Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band.Worms" in Dresden zurückbleibt, gehört auch er zu den Namen, ohne die Die einzige in diese stilistische Rubrik gehörige Arbeit von De^acroix, Die neuerdings in Frankreich ebenso wie in der italienischen Verfallzeit Grmzboten III. 18K9. 47
Worms" in Dresden zurückbleibt, gehört auch er zu den Namen, ohne die Die einzige in diese stilistische Rubrik gehörige Arbeit von De^acroix, Die neuerdings in Frankreich ebenso wie in der italienischen Verfallzeit Grmzboten III. 18K9. 47
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Worms" in Dresden zurückbleibt, gehört auch er zu den Namen, ohne die
ein Urtheil über die neue deutsche Kunst unmöglich ist.
Die einzige in diese stilistische Rubrik gehörige Arbeit von De^acroix,
eine monochrome Skizze „Numa und Egeria", wäre besser zu Hause geblieben,
sie kann die Meinung des Publikums nur irre führen. Aber sie leitet uns
in ihrer Art zu der oben angedeuteten Mittelgattung, — wir würden sagen
Zwittergattung, wenn es hier nicht gerade auf das Sexuelle ankäme — in
welcher die Production der Franzosen wieder ihre Stärke gewinnt. Es ist
leider bezeichnend für den modernen Geschmack, daß er geneigt ist, den nackten
männlichen Körper der Kunst zu verbieten, (denn darauf läuft praktisch
genommen die Ablehnung des Mythologischen hinaus), während er sich sofort
bereit findet, die Darstellung des weiblichen sich gefallen zu lassen und mit
allerhand mythologischen Bezeichnungen zu legitimiren. Neuerdings wird frei¬
lich auch darauf verzichtet: die Namen Venus, Danae :c. sind eigentlich alt¬
modische Concessionen; in ihrer Isolirtheit läßt man die Damen sich selber
dem Publikum vorstellen. Und das ist nicht bedeutungslos. Keine Frage,
es ist hier mancher schön gemalte Act zu nennen, und so wenig es auch nöthig
scheint, die Nuancen der Sinnlichkeit in der Carnation zu classificiren, die
durch Riesener, Courbet, Ulmann u. A. vertreten werden, sie sind ohne
Frage sowol im Technischen wie auch in der Unbefangenheit der Auffassung
des distinguirten weiblichen Körpers künstlerisch weit genießbarer als ihre
deutschen Rivalinnen, an denen entweder academische Kälte, wie bei Felix,
oder widerwärtiges Raffinement, wie bei A. Keller und Fux abstößt, deren
Colorit bei aller Verschiedenheit mehr nur das Obscöne klar, aber kein Lllai»
odseui-ö zeigt. Was die pariser Frauenmaler betrifft, so berufen sie sich zwar
auf den Vorgang des Renaissance-Zeitalters, indem sie die Königinnen ihrer
Salons auf diese indiscrete Weise feiern, aber gerade den Reiz der Indi¬
vidualität lassen sie gänzlich vermissen, womit die alten Italiener ihre nackten
Frauenbilder zugleich verfeinern und verklären. Bei jenen Französinnen ist
das Kleid im besten Falle immer die nothwendige Concession an die Sitte, bei
den Italienerinnen nur eine freie Form der Auseinandersetzung mit dem Klima.
Die neuerdings in Frankreich ebenso wie in der italienischen Verfallzeit
gepflegte Schwester der lüsternen, die grausame Muse, die Furie des Cirkus,
hat unter den anwesenden Franzosen keinen Priester; leider droht sie jetzt
importirt zu werden. Wenn Herr Lossow die Vorrede zu Heines Buch der
Lieder in der Weise illustrirt, daß er den Jüngling im Mondenschein von
der Sphinx zerfleischen läßt, so hat das trotz des menschlich und ästhetisch
bedauerlichen Vorfalls bei der Aermlichkeit der Leistung nicht viel auf sich.
Vor nicht langer Zeit aber excellirte Herr Max, ebenfalls in München, mit
offenbarem Talent im höheren Martyriensache. Jetzt gibt er uns zwei Dar-
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