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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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ordnung erst am 1. resp. 6. October in Neustrelitz publicirt wurden; deut¬
licher war das angedeutete Streben aus dem Inhalt der letzteren selbst zu
erkennen. Während dieselbe im Wesentlichen mit den desfallsigen Schweri¬
nischen Bestimmungen wörtlich übereinstimmt, enthält die von der Neustre-
litzer Landes-Regierung publicirte Ausführungs-Instruction einige Bestim¬
mungen, die offenbar dem Wortlaut der Gewerbe-Ordnung widersprechen.
Kleinlich, wie dieselben an und sür sich sind und naturgemäß sein müssen,
wollen wir nur einen dieser Punkte hervorheben. Die G.-O. läßt in §. 33
den Landesgesetzen frei, die Genehmigung zum Branntweinschank und Klein¬
handel mit Branntwein und Spiritus vom Nachweis des Bedürfnisses ab¬
hängig zu machen. Desfallsige Verordnungen sind denn auch in beiden
Mecklenburg unter dem 18. September d. I. erlassen worden. Während diese
aber gewerbeordnungsmäßig nur von Branntwein und Spiritus sprechen,
substituirt die gedachte Instruction der Strelitzer Landes-Regierung vom
2. bis 6. Oktober sud 10,3 dem Worte "Spiritus" einfach den viel um¬
fassenderen Ausdruck "spirituösen". Daß hier nicht etwa ein lapsus
ealairii vorliegt, beweist der Umstand, daß der betreffende Passus in der
meist wörtlich gleichlautenden Schwerinischen Instruction gleich andern
mit der G.-O. unverträglichen Zusätzen fehlt; beide wurden offenbar nach
vorgängiger "hausvertragsmäßiger Communicatton" erlassen, Schwerin ver¬
warf aber die gedachten Zusätze, um nicht in Widerspruch mit der G.-O. zu-
gerathen: die betreffenden Punkte müssen also zwischen beiden Regierungen
erörtert sein, Strelitz aber mochte die Zusätze gleichwohl nicht missen.

Die Ausführungs'Verordnungen zur Gewerbe-Ordnung machten behufs
Durchführung des öffentlichen und mündlichen Verfahrens vor collegialen Be¬
hörden eine Beschränkung der obrigkeitlichen Rechte der Stände noth¬
wendig und konnten daher nicht ohne Mitwirkung der letzteren erlassen
werden. Zu diesem Zwecke versammelte sich der mit Vollmacht für unvor¬
hergesehene Fälle versehene Engere Ausschuß der Ritter- und Landschaft im
September zu Rostock, und wir müssen gestehen, daß die unter seiner Mit¬
wirkung zu Stande gebrachten beiden mecklenburgischen Aussührungs-Verord-
nungen das Mögliche geleistet haben, den Anforderungen der Gewerbeord¬
nung zu genügen. Dasselbe gilt von den durch die Magistrate der beiden
Seestädte Rostock und Wismar für deren Jurisdictionsbezirke erlassenen be¬
sonderen Ausführungsverordnungen. Das durch dieselben in Gemäßheit des
§. 21 der Gewerbeordnung geschaffene öffentliche, mündliche Verfahren mag
Beamte und Parteien auf die bevorstehende Durchführung des gleichen Ver¬
fahrens für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten durch die in Vorbereitung be¬
griffene Proceßordnung des norddeutschen Bundes vorbereiten. Der Entwur-
der letzteren scheint in Mecklenburg nicht die Beachtung gefunden zu haben,


ordnung erst am 1. resp. 6. October in Neustrelitz publicirt wurden; deut¬
licher war das angedeutete Streben aus dem Inhalt der letzteren selbst zu
erkennen. Während dieselbe im Wesentlichen mit den desfallsigen Schweri¬
nischen Bestimmungen wörtlich übereinstimmt, enthält die von der Neustre-
litzer Landes-Regierung publicirte Ausführungs-Instruction einige Bestim¬
mungen, die offenbar dem Wortlaut der Gewerbe-Ordnung widersprechen.
Kleinlich, wie dieselben an und sür sich sind und naturgemäß sein müssen,
wollen wir nur einen dieser Punkte hervorheben. Die G.-O. läßt in §. 33
den Landesgesetzen frei, die Genehmigung zum Branntweinschank und Klein¬
handel mit Branntwein und Spiritus vom Nachweis des Bedürfnisses ab¬
hängig zu machen. Desfallsige Verordnungen sind denn auch in beiden
Mecklenburg unter dem 18. September d. I. erlassen worden. Während diese
aber gewerbeordnungsmäßig nur von Branntwein und Spiritus sprechen,
substituirt die gedachte Instruction der Strelitzer Landes-Regierung vom
2. bis 6. Oktober sud 10,3 dem Worte „Spiritus" einfach den viel um¬
fassenderen Ausdruck „spirituösen". Daß hier nicht etwa ein lapsus
ealairii vorliegt, beweist der Umstand, daß der betreffende Passus in der
meist wörtlich gleichlautenden Schwerinischen Instruction gleich andern
mit der G.-O. unverträglichen Zusätzen fehlt; beide wurden offenbar nach
vorgängiger „hausvertragsmäßiger Communicatton" erlassen, Schwerin ver¬
warf aber die gedachten Zusätze, um nicht in Widerspruch mit der G.-O. zu-
gerathen: die betreffenden Punkte müssen also zwischen beiden Regierungen
erörtert sein, Strelitz aber mochte die Zusätze gleichwohl nicht missen.

Die Ausführungs'Verordnungen zur Gewerbe-Ordnung machten behufs
Durchführung des öffentlichen und mündlichen Verfahrens vor collegialen Be¬
hörden eine Beschränkung der obrigkeitlichen Rechte der Stände noth¬
wendig und konnten daher nicht ohne Mitwirkung der letzteren erlassen
werden. Zu diesem Zwecke versammelte sich der mit Vollmacht für unvor¬
hergesehene Fälle versehene Engere Ausschuß der Ritter- und Landschaft im
September zu Rostock, und wir müssen gestehen, daß die unter seiner Mit¬
wirkung zu Stande gebrachten beiden mecklenburgischen Aussührungs-Verord-
nungen das Mögliche geleistet haben, den Anforderungen der Gewerbeord¬
nung zu genügen. Dasselbe gilt von den durch die Magistrate der beiden
Seestädte Rostock und Wismar für deren Jurisdictionsbezirke erlassenen be¬
sonderen Ausführungsverordnungen. Das durch dieselben in Gemäßheit des
§. 21 der Gewerbeordnung geschaffene öffentliche, mündliche Verfahren mag
Beamte und Parteien auf die bevorstehende Durchführung des gleichen Ver¬
fahrens für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten durch die in Vorbereitung be¬
griffene Proceßordnung des norddeutschen Bundes vorbereiten. Der Entwur-
der letzteren scheint in Mecklenburg nicht die Beachtung gefunden zu haben,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/280>, abgerufen am 24.08.2024.