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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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einer Bahn Berlin - Neustrelitz - Stralsund - Arkona , mit Ueberbrückung des
Sundes bei der Insel Rügen und Anlegung eines Handelshafens bei Arkona)
wieder aufzunehmen, mit besserem Erfolge gekrönt sein werde, bleibt abzu¬
warten. Eine mystische Nachricht von einer anderweitigen Aussicht auf eine
Neustrelitzer Bahn, welche im September dieses Jahres in der "Neustrelitzer
Zeitung" auftauchte und dahin lautete: "Daß die stattgehabten Bestrebungen
eines unserer Mitbürger, demzunächst nur die Linie Berlin-Neubrandenburg
ins Auge gefaßt, Aussicht haben, in allernächster Zeit zum glücklichen Ab¬
schluß zu gelangen", erinnert nur an die mancherlei ähnlichen Illusionen, in
welchen man sich seit vier bis fünf Jahren in der Residenz gewiegt hat.

Einstweilen müssen bei diesem Stande der Dinge die Mecklenburg-
Strelitzer sich an dem Fortschritt Trost erholen, welchen sie durch Erlangung
eines landesherrlichen Papiergeldes gemacht haben. Und damit ihnen nun
auch noch ein Ersatz für die vor der Hand getäuschte Hoffnung auf den
Eisenbahnverkehr zu Theil werde, wurden sie eines Morgens durch die An¬
kündigung überrascht, daß der Geldverkehr sich einer neuen Förderung durch
eine weitere Emission von Renteicassenscheinen im Betrage von 300,000 Thlr.
zu erfreuen haben solle. "Friedrich Wilhelm von Gottes Gnaden Gro߬
herzog" :c., so lautete die schon vom 29. Juni datirte Bekanntmachung,
welche man im Strelitzischen Gesetzblatt vom 10. September dieses Jahres
las, "da durch die nach Unserem Publicandum vom 29. December 1866 aus¬
gegebenen Renteicassenscheine für den Verkehr das Bedürfniß einer neuen
Emission, besonders in größeren Apoints zu 23 Thlr. hervorgerufen, so haben
Wir Unsere Finanzcommission zu einer Ausgabe von annoch 300,000 Thlr.
ermächtigt", wovon 200.000 Thlr. zu 2S, 50.000 Thlr. zu 10 und S0.000
Thlr. zu 3 Thlr. "Es wird Solches mit dem Bemerken hierdurch vublicirt-
daß diese Scheine in gleicher Form und Ausstattung wie die früheren, nur
mit verändertem Datum der Ausgabe-Ermächtigung und der Zahlungs-Zu-
sicherung, so wie unter Angabe des Betrages der jetzigen statt des Betrages
der ersten Emission erscheinen werden." Auch für diese Ausgabe sollten die
Bestimmungen für die erste Emission gelten , nur daß von einer Wiederein¬
lösung nicht mehr die Rede ist.

Dieser Schritt geschah wenige Wochen nach dem am 2. Juni mit großer
Mehrheit gefaßten Reichstagsbeschluß, welcher die Regelung der Ausgabe
von Staatscassenscheinen forderte, und nach der in der Verhandlung des
Reichstags erfolgten Darlegung der enormen Schädigung, welche der Ver¬
kehr und das Vermögen der Staatsbürger durch die jetzige ungeregelte Pa¬
piergeldwirthschaft erleiden. Es scheint, als habe noch vor Thorschluß die
Macht zur Vornahme dieser Art von Finanzoperationen bis an die äußerste
Grenze ausgenutzt werden sollen.


einer Bahn Berlin - Neustrelitz - Stralsund - Arkona , mit Ueberbrückung des
Sundes bei der Insel Rügen und Anlegung eines Handelshafens bei Arkona)
wieder aufzunehmen, mit besserem Erfolge gekrönt sein werde, bleibt abzu¬
warten. Eine mystische Nachricht von einer anderweitigen Aussicht auf eine
Neustrelitzer Bahn, welche im September dieses Jahres in der „Neustrelitzer
Zeitung" auftauchte und dahin lautete: „Daß die stattgehabten Bestrebungen
eines unserer Mitbürger, demzunächst nur die Linie Berlin-Neubrandenburg
ins Auge gefaßt, Aussicht haben, in allernächster Zeit zum glücklichen Ab¬
schluß zu gelangen", erinnert nur an die mancherlei ähnlichen Illusionen, in
welchen man sich seit vier bis fünf Jahren in der Residenz gewiegt hat.

Einstweilen müssen bei diesem Stande der Dinge die Mecklenburg-
Strelitzer sich an dem Fortschritt Trost erholen, welchen sie durch Erlangung
eines landesherrlichen Papiergeldes gemacht haben. Und damit ihnen nun
auch noch ein Ersatz für die vor der Hand getäuschte Hoffnung auf den
Eisenbahnverkehr zu Theil werde, wurden sie eines Morgens durch die An¬
kündigung überrascht, daß der Geldverkehr sich einer neuen Förderung durch
eine weitere Emission von Renteicassenscheinen im Betrage von 300,000 Thlr.
zu erfreuen haben solle. „Friedrich Wilhelm von Gottes Gnaden Gro߬
herzog" :c., so lautete die schon vom 29. Juni datirte Bekanntmachung,
welche man im Strelitzischen Gesetzblatt vom 10. September dieses Jahres
las, „da durch die nach Unserem Publicandum vom 29. December 1866 aus¬
gegebenen Renteicassenscheine für den Verkehr das Bedürfniß einer neuen
Emission, besonders in größeren Apoints zu 23 Thlr. hervorgerufen, so haben
Wir Unsere Finanzcommission zu einer Ausgabe von annoch 300,000 Thlr.
ermächtigt", wovon 200.000 Thlr. zu 2S, 50.000 Thlr. zu 10 und S0.000
Thlr. zu 3 Thlr. „Es wird Solches mit dem Bemerken hierdurch vublicirt-
daß diese Scheine in gleicher Form und Ausstattung wie die früheren, nur
mit verändertem Datum der Ausgabe-Ermächtigung und der Zahlungs-Zu-
sicherung, so wie unter Angabe des Betrages der jetzigen statt des Betrages
der ersten Emission erscheinen werden." Auch für diese Ausgabe sollten die
Bestimmungen für die erste Emission gelten , nur daß von einer Wiederein¬
lösung nicht mehr die Rede ist.

Dieser Schritt geschah wenige Wochen nach dem am 2. Juni mit großer
Mehrheit gefaßten Reichstagsbeschluß, welcher die Regelung der Ausgabe
von Staatscassenscheinen forderte, und nach der in der Verhandlung des
Reichstags erfolgten Darlegung der enormen Schädigung, welche der Ver¬
kehr und das Vermögen der Staatsbürger durch die jetzige ungeregelte Pa¬
piergeldwirthschaft erleiden. Es scheint, als habe noch vor Thorschluß die
Macht zur Vornahme dieser Art von Finanzoperationen bis an die äußerste
Grenze ausgenutzt werden sollen.


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[0245] einer Bahn Berlin - Neustrelitz - Stralsund - Arkona , mit Ueberbrückung des Sundes bei der Insel Rügen und Anlegung eines Handelshafens bei Arkona) wieder aufzunehmen, mit besserem Erfolge gekrönt sein werde, bleibt abzu¬ warten. Eine mystische Nachricht von einer anderweitigen Aussicht auf eine Neustrelitzer Bahn, welche im September dieses Jahres in der „Neustrelitzer Zeitung" auftauchte und dahin lautete: „Daß die stattgehabten Bestrebungen eines unserer Mitbürger, demzunächst nur die Linie Berlin-Neubrandenburg ins Auge gefaßt, Aussicht haben, in allernächster Zeit zum glücklichen Ab¬ schluß zu gelangen", erinnert nur an die mancherlei ähnlichen Illusionen, in welchen man sich seit vier bis fünf Jahren in der Residenz gewiegt hat. Einstweilen müssen bei diesem Stande der Dinge die Mecklenburg- Strelitzer sich an dem Fortschritt Trost erholen, welchen sie durch Erlangung eines landesherrlichen Papiergeldes gemacht haben. Und damit ihnen nun auch noch ein Ersatz für die vor der Hand getäuschte Hoffnung auf den Eisenbahnverkehr zu Theil werde, wurden sie eines Morgens durch die An¬ kündigung überrascht, daß der Geldverkehr sich einer neuen Förderung durch eine weitere Emission von Renteicassenscheinen im Betrage von 300,000 Thlr. zu erfreuen haben solle. „Friedrich Wilhelm von Gottes Gnaden Gro߬ herzog" :c., so lautete die schon vom 29. Juni datirte Bekanntmachung, welche man im Strelitzischen Gesetzblatt vom 10. September dieses Jahres las, „da durch die nach Unserem Publicandum vom 29. December 1866 aus¬ gegebenen Renteicassenscheine für den Verkehr das Bedürfniß einer neuen Emission, besonders in größeren Apoints zu 23 Thlr. hervorgerufen, so haben Wir Unsere Finanzcommission zu einer Ausgabe von annoch 300,000 Thlr. ermächtigt", wovon 200.000 Thlr. zu 2S, 50.000 Thlr. zu 10 und S0.000 Thlr. zu 3 Thlr. „Es wird Solches mit dem Bemerken hierdurch vublicirt- daß diese Scheine in gleicher Form und Ausstattung wie die früheren, nur mit verändertem Datum der Ausgabe-Ermächtigung und der Zahlungs-Zu- sicherung, so wie unter Angabe des Betrages der jetzigen statt des Betrages der ersten Emission erscheinen werden." Auch für diese Ausgabe sollten die Bestimmungen für die erste Emission gelten , nur daß von einer Wiederein¬ lösung nicht mehr die Rede ist. Dieser Schritt geschah wenige Wochen nach dem am 2. Juni mit großer Mehrheit gefaßten Reichstagsbeschluß, welcher die Regelung der Ausgabe von Staatscassenscheinen forderte, und nach der in der Verhandlung des Reichstags erfolgten Darlegung der enormen Schädigung, welche der Ver¬ kehr und das Vermögen der Staatsbürger durch die jetzige ungeregelte Pa¬ piergeldwirthschaft erleiden. Es scheint, als habe noch vor Thorschluß die Macht zur Vornahme dieser Art von Finanzoperationen bis an die äußerste Grenze ausgenutzt werden sollen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/245>, abgerufen am 22.07.2024.