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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.

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Domitius, die beiden plebejischen Candidaten, schienen die Oberhand zu haben.
So urtheilten wenigstens die bei der Wahl nächst den Petenten am meisten
interessierten Personen, die beiden Consuln Appius Claudius und Domitius
Ahenobarbus. Sie entschieden sich 'für die eben Genannten und erklärten
sich zu weiteren Verhandlungen mit ihnen bereit. Die Zusammenstellung
mit dem plebejischen Candidaten war für Menenius nicht günstig, aber er
fügte sich den Consuln und unterschrieb vor Zeugen zugleich mit Domitius
Calvinus eine Urkunde, welche festsetzte: "daß sie Appius und Domitius Ah.
für die Summe von vier Millionen Gulden haften wollten, wenn sie nicht
als Consuln durch Stellung von drei Augurn und zwei Consularen ein
Curiengesetz und einen Senatsbeschluß über die den gegenwärtigen Consuln
zuerkannten Provinzen mit Zubehör erhärteten." Scaurus und Messala
gaben jede Hoffnung auf, Menenius und Domitius würden ohne Zweifel
gewählt sein, wenn die Comitien im Juli oder Anfang August abgehalten
wären. Aber das wußte Pompejus, dem Menenius die Übereinkunft mit
den Consuln mitgetheilt hatte, zu vereiteln. Die Comitien wurden bald
unter diesem, bald unter jenem Vorwand aufgeschoben. Pompejus klagte
über Benachtheiligung seines Schützlings, seine Anhänger beschwerten sich
laut im Senate über das offenkundige Unwesen des Stimmkaufs. Mit An¬
fang September änderte sich die Lage insofern, als Scaurus frei gesprochen
wurde und Menenius sich auch Anderen gegenüber offen über das Abkommen
mit den Consuln aussprach. Er that es, wie von Cicero versichert wird,
auf Anstiften des Pompejus, der jetzt nach Scaurus Freisprechung die beiden
Consuln als ungeeignete Wcchlcommissäre darstellen und damit die ganze
Wahl vereiteln wollte. Wahrscheinlich hatte er Menenius in seine Pläne
eingeweiht und diesem seinen gewichtigen Beistand als Dictator zugesagt.
Jetzt wurden die Pläne des Pompejus auch den entfernt Stehenden offenbar,
Cäsar hielt es nicht für geboten, die Sonderinteresfen des Triumvir zu
fördern, und die wie mit einem Schlage neubelebte Senatspartei strengte
alle Kräfte an, die drohende Dictatur zu vermeiden. Laut rief man von
allen Seiten nach Abhaltung der Comitien. Vergebens. Pompejus und der
nun ganz von ihm gewonnene Menenius vereitelten die Anstrengungen des
Senats. Der Tribun Scävola that Einspruch gegen jeden auf die Wahl
bezüglichen Erlaß der Consuln, und andere im Dienst des Pompejus geschäftige
Redner meldeten Klagen an: Q. Pompejus Rufus gegen Mäcenas, Tria-
rius gegen Scaurus, G. Menenius V. Trib. gegen Domitius, zuletzt auch
Q. Curtius gegen Menenius. Zu Anfang November ging Menenius noch
einen Schritt weiter und legte den mit den Consuln abgeschlossenen Vertrag
ohne Wissen und Willen des Mitcontrcchenten Domitius und der Consuln
im versammelten Senat vor. Das war Allen zu arg! Wenn solch ein Ver"


Domitius, die beiden plebejischen Candidaten, schienen die Oberhand zu haben.
So urtheilten wenigstens die bei der Wahl nächst den Petenten am meisten
interessierten Personen, die beiden Consuln Appius Claudius und Domitius
Ahenobarbus. Sie entschieden sich 'für die eben Genannten und erklärten
sich zu weiteren Verhandlungen mit ihnen bereit. Die Zusammenstellung
mit dem plebejischen Candidaten war für Menenius nicht günstig, aber er
fügte sich den Consuln und unterschrieb vor Zeugen zugleich mit Domitius
Calvinus eine Urkunde, welche festsetzte: „daß sie Appius und Domitius Ah.
für die Summe von vier Millionen Gulden haften wollten, wenn sie nicht
als Consuln durch Stellung von drei Augurn und zwei Consularen ein
Curiengesetz und einen Senatsbeschluß über die den gegenwärtigen Consuln
zuerkannten Provinzen mit Zubehör erhärteten." Scaurus und Messala
gaben jede Hoffnung auf, Menenius und Domitius würden ohne Zweifel
gewählt sein, wenn die Comitien im Juli oder Anfang August abgehalten
wären. Aber das wußte Pompejus, dem Menenius die Übereinkunft mit
den Consuln mitgetheilt hatte, zu vereiteln. Die Comitien wurden bald
unter diesem, bald unter jenem Vorwand aufgeschoben. Pompejus klagte
über Benachtheiligung seines Schützlings, seine Anhänger beschwerten sich
laut im Senate über das offenkundige Unwesen des Stimmkaufs. Mit An¬
fang September änderte sich die Lage insofern, als Scaurus frei gesprochen
wurde und Menenius sich auch Anderen gegenüber offen über das Abkommen
mit den Consuln aussprach. Er that es, wie von Cicero versichert wird,
auf Anstiften des Pompejus, der jetzt nach Scaurus Freisprechung die beiden
Consuln als ungeeignete Wcchlcommissäre darstellen und damit die ganze
Wahl vereiteln wollte. Wahrscheinlich hatte er Menenius in seine Pläne
eingeweiht und diesem seinen gewichtigen Beistand als Dictator zugesagt.
Jetzt wurden die Pläne des Pompejus auch den entfernt Stehenden offenbar,
Cäsar hielt es nicht für geboten, die Sonderinteresfen des Triumvir zu
fördern, und die wie mit einem Schlage neubelebte Senatspartei strengte
alle Kräfte an, die drohende Dictatur zu vermeiden. Laut rief man von
allen Seiten nach Abhaltung der Comitien. Vergebens. Pompejus und der
nun ganz von ihm gewonnene Menenius vereitelten die Anstrengungen des
Senats. Der Tribun Scävola that Einspruch gegen jeden auf die Wahl
bezüglichen Erlaß der Consuln, und andere im Dienst des Pompejus geschäftige
Redner meldeten Klagen an: Q. Pompejus Rufus gegen Mäcenas, Tria-
rius gegen Scaurus, G. Menenius V. Trib. gegen Domitius, zuletzt auch
Q. Curtius gegen Menenius. Zu Anfang November ging Menenius noch
einen Schritt weiter und legte den mit den Consuln abgeschlossenen Vertrag
ohne Wissen und Willen des Mitcontrcchenten Domitius und der Consuln
im versammelten Senat vor. Das war Allen zu arg! Wenn solch ein Ver«


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[0149] Domitius, die beiden plebejischen Candidaten, schienen die Oberhand zu haben. So urtheilten wenigstens die bei der Wahl nächst den Petenten am meisten interessierten Personen, die beiden Consuln Appius Claudius und Domitius Ahenobarbus. Sie entschieden sich 'für die eben Genannten und erklärten sich zu weiteren Verhandlungen mit ihnen bereit. Die Zusammenstellung mit dem plebejischen Candidaten war für Menenius nicht günstig, aber er fügte sich den Consuln und unterschrieb vor Zeugen zugleich mit Domitius Calvinus eine Urkunde, welche festsetzte: „daß sie Appius und Domitius Ah. für die Summe von vier Millionen Gulden haften wollten, wenn sie nicht als Consuln durch Stellung von drei Augurn und zwei Consularen ein Curiengesetz und einen Senatsbeschluß über die den gegenwärtigen Consuln zuerkannten Provinzen mit Zubehör erhärteten." Scaurus und Messala gaben jede Hoffnung auf, Menenius und Domitius würden ohne Zweifel gewählt sein, wenn die Comitien im Juli oder Anfang August abgehalten wären. Aber das wußte Pompejus, dem Menenius die Übereinkunft mit den Consuln mitgetheilt hatte, zu vereiteln. Die Comitien wurden bald unter diesem, bald unter jenem Vorwand aufgeschoben. Pompejus klagte über Benachtheiligung seines Schützlings, seine Anhänger beschwerten sich laut im Senate über das offenkundige Unwesen des Stimmkaufs. Mit An¬ fang September änderte sich die Lage insofern, als Scaurus frei gesprochen wurde und Menenius sich auch Anderen gegenüber offen über das Abkommen mit den Consuln aussprach. Er that es, wie von Cicero versichert wird, auf Anstiften des Pompejus, der jetzt nach Scaurus Freisprechung die beiden Consuln als ungeeignete Wcchlcommissäre darstellen und damit die ganze Wahl vereiteln wollte. Wahrscheinlich hatte er Menenius in seine Pläne eingeweiht und diesem seinen gewichtigen Beistand als Dictator zugesagt. Jetzt wurden die Pläne des Pompejus auch den entfernt Stehenden offenbar, Cäsar hielt es nicht für geboten, die Sonderinteresfen des Triumvir zu fördern, und die wie mit einem Schlage neubelebte Senatspartei strengte alle Kräfte an, die drohende Dictatur zu vermeiden. Laut rief man von allen Seiten nach Abhaltung der Comitien. Vergebens. Pompejus und der nun ganz von ihm gewonnene Menenius vereitelten die Anstrengungen des Senats. Der Tribun Scävola that Einspruch gegen jeden auf die Wahl bezüglichen Erlaß der Consuln, und andere im Dienst des Pompejus geschäftige Redner meldeten Klagen an: Q. Pompejus Rufus gegen Mäcenas, Tria- rius gegen Scaurus, G. Menenius V. Trib. gegen Domitius, zuletzt auch Q. Curtius gegen Menenius. Zu Anfang November ging Menenius noch einen Schritt weiter und legte den mit den Consuln abgeschlossenen Vertrag ohne Wissen und Willen des Mitcontrcchenten Domitius und der Consuln im versammelten Senat vor. Das war Allen zu arg! Wenn solch ein Ver«

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121754/149>, abgerufen am 22.07.2024.