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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band.

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gesetzt worden, und wie die Provinz dem Vorbilde der Hauptstadt gefolgt ist, so
hat sie dadurch auch wiederum das Vorgehen dieser gut geheißen; so deckt und
ergänzt sich das Verhalten beider und grade dadurch fühlt sich die nationale
Partei mit Recht mächtig gehoben, daß überall, wohin der König seinen
Fuß gesetzt hat, nur sie das Feld behalten hat. die antinationalen Tendenzen
nicht einmal einen Versuch gewagt haben, sich geltend zu machen.

In der Provinz Bremen und Verden, in Ostfriesland, Osnabrück und
dem Arensbergschen ist der König fast noch herzlicher und jubelnder auf¬
genommen, als in Hannover selbst und es hat sich hier namentlich auch die
Landbevölkerung in hervorragender Weise bei dem Empfange betheiligt. Auch
daS ist für unsere Welfomanen eine heilsame Lehre und wird sie hoffentlich
davon überzeugen, daß das herrschende Gefühl in diesen Theilen Hannovers
die Befriedigung über die restitutio in mwZrum ist und daß von einer Ge¬
wöhnung an die "neuen Verhältnisse" nicht die Rede zu sein brauchte. ,

Zu constatiren ist allerdings noch, daß nicht allein in Hannover selbst,
sondern auch in der Provinz der Adel sich durchweg von dem Empfange des
Königs zurückgehalten hat. "

Aufrichtig gesagt, bedauern wir das nicht; denn, hätten die Betheiligten
sich auch nur in Erfüllung einer einfachen Höflichkeitspflicht dem Könige
vorstellen zu müssen geglaubt, wir sind überzeugt, des Königs Persönlichkeit
und das süße, bestrickende, so lang und schmerzlich entbehrte Parfum der
Hofluft hätte gar Manchen rasch bekehrt. Was von diesen Bekehrungen zu
erwarten gewesen wäre, braucht der nationalen Partei nicht erst gesagt zu
werden; diese kann vor der Hand damit zufrieden sein, daß die auf ihren
Gütern grollenden Ritter sich selbst unschädlich gemacht haben.

Gerade, daß bisher eigentlich nur die in jeder Richtung unabhängigen
Leute, der eigentliche Kern der Bevölkerung, die Träger der nationalen Idee
in der Stadt Hannover waren, während das leicht bestimmbare Proletariat
völlig in den Händen der Welfenagitatoren sich befand, -- das gibt der Feier
ihre specifische Bedeutung, ihren Werth, denn auch die böswilligste Ver¬
leumdung kann hier nicht davon reden, daß polizeiliche Einwirkung den Jubel
des Volks hervorgerufen habe. Von den Besten der Bürger ging die Feier
aus und hingerissen von der siegreichen Macht der in de°r Gestalt des Königs
verkörperten nationalen Idee betheiligten sich an ihr die Anfangs wider¬
strebenden Classen des Volks.




gesetzt worden, und wie die Provinz dem Vorbilde der Hauptstadt gefolgt ist, so
hat sie dadurch auch wiederum das Vorgehen dieser gut geheißen; so deckt und
ergänzt sich das Verhalten beider und grade dadurch fühlt sich die nationale
Partei mit Recht mächtig gehoben, daß überall, wohin der König seinen
Fuß gesetzt hat, nur sie das Feld behalten hat. die antinationalen Tendenzen
nicht einmal einen Versuch gewagt haben, sich geltend zu machen.

In der Provinz Bremen und Verden, in Ostfriesland, Osnabrück und
dem Arensbergschen ist der König fast noch herzlicher und jubelnder auf¬
genommen, als in Hannover selbst und es hat sich hier namentlich auch die
Landbevölkerung in hervorragender Weise bei dem Empfange betheiligt. Auch
daS ist für unsere Welfomanen eine heilsame Lehre und wird sie hoffentlich
davon überzeugen, daß das herrschende Gefühl in diesen Theilen Hannovers
die Befriedigung über die restitutio in mwZrum ist und daß von einer Ge¬
wöhnung an die „neuen Verhältnisse" nicht die Rede zu sein brauchte. ,

Zu constatiren ist allerdings noch, daß nicht allein in Hannover selbst,
sondern auch in der Provinz der Adel sich durchweg von dem Empfange des
Königs zurückgehalten hat. »

Aufrichtig gesagt, bedauern wir das nicht; denn, hätten die Betheiligten
sich auch nur in Erfüllung einer einfachen Höflichkeitspflicht dem Könige
vorstellen zu müssen geglaubt, wir sind überzeugt, des Königs Persönlichkeit
und das süße, bestrickende, so lang und schmerzlich entbehrte Parfum der
Hofluft hätte gar Manchen rasch bekehrt. Was von diesen Bekehrungen zu
erwarten gewesen wäre, braucht der nationalen Partei nicht erst gesagt zu
werden; diese kann vor der Hand damit zufrieden sein, daß die auf ihren
Gütern grollenden Ritter sich selbst unschädlich gemacht haben.

Gerade, daß bisher eigentlich nur die in jeder Richtung unabhängigen
Leute, der eigentliche Kern der Bevölkerung, die Träger der nationalen Idee
in der Stadt Hannover waren, während das leicht bestimmbare Proletariat
völlig in den Händen der Welfenagitatoren sich befand, — das gibt der Feier
ihre specifische Bedeutung, ihren Werth, denn auch die böswilligste Ver¬
leumdung kann hier nicht davon reden, daß polizeiliche Einwirkung den Jubel
des Volks hervorgerufen habe. Von den Besten der Bürger ging die Feier
aus und hingerissen von der siegreichen Macht der in de°r Gestalt des Königs
verkörperten nationalen Idee betheiligten sich an ihr die Anfangs wider¬
strebenden Classen des Volks.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_121220/23>, abgerufen am 22.07.2024.