten Worten sich ausspricht, womit der Verfasser das Erscheinen seiner Schrift
rechtfertigt: "nichts ist am Priester so gefahrvoll bei Gott, so schmachvoll bei den
Menschen, als das, was er denkt, nicht freimüthig auszusprechen." Vornehmlich ver¬
dienen daher diejenigen Partien seines Buches Interesse und Beifall, in welchen er
die vermuthlichen Ausgaben des Concils einer rückhaltlosen Kritik unterzieht und die
Schäden des Romanismus, welche Abhilfe fordern, bloßlegt. Als Programm der
Gegenstände der Lehre und des Glaubens, welche die bevorstehende Kirchenversamm¬
lung festsetzen soll, werden bekanntlich die dogmatische Unfehlbarkeit des Papstes, die
glorreiche Aufnahme der seligsten Jungfrau Maria in den Himmel und die Promul-
gation der Doctrinen des Syllabus bezeichnet. Der Verfasser weist nun an der Hand
der Geschichte, der heiligen Schrift und der kirchlichen Ueberlieferung nach, daß die
ersten beiden Punkte "unkatholische Neuerungen" bezwecken, welche von dem Concil
vielmehr energisch zurückgewiesen werden müßten, der dritte dagegen Fragen umfaßt,
welche für die Entscheidungen einer allgemeinen Kirchenversammlung zumeist kein
geeignetes Material bilden. Dafür setzt er an erste Stelle die Frage wegen des
Kirchenstaates als eine durch die Synode zu lösende. In welchem Sinne er die
Lösung wünscht, erhellt am besten aus dem Resultate, zu dem seine eingehende ge¬
schichtliche Erwägung gelangt, daß nämlich die weltliche Herrschaft der Päpste der
Kirche und ihren wahren Interessen weit mehr geschadet als genützt hat. Und
eine solche Lösung -- die übrigens nahe zu sein scheine -- thue um so mehr
Noth, je mehr der römische Stuhl aller seiner Kraft bedürfe, um die unter der
Herrschaft des Römerthums eingerissenen gewaltigen Uebclstünde zu beseitigen. Auch
die nun folgende Darlegung dieser "gewaltigen Uebelstcinde" wird in den meisten
Punkten unsere volle Billigung finden. Sie ist auf Seite 77 und auf Seite 185
in die gleichlautenden Worte zusammengefaßt: "Durch Centralisation aller Kirchen¬
gewalt in Rom, durch unablässige in Wort und That kundgegebene Anrufung
des weltlichen Armes zur Durchführung kirchlicher Anordnungen, durch Aufrecht¬
haltung aller aus längst vergangener Zeit stammenden, den kirchlichen Verhältnissen
und Bedürfnissen der Gegenwart nicht entsprechenden Satzungen, durch gänzliche Aus¬
schließung der Laien von der Theilnahme an der Gestaltung des kirchlichen Lebens,
und durch Anfeindung und Befehdung aller in den Geleisen der curialistischen Nor-
malthcologie nicht einhergehcnden Wissenschaft hat das Römerthum der Kirche tiefe
Wunden geschlagen und das Ansehen der kirchlichen Gewaltträger in der Meinung
der gebildeten Welt ungemein geschädigt; denn es hat dadurch die zur Kirchenregie¬
rung mit dem Papste berufenen Organe gelähmt und geschwächt, die Kirche in den
Verruf eines bloßen Polizeiinstituts gebracht, alle Kirchenzucht untergraben, den In-
differentismus geweckt und großgezogen und den Vorwurf hervorgerufen, der Glaube
und die Institutionen der katholischen Kirche erscheinen im Lichte der Wissenschaft",
als Irrthum und Finsterniß." -- Mit den zur Abstellung dieser Uebelstände vom
Versasser vorgeschlagenen Reformen können wir uns freilich nicht durchweg befriedigt
erklären, aber wir müssen doch zugestehen, daß sie sehr viel BeherzigenSwerthes ent¬
halten und ihre Annahme einen großen Fortschritt bezeichnen würde. Was der
ganzen Schrift eigenthümliches Gepräge und besonderes Gewicht gibt, ist die Voraus¬
sicht, nah man sich wohl nicht ernstlich auf die Annahme derselben, ja auch nur auf
die Ablehnung jener neuen Lehren Hoffnung machen darf. Denn dann könnte ge¬
schehen, was der Verfasser S. 48 ausspricht: Die Katastrophe, die in der Mitte der
katholischen Kirche eintreten muß, wenn die im Vatican versammelten Häupter der
Kirche der Versuchung unterliegend erklären sollten: es sei von Gott geoffenbarte
Lehre, daß der Papst in allen seinen Aussprüchen über Gegenstände der Offenbarung
unfehlbar sei, -- würde Erschütterungen und Zerrüttungen zur Folge haben, die
Niemand ermessen kann.




Beruüi.vou.u-" ilicdacieure: Gustav Freytag u. Julius Eckurdt.
Verlag von F. Herbig. -- Druck von Hüthcl Legler in Leipzig.

entlehnten Worten sich ausspricht, womit der Verfasser das Erscheinen seiner Schrift
rechtfertigt: „nichts ist am Priester so gefahrvoll bei Gott, so schmachvoll bei den
Menschen, als das, was er denkt, nicht freimüthig auszusprechen." Vornehmlich ver¬
dienen daher diejenigen Partien seines Buches Interesse und Beifall, in welchen er
die vermuthlichen Ausgaben des Concils einer rückhaltlosen Kritik unterzieht und die
Schäden des Romanismus, welche Abhilfe fordern, bloßlegt. Als Programm der
Gegenstände der Lehre und des Glaubens, welche die bevorstehende Kirchenversamm¬
lung festsetzen soll, werden bekanntlich die dogmatische Unfehlbarkeit des Papstes, die
glorreiche Aufnahme der seligsten Jungfrau Maria in den Himmel und die Promul-
gation der Doctrinen des Syllabus bezeichnet. Der Verfasser weist nun an der Hand
der Geschichte, der heiligen Schrift und der kirchlichen Ueberlieferung nach, daß die
ersten beiden Punkte „unkatholische Neuerungen" bezwecken, welche von dem Concil
vielmehr energisch zurückgewiesen werden müßten, der dritte dagegen Fragen umfaßt,
welche für die Entscheidungen einer allgemeinen Kirchenversammlung zumeist kein
geeignetes Material bilden. Dafür setzt er an erste Stelle die Frage wegen des
Kirchenstaates als eine durch die Synode zu lösende. In welchem Sinne er die
Lösung wünscht, erhellt am besten aus dem Resultate, zu dem seine eingehende ge¬
schichtliche Erwägung gelangt, daß nämlich die weltliche Herrschaft der Päpste der
Kirche und ihren wahren Interessen weit mehr geschadet als genützt hat. Und
eine solche Lösung — die übrigens nahe zu sein scheine — thue um so mehr
Noth, je mehr der römische Stuhl aller seiner Kraft bedürfe, um die unter der
Herrschaft des Römerthums eingerissenen gewaltigen Uebclstünde zu beseitigen. Auch
die nun folgende Darlegung dieser „gewaltigen Uebelstcinde" wird in den meisten
Punkten unsere volle Billigung finden. Sie ist auf Seite 77 und auf Seite 185
in die gleichlautenden Worte zusammengefaßt: „Durch Centralisation aller Kirchen¬
gewalt in Rom, durch unablässige in Wort und That kundgegebene Anrufung
des weltlichen Armes zur Durchführung kirchlicher Anordnungen, durch Aufrecht¬
haltung aller aus längst vergangener Zeit stammenden, den kirchlichen Verhältnissen
und Bedürfnissen der Gegenwart nicht entsprechenden Satzungen, durch gänzliche Aus¬
schließung der Laien von der Theilnahme an der Gestaltung des kirchlichen Lebens,
und durch Anfeindung und Befehdung aller in den Geleisen der curialistischen Nor-
malthcologie nicht einhergehcnden Wissenschaft hat das Römerthum der Kirche tiefe
Wunden geschlagen und das Ansehen der kirchlichen Gewaltträger in der Meinung
der gebildeten Welt ungemein geschädigt; denn es hat dadurch die zur Kirchenregie¬
rung mit dem Papste berufenen Organe gelähmt und geschwächt, die Kirche in den
Verruf eines bloßen Polizeiinstituts gebracht, alle Kirchenzucht untergraben, den In-
differentismus geweckt und großgezogen und den Vorwurf hervorgerufen, der Glaube
und die Institutionen der katholischen Kirche erscheinen im Lichte der Wissenschaft«,
als Irrthum und Finsterniß." — Mit den zur Abstellung dieser Uebelstände vom
Versasser vorgeschlagenen Reformen können wir uns freilich nicht durchweg befriedigt
erklären, aber wir müssen doch zugestehen, daß sie sehr viel BeherzigenSwerthes ent¬
halten und ihre Annahme einen großen Fortschritt bezeichnen würde. Was der
ganzen Schrift eigenthümliches Gepräge und besonderes Gewicht gibt, ist die Voraus¬
sicht, nah man sich wohl nicht ernstlich auf die Annahme derselben, ja auch nur auf
die Ablehnung jener neuen Lehren Hoffnung machen darf. Denn dann könnte ge¬
schehen, was der Verfasser S. 48 ausspricht: Die Katastrophe, die in der Mitte der
katholischen Kirche eintreten muß, wenn die im Vatican versammelten Häupter der
Kirche der Versuchung unterliegend erklären sollten: es sei von Gott geoffenbarte
Lehre, daß der Papst in allen seinen Aussprüchen über Gegenstände der Offenbarung
unfehlbar sei, — würde Erschütterungen und Zerrüttungen zur Folge haben, die
Niemand ermessen kann.




Beruüi.vou.u-» ilicdacieure: Gustav Freytag u. Julius Eckurdt.
Verlag von F. Herbig. — Druck von Hüthcl Legler in Leipzig.
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[0328] entlehnten Worten sich ausspricht, womit der Verfasser das Erscheinen seiner Schrift rechtfertigt: „nichts ist am Priester so gefahrvoll bei Gott, so schmachvoll bei den Menschen, als das, was er denkt, nicht freimüthig auszusprechen." Vornehmlich ver¬ dienen daher diejenigen Partien seines Buches Interesse und Beifall, in welchen er die vermuthlichen Ausgaben des Concils einer rückhaltlosen Kritik unterzieht und die Schäden des Romanismus, welche Abhilfe fordern, bloßlegt. Als Programm der Gegenstände der Lehre und des Glaubens, welche die bevorstehende Kirchenversamm¬ lung festsetzen soll, werden bekanntlich die dogmatische Unfehlbarkeit des Papstes, die glorreiche Aufnahme der seligsten Jungfrau Maria in den Himmel und die Promul- gation der Doctrinen des Syllabus bezeichnet. Der Verfasser weist nun an der Hand der Geschichte, der heiligen Schrift und der kirchlichen Ueberlieferung nach, daß die ersten beiden Punkte „unkatholische Neuerungen" bezwecken, welche von dem Concil vielmehr energisch zurückgewiesen werden müßten, der dritte dagegen Fragen umfaßt, welche für die Entscheidungen einer allgemeinen Kirchenversammlung zumeist kein geeignetes Material bilden. Dafür setzt er an erste Stelle die Frage wegen des Kirchenstaates als eine durch die Synode zu lösende. In welchem Sinne er die Lösung wünscht, erhellt am besten aus dem Resultate, zu dem seine eingehende ge¬ schichtliche Erwägung gelangt, daß nämlich die weltliche Herrschaft der Päpste der Kirche und ihren wahren Interessen weit mehr geschadet als genützt hat. Und eine solche Lösung — die übrigens nahe zu sein scheine — thue um so mehr Noth, je mehr der römische Stuhl aller seiner Kraft bedürfe, um die unter der Herrschaft des Römerthums eingerissenen gewaltigen Uebclstünde zu beseitigen. Auch die nun folgende Darlegung dieser „gewaltigen Uebelstcinde" wird in den meisten Punkten unsere volle Billigung finden. Sie ist auf Seite 77 und auf Seite 185 in die gleichlautenden Worte zusammengefaßt: „Durch Centralisation aller Kirchen¬ gewalt in Rom, durch unablässige in Wort und That kundgegebene Anrufung des weltlichen Armes zur Durchführung kirchlicher Anordnungen, durch Aufrecht¬ haltung aller aus längst vergangener Zeit stammenden, den kirchlichen Verhältnissen und Bedürfnissen der Gegenwart nicht entsprechenden Satzungen, durch gänzliche Aus¬ schließung der Laien von der Theilnahme an der Gestaltung des kirchlichen Lebens, und durch Anfeindung und Befehdung aller in den Geleisen der curialistischen Nor- malthcologie nicht einhergehcnden Wissenschaft hat das Römerthum der Kirche tiefe Wunden geschlagen und das Ansehen der kirchlichen Gewaltträger in der Meinung der gebildeten Welt ungemein geschädigt; denn es hat dadurch die zur Kirchenregie¬ rung mit dem Papste berufenen Organe gelähmt und geschwächt, die Kirche in den Verruf eines bloßen Polizeiinstituts gebracht, alle Kirchenzucht untergraben, den In- differentismus geweckt und großgezogen und den Vorwurf hervorgerufen, der Glaube und die Institutionen der katholischen Kirche erscheinen im Lichte der Wissenschaft«, als Irrthum und Finsterniß." — Mit den zur Abstellung dieser Uebelstände vom Versasser vorgeschlagenen Reformen können wir uns freilich nicht durchweg befriedigt erklären, aber wir müssen doch zugestehen, daß sie sehr viel BeherzigenSwerthes ent¬ halten und ihre Annahme einen großen Fortschritt bezeichnen würde. Was der ganzen Schrift eigenthümliches Gepräge und besonderes Gewicht gibt, ist die Voraus¬ sicht, nah man sich wohl nicht ernstlich auf die Annahme derselben, ja auch nur auf die Ablehnung jener neuen Lehren Hoffnung machen darf. Denn dann könnte ge¬ schehen, was der Verfasser S. 48 ausspricht: Die Katastrophe, die in der Mitte der katholischen Kirche eintreten muß, wenn die im Vatican versammelten Häupter der Kirche der Versuchung unterliegend erklären sollten: es sei von Gott geoffenbarte Lehre, daß der Papst in allen seinen Aussprüchen über Gegenstände der Offenbarung unfehlbar sei, — würde Erschütterungen und Zerrüttungen zur Folge haben, die Niemand ermessen kann. Beruüi.vou.u-» ilicdacieure: Gustav Freytag u. Julius Eckurdt. Verlag von F. Herbig. — Druck von Hüthcl Legler in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/328>, abgerufen am 03.07.2024.