Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.rend steigern, wenn das Geschäft, wie dies auch volkswirtschaftlich sich Um so schlimmer ließ sich gleich der Anfang des neuen Jahres an. Der rend steigern, wenn das Geschäft, wie dies auch volkswirtschaftlich sich Um so schlimmer ließ sich gleich der Anfang des neuen Jahres an. Der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0015" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/121770"/> <p xml:id="ID_19" prev="#ID_18"> rend steigern, wenn das Geschäft, wie dies auch volkswirtschaftlich sich<lb/> empfahl, in die voraussichtlich rationellere Behandlung durch Privathände<lb/> überging. Schon wenige Tage nach jenem günstigen Votum über die Steuer¬<lb/> gesetze schloß Cambray-Digny mit einer Anzahl italienischer und ausländischer<lb/> Handelshäuser einen Vertrag über die Bildung einer Actiengesellschaft ab,<lb/> welche für 20 Jahre die Ausnutzung des Tabaksmonopols (Anfertigung,<lb/> Kauf und Verkauf) in Pacht nehmen und der Regierung sofort 180 Mill.<lb/> als Vorauszahlung und 30 Mill. als Entschädigung für die vorhandenen<lb/> Vorräthe zur Verfügung stellen sollte. Und am 8. August wurde, nachdem<lb/> einige von den Abtheilungen der Kammer gewünschte Modificationen an¬<lb/> gebracht waren, der Vertrag genehmigt, jedoch nicht ohne lebhafte Bekämpfung<lb/> von Seiten der Consorterie sowohl als der Piemontesen, und nur mit ge¬<lb/> ringer Mehrheit. Auch der Gesetzentwurf, der die Erhebung der directen<lb/> Steuern nach dem sogenannten lombardischen System den Gemeinden über¬<lb/> trägt, wurde von der Kammer genehmigt, und ferner der Beschluß gefaßt,<lb/> den mit Zwangscours umlaufenden Banknotenbetrag auf 750 Mill. zu re-<lb/> duciren. So konnte man, als die Kammern am 31. August vertagt wurden,<lb/> auf eine geschästsreiche und fruchtbare Session zurückblicken. Ministerium und<lb/> Kammer hatten sich an gemeinsame Arbeit gewöhnt und es war nicht blos<lb/> für die finanziellen Bedürfnisse des Augenblicks gesorgt, sondern ebenso waren<lb/> eingreifende Maßregeln, die eine allmälige Besserung der Finanzlage überhaupt<lb/> versprachen, durchgesetzt. Am 26. November trat die Kammer wieder zusam¬<lb/> men und nichts schien im Wege zu stehen, daß nunmehr der Entwurf der-<lb/> Verwaltungsreorganisation energisch in Angriff genommen würde. Wirklich<lb/> konnte am 20. December die Generaldebatte über den Entwurf geschlossen wer¬<lb/> den; aber die Anträge der Opposition wurden mit starker Mehrheit' verworfen<lb/> und eine von der Regierung acceptirte Tagesordnung angenommen. Zuvor<lb/> noch hatte die Hinrichtung der beiden politischen Verbrecher in Rom. Monti<lb/> und Tognetti, eine kleine politische Episode veranlaßt. Als aber trotz der<lb/> hierdurch veranlaßten Aufregung der Antrag der Linken, die Zahlung der<lb/> päpstlichen Schuld zu suspendiren, am 21. December nach lebhafter Debatte<lb/> verworfen wurde, schien das Ministerium fester denn je zu stehen, und das<lb/> Jahr 1868 schloß mit den günstigsten Aussichten für die Zukunft.</p><lb/> <p xml:id="ID_20" next="#ID_21"> Um so schlimmer ließ sich gleich der Anfang des neuen Jahres an. Der<lb/> 1. Januar war der Tag der Einführung der Mahlsteuer. Zum Unglück<lb/> waren an diesem Termin die mechanischen Zähler, die zu diesem Zweck in<lb/> den Mühlen anzubringen waren, noch nicht fertig geworden. Und doch<lb/> wollte der Minister die Erhebung einer Steuer nicht hinausschieben, die mit<lb/> ihrem muthmaßlichen Ertrag von 70—80 Mill. einen wesentlichen Theil<lb/> seines Finanzplans bildete. Man half sich mit provisorischen Anordnungen,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0015]
rend steigern, wenn das Geschäft, wie dies auch volkswirtschaftlich sich
empfahl, in die voraussichtlich rationellere Behandlung durch Privathände
überging. Schon wenige Tage nach jenem günstigen Votum über die Steuer¬
gesetze schloß Cambray-Digny mit einer Anzahl italienischer und ausländischer
Handelshäuser einen Vertrag über die Bildung einer Actiengesellschaft ab,
welche für 20 Jahre die Ausnutzung des Tabaksmonopols (Anfertigung,
Kauf und Verkauf) in Pacht nehmen und der Regierung sofort 180 Mill.
als Vorauszahlung und 30 Mill. als Entschädigung für die vorhandenen
Vorräthe zur Verfügung stellen sollte. Und am 8. August wurde, nachdem
einige von den Abtheilungen der Kammer gewünschte Modificationen an¬
gebracht waren, der Vertrag genehmigt, jedoch nicht ohne lebhafte Bekämpfung
von Seiten der Consorterie sowohl als der Piemontesen, und nur mit ge¬
ringer Mehrheit. Auch der Gesetzentwurf, der die Erhebung der directen
Steuern nach dem sogenannten lombardischen System den Gemeinden über¬
trägt, wurde von der Kammer genehmigt, und ferner der Beschluß gefaßt,
den mit Zwangscours umlaufenden Banknotenbetrag auf 750 Mill. zu re-
duciren. So konnte man, als die Kammern am 31. August vertagt wurden,
auf eine geschästsreiche und fruchtbare Session zurückblicken. Ministerium und
Kammer hatten sich an gemeinsame Arbeit gewöhnt und es war nicht blos
für die finanziellen Bedürfnisse des Augenblicks gesorgt, sondern ebenso waren
eingreifende Maßregeln, die eine allmälige Besserung der Finanzlage überhaupt
versprachen, durchgesetzt. Am 26. November trat die Kammer wieder zusam¬
men und nichts schien im Wege zu stehen, daß nunmehr der Entwurf der-
Verwaltungsreorganisation energisch in Angriff genommen würde. Wirklich
konnte am 20. December die Generaldebatte über den Entwurf geschlossen wer¬
den; aber die Anträge der Opposition wurden mit starker Mehrheit' verworfen
und eine von der Regierung acceptirte Tagesordnung angenommen. Zuvor
noch hatte die Hinrichtung der beiden politischen Verbrecher in Rom. Monti
und Tognetti, eine kleine politische Episode veranlaßt. Als aber trotz der
hierdurch veranlaßten Aufregung der Antrag der Linken, die Zahlung der
päpstlichen Schuld zu suspendiren, am 21. December nach lebhafter Debatte
verworfen wurde, schien das Ministerium fester denn je zu stehen, und das
Jahr 1868 schloß mit den günstigsten Aussichten für die Zukunft.
Um so schlimmer ließ sich gleich der Anfang des neuen Jahres an. Der
1. Januar war der Tag der Einführung der Mahlsteuer. Zum Unglück
waren an diesem Termin die mechanischen Zähler, die zu diesem Zweck in
den Mühlen anzubringen waren, noch nicht fertig geworden. Und doch
wollte der Minister die Erhebung einer Steuer nicht hinausschieben, die mit
ihrem muthmaßlichen Ertrag von 70—80 Mill. einen wesentlichen Theil
seines Finanzplans bildete. Man half sich mit provisorischen Anordnungen,
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