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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band.

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daß die projectirten Werke in irgend einer Hinsicht fehlerhaft seien und mehr
kosten würden, als der Anschlag festsetzt, und durch die Aussage von Tara-,
loren und anderen mit den zu expropriirenden Ländereien bekannten Per¬
sonen darzuthun, daß die im Anschlag sür die Expropriation ausgeworfene
Summe nicht hoch genug sei. Wenn die KskörsW berichten, daß der An¬
schlag ungenügend oder das Project in technischer Beziehung nicht wohl
ausführbar sei, so sällt die Bill, es sei denn, daß das Haus für den besonderen
Fall einen entgegengesetzten Beschluß faßt. Wenn jenem ihren Gunsten berichten,
so geht sie mit Bericht an eine Specialcommission, und der eigentliche Kampf
beginnt. Wenn Petenten und Opponenten einig sind, können die Köterees den
ganzen Inhalt der Bill prüfen; das ist aber selten der Fall. -- Die Special¬
commission besteht aus vier, weder persönlich noch örtlich durch ihre Wähler
interessirten Mitgliedern des Hauses. Der Vorsitzende derselben hat eine
Stimme als Mitglied und "is Vorsitzender eine verwerfende Stimme. Er
wird gewählt durch den ständigen Ausschuß für Eisenbahn - und Canalvor-
lagen, bestehend aus den in Eisenbahnangelegenheiten kundigsten Männern
des Hauses aus deren eigener Mitte; die drei anderen Mitglieder werden aus
dem Gremium des Hauses erwählt und Jeder, der nicht Befreiung bean¬
spruchen kann, weil er über 60 Jahre alt oder zur Regierung gehört, ist
verpflichtet, die Wahl anzunehmen. Diese Pflicht ist keine leichte. Jeder
Commission wird eine Gruppe von Vorlagen übergeben, welche zwei oder
drei concurrirende Projecte umfaßt, und ihre Arbeiten nehmen bisweilen zwei
oder drei Monate Zeit in Anspruch. Sie arbeiten von 11 Uhr Morgens bis
4 Uhr Nachmittags, um 4 Uhr beginnen die Plenarsitzungen, und so hat
ein Commissionsmitglied oft 14 Arbeitsstunden täglich, ohne eine Geldent¬
schädigung dafür zu bekommen. Der Bericht der Reksreos ist endgültig, so
weit das Technische und der Anschlag dabei in Betracht kommen, und da¬
durch ist die Commission einer Arbeit ledig geworden, welche viel Zeit in
Anspruch zu nehmen pflegte. Hinsichtlich verschiedener Concurrenzprojeete,
besteht ihre Aufgabe darin, zu entscheiden, welches dem Publicum die beste
Verkehrserleichterung gewährt, in der Gegend, deren Interessen es dienen
soll, die meiste Unterstützung gefunden hat. Eigenthumsinteressen am wenig,
sten verletzt und am sparsamsten ausgeführt werden kann. Hinsichtlich des
Verhältnisses zwischen Petenten und opponirenden Eigenthümern hat die
Commission zu entscheiden, ob ein öffentlicher Nutzen nachgewiesen ist. welcher
groß genug scheint, um die Benachtheiligung derjenigen zu rechtfertigen,
deren Eigenthum ganz oder theilweise erpropriirt werden soll, und ob der
zu erwartende Nachtheil der Artist, daß eine Geldentschädigung, wie sie auf
dem Wege eines Entschädigungsprocesses zugebilligt wird, als genügend an¬
gesehen werden kann. Von jeder Partei werden Advocaten hinzugezogen-


daß die projectirten Werke in irgend einer Hinsicht fehlerhaft seien und mehr
kosten würden, als der Anschlag festsetzt, und durch die Aussage von Tara-,
loren und anderen mit den zu expropriirenden Ländereien bekannten Per¬
sonen darzuthun, daß die im Anschlag sür die Expropriation ausgeworfene
Summe nicht hoch genug sei. Wenn die KskörsW berichten, daß der An¬
schlag ungenügend oder das Project in technischer Beziehung nicht wohl
ausführbar sei, so sällt die Bill, es sei denn, daß das Haus für den besonderen
Fall einen entgegengesetzten Beschluß faßt. Wenn jenem ihren Gunsten berichten,
so geht sie mit Bericht an eine Specialcommission, und der eigentliche Kampf
beginnt. Wenn Petenten und Opponenten einig sind, können die Köterees den
ganzen Inhalt der Bill prüfen; das ist aber selten der Fall. — Die Special¬
commission besteht aus vier, weder persönlich noch örtlich durch ihre Wähler
interessirten Mitgliedern des Hauses. Der Vorsitzende derselben hat eine
Stimme als Mitglied und «is Vorsitzender eine verwerfende Stimme. Er
wird gewählt durch den ständigen Ausschuß für Eisenbahn - und Canalvor-
lagen, bestehend aus den in Eisenbahnangelegenheiten kundigsten Männern
des Hauses aus deren eigener Mitte; die drei anderen Mitglieder werden aus
dem Gremium des Hauses erwählt und Jeder, der nicht Befreiung bean¬
spruchen kann, weil er über 60 Jahre alt oder zur Regierung gehört, ist
verpflichtet, die Wahl anzunehmen. Diese Pflicht ist keine leichte. Jeder
Commission wird eine Gruppe von Vorlagen übergeben, welche zwei oder
drei concurrirende Projecte umfaßt, und ihre Arbeiten nehmen bisweilen zwei
oder drei Monate Zeit in Anspruch. Sie arbeiten von 11 Uhr Morgens bis
4 Uhr Nachmittags, um 4 Uhr beginnen die Plenarsitzungen, und so hat
ein Commissionsmitglied oft 14 Arbeitsstunden täglich, ohne eine Geldent¬
schädigung dafür zu bekommen. Der Bericht der Reksreos ist endgültig, so
weit das Technische und der Anschlag dabei in Betracht kommen, und da¬
durch ist die Commission einer Arbeit ledig geworden, welche viel Zeit in
Anspruch zu nehmen pflegte. Hinsichtlich verschiedener Concurrenzprojeete,
besteht ihre Aufgabe darin, zu entscheiden, welches dem Publicum die beste
Verkehrserleichterung gewährt, in der Gegend, deren Interessen es dienen
soll, die meiste Unterstützung gefunden hat. Eigenthumsinteressen am wenig,
sten verletzt und am sparsamsten ausgeführt werden kann. Hinsichtlich des
Verhältnisses zwischen Petenten und opponirenden Eigenthümern hat die
Commission zu entscheiden, ob ein öffentlicher Nutzen nachgewiesen ist. welcher
groß genug scheint, um die Benachtheiligung derjenigen zu rechtfertigen,
deren Eigenthum ganz oder theilweise erpropriirt werden soll, und ob der
zu erwartende Nachtheil der Artist, daß eine Geldentschädigung, wie sie auf
dem Wege eines Entschädigungsprocesses zugebilligt wird, als genügend an¬
gesehen werden kann. Von jeder Partei werden Advocaten hinzugezogen-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220/42>, abgerufen am 24.08.2024.