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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band.

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z. B. dem Jahre von Magenta und Solferino unterschieden, daß die Armeen
eine sichere, correcte, kriegstüchtige Führung und Haltung erweisen und keines¬
wegs den Eindruck manövrirender Neulinge machen. Dieses Lob darf auch
den Sachsen nicht vorenthalten werden. Und die Schlacht von Königgrcitz
ist militairisch betrachtet eine der regelmäßigsten Kriegsoperationen aller Zeiten,
in modernem Sinne eine rangirte Schlacht von größter Planmäßigkeit in
der Anlage und Energie in der Ausführung und darin vielleicht jeder andern
Schlacht dieses Jahrhunderts überlegen, mit Ausnahme von Belle Alliance.
Aber was in den Leistungen unvollkommen war, darf bei aller Achtung und
Bewunderung nicht verschwiegen werden, denn dadurch, daß man scharf auf
das nicht erreichte Wünschenswerthe hinweist, wird die Wahrscheinlichkeit
vergrößert, daß ein künftiger Krieg die Mängel des früheren vermeidet. Und
daß ein neuer Kampf das sächsische Corps als fest eingefügten Hecrestheil
einer großen deutschen Armee in treuer Waffenbrüderschaft mit den Nachbarn
finden wird, das ist diejenige Folge des Feldzugs von 1866, welche uns über
die Schrecken des Bruderkrieges zwischen Sachsen und Sachsen, zwischen
Sachsen und Preußen heraushebt.


?


Gewerbliche HilssKassen.

Der Entwurf zur Gewerbeordnung für den norddeutschen Bund enthielt
in seinem Titel VIII ausführliche Bestimmungen über gewerbliche Hilfskassen
für unselbständige Arbeiter. Der Reichstag glaubte die Schwierigkeiten, welche
die Berathung des ganzen Werkes nach seinem vielseitigen Inhalte fand,
dadurch vermindern zu müssen, daß er diese Materie aus dem Entwürfe aus¬
schied, aber zugleich den Bundeskanzler aufforderte, der nächsten Session ein
Gesetz vorzulegen, welches Normativbedingungen für Errichtung von Kranken-
Hilfs - und Sterbelassen für Gesellen, Gehilfen und Fabrikarbeiter anordnete
und die Beitrags- und Beitrittspflicht der unselbständigen Arbeitnehmer, sowie
die Pflichten der Arbeitgeber regeln soll. Der Bundesrath wird sich dem¬
nächst bei seinem Wiederzusammentritt mit der Berathung eines Gesetz-Ent¬
wurfs für solche Kassen beschäftigen; es ist darum wünschenswert!) die öffent¬
liche Aufmerksamkeit auf diesen eben so wichtigen als schwierigen Gegenstand
zu lenken. Die Kernfrage ist: welche gesetzliche Dispositionen getroffen werden
müssen, um die betreffenden Kassen in leistungsfähigen Zustand zu versetzen
und in demselben zu erhalten? Drei Ansichten stehen sich hier gegenüber.


Vrenzboten III. 1869. Zy

z. B. dem Jahre von Magenta und Solferino unterschieden, daß die Armeen
eine sichere, correcte, kriegstüchtige Führung und Haltung erweisen und keines¬
wegs den Eindruck manövrirender Neulinge machen. Dieses Lob darf auch
den Sachsen nicht vorenthalten werden. Und die Schlacht von Königgrcitz
ist militairisch betrachtet eine der regelmäßigsten Kriegsoperationen aller Zeiten,
in modernem Sinne eine rangirte Schlacht von größter Planmäßigkeit in
der Anlage und Energie in der Ausführung und darin vielleicht jeder andern
Schlacht dieses Jahrhunderts überlegen, mit Ausnahme von Belle Alliance.
Aber was in den Leistungen unvollkommen war, darf bei aller Achtung und
Bewunderung nicht verschwiegen werden, denn dadurch, daß man scharf auf
das nicht erreichte Wünschenswerthe hinweist, wird die Wahrscheinlichkeit
vergrößert, daß ein künftiger Krieg die Mängel des früheren vermeidet. Und
daß ein neuer Kampf das sächsische Corps als fest eingefügten Hecrestheil
einer großen deutschen Armee in treuer Waffenbrüderschaft mit den Nachbarn
finden wird, das ist diejenige Folge des Feldzugs von 1866, welche uns über
die Schrecken des Bruderkrieges zwischen Sachsen und Sachsen, zwischen
Sachsen und Preußen heraushebt.


?


Gewerbliche HilssKassen.

Der Entwurf zur Gewerbeordnung für den norddeutschen Bund enthielt
in seinem Titel VIII ausführliche Bestimmungen über gewerbliche Hilfskassen
für unselbständige Arbeiter. Der Reichstag glaubte die Schwierigkeiten, welche
die Berathung des ganzen Werkes nach seinem vielseitigen Inhalte fand,
dadurch vermindern zu müssen, daß er diese Materie aus dem Entwürfe aus¬
schied, aber zugleich den Bundeskanzler aufforderte, der nächsten Session ein
Gesetz vorzulegen, welches Normativbedingungen für Errichtung von Kranken-
Hilfs - und Sterbelassen für Gesellen, Gehilfen und Fabrikarbeiter anordnete
und die Beitrags- und Beitrittspflicht der unselbständigen Arbeitnehmer, sowie
die Pflichten der Arbeitgeber regeln soll. Der Bundesrath wird sich dem¬
nächst bei seinem Wiederzusammentritt mit der Berathung eines Gesetz-Ent¬
wurfs für solche Kassen beschäftigen; es ist darum wünschenswert!) die öffent¬
liche Aufmerksamkeit auf diesen eben so wichtigen als schwierigen Gegenstand
zu lenken. Die Kernfrage ist: welche gesetzliche Dispositionen getroffen werden
müssen, um die betreffenden Kassen in leistungsfähigen Zustand zu versetzen
und in demselben zu erhalten? Drei Ansichten stehen sich hier gegenüber.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220/241>, abgerufen am 22.07.2024.