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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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und allezeit hochzuverehrenden seligen Lords gekommen ist; ich war ehemals
Le Blond's Freund, weil ich ihn für einen ehrlichen Mann hielt; seit er sich
aber so verändert hat, kann er umso weniger der meinige sein, denn er be¬
trägt sich ja schandbar und echt amsterdammisch gegen einen so edlen Be¬
schützer der Tugend wie Ew. Excellenz."*)

Wir erklärten bereits, daß wir die Entscheidung der Frage, ob das
Dresdener Bild Copie oder Original sei, bis zu einer Confrontation desselben
mit dem Darmstädter vertagen möchten. Einiges Thatsächliche mag aber schon
jetzt festgestellt werden: das Dresdener Exemplar ist jünger als das andere,
der Gesammtton ist bleicher und es zeigt weder die Fülle des Colorits. noch
hat es überall dieselben Farben wie das Gegenbild. Das Kleid der Dres¬
dener Madonna ist grün, die Aermel haben keine Goldlichter, das so hoch
bewunderte Antlitz zeigt ganz andere Züge und Formen, die Gestalt ist von
der Brust abwärts in die Länge gezogen, und zwar dermaßen, daß das
Christuskind nicht mehr an Leib und Hüfte der Mutter ruht, sondern offenbar
in Gefahr ist, hinter dem Arme hinabzugleiten. Auch ist der Mantel nur
ganz unmerklich über den Bürgermeister gebreitet; und dieser selbst hat seine
Hände nicht auf die Schulter des Knaben gelegt. Ferner kniet die zunächst
der Maria angebrachte Frauengestalt nicht im Schatten der Heiligen, sondern
empfängt volles Licht aus das Profil. Die Nischenconsolen beginnen einige
Zoll oberhalb der Köpfe, und der Bogen selbst ist wesentlich in die Höhe
gestreckt, sodaß er keinen Halbkreis mehr bildet; der Teppich ist dagegen viel
kürzer und hat weniger Farben. Die größte Abweichung aber liegt im
Gesicht des Jesuskindes. Dies hat in Dresden eine so kränkliche Farbe und
so melancholisches Aussehn, daß man die Entstehung der allbekannten mü¬
ßigen Legende wohl begreifen kann, wonach die Madonna das eigene Kind
auf den Boden niedergesetzt und dafür den kranken jüngsten Meyer auf den
Arm genommen haben sollte. Hätte das Darmstädter Bild nur das eine
Verdienst, dieser Deutung der Composition ein Ende gemacht zu haben, so
wäre das schon ein Gewinn für die Kunstgeschichte.--

Zwei Bildnisse, eines v. I. 1533, das andere von 1541, beide auf
kaltem blauen Grunde, vervollständigen die Reihe authentischer Arbeiten
Holbein's. Es sind schöne noble Leistungen der Porträtmalerei und lassen,



") "I will VÄtsK Iiov? soins gi'ÄwinAS !NÄZ>- dö korwll, tiiougli ZooÄ sIiSÄps I SÄNUvt
xromiss; foi' ik tdingss g-rs äsars in Ilolwnä, tus^ Ars "Zsarsr iiers wiioi'ö tuiip iulü voeKIs-
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molto/hö, Sö I vorilx tkiulco Ks IiÄtli tlwss tdiriMS in Kis lmnÄss widu tds monozf ok
loofe ilsai'L sua svsr to do liounorsä weh I^ora; I was vues 1s Lion's krisllä wkils I
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^our Züxo."

und allezeit hochzuverehrenden seligen Lords gekommen ist; ich war ehemals
Le Blond's Freund, weil ich ihn für einen ehrlichen Mann hielt; seit er sich
aber so verändert hat, kann er umso weniger der meinige sein, denn er be¬
trägt sich ja schandbar und echt amsterdammisch gegen einen so edlen Be¬
schützer der Tugend wie Ew. Excellenz."*)

Wir erklärten bereits, daß wir die Entscheidung der Frage, ob das
Dresdener Bild Copie oder Original sei, bis zu einer Confrontation desselben
mit dem Darmstädter vertagen möchten. Einiges Thatsächliche mag aber schon
jetzt festgestellt werden: das Dresdener Exemplar ist jünger als das andere,
der Gesammtton ist bleicher und es zeigt weder die Fülle des Colorits. noch
hat es überall dieselben Farben wie das Gegenbild. Das Kleid der Dres¬
dener Madonna ist grün, die Aermel haben keine Goldlichter, das so hoch
bewunderte Antlitz zeigt ganz andere Züge und Formen, die Gestalt ist von
der Brust abwärts in die Länge gezogen, und zwar dermaßen, daß das
Christuskind nicht mehr an Leib und Hüfte der Mutter ruht, sondern offenbar
in Gefahr ist, hinter dem Arme hinabzugleiten. Auch ist der Mantel nur
ganz unmerklich über den Bürgermeister gebreitet; und dieser selbst hat seine
Hände nicht auf die Schulter des Knaben gelegt. Ferner kniet die zunächst
der Maria angebrachte Frauengestalt nicht im Schatten der Heiligen, sondern
empfängt volles Licht aus das Profil. Die Nischenconsolen beginnen einige
Zoll oberhalb der Köpfe, und der Bogen selbst ist wesentlich in die Höhe
gestreckt, sodaß er keinen Halbkreis mehr bildet; der Teppich ist dagegen viel
kürzer und hat weniger Farben. Die größte Abweichung aber liegt im
Gesicht des Jesuskindes. Dies hat in Dresden eine so kränkliche Farbe und
so melancholisches Aussehn, daß man die Entstehung der allbekannten mü¬
ßigen Legende wohl begreifen kann, wonach die Madonna das eigene Kind
auf den Boden niedergesetzt und dafür den kranken jüngsten Meyer auf den
Arm genommen haben sollte. Hätte das Darmstädter Bild nur das eine
Verdienst, dieser Deutung der Composition ein Ende gemacht zu haben, so
wäre das schon ein Gewinn für die Kunstgeschichte.—

Zwei Bildnisse, eines v. I. 1533, das andere von 1541, beide auf
kaltem blauen Grunde, vervollständigen die Reihe authentischer Arbeiten
Holbein's. Es sind schöne noble Leistungen der Porträtmalerei und lassen,



") „I will VÄtsK Iiov? soins gi'ÄwinAS !NÄZ>- dö korwll, tiiougli ZooÄ sIiSÄps I SÄNUvt
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/30>, abgerufen am 22.07.2024.