Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. I. Band.namentlich bei allen derartigen Versuchen eine erstaunliche UnVerhältniß- Uns liegt ein in umfassenden Maaßstabe angelegter Versuch vor, die Die "Grundsteine einer Allgemeinen Culturgeschichte der Neuesten Zeit", Von seinem früheren Werke meint der Verfasser die "Aufgabe" sei ge¬ namentlich bei allen derartigen Versuchen eine erstaunliche UnVerhältniß- Uns liegt ein in umfassenden Maaßstabe angelegter Versuch vor, die Die „Grundsteine einer Allgemeinen Culturgeschichte der Neuesten Zeit", Von seinem früheren Werke meint der Verfasser die „Aufgabe" sei ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0222" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/121443"/> <p xml:id="ID_742" prev="#ID_741"> namentlich bei allen derartigen Versuchen eine erstaunliche UnVerhältniß-<lb/> Mäßigkeit der .Behandlung der einzelnen Culturgebiete in die Augen fällt,<lb/> daß Zufall. Neigung und subjective Willkür in den meisten Fällen aufs<lb/> Gerathewohl den Plan solcher Werke entstehen ließen. Man verfuhr eben<lb/> durchaus dilettantisch.</p><lb/> <p xml:id="ID_743"> Uns liegt ein in umfassenden Maaßstabe angelegter Versuch vor, die<lb/> Geschichte der letzten Jahrzehnte culturhistorisch zu behandeln. Vor nicht<lb/> langer Zeit erschien der erste Band von I, I. Honegger's Werk „Grund¬<lb/> steine einer Allgemeinen Culturgeschichte der Neuesten Zeit." (Leipzig, Ver¬<lb/> lagsbuchhandlung von I. I. Weber, 1868. XII. u. 416 Seiten.) Bereits<lb/> vor drei Jahren erschien gleichsam als Vorläufer des vorliegenden Werkes<lb/> ein Buch von demselben Verfasser „Literatur und Cultur des neunzehnten<lb/> Jahrhunderts." Ueber dieses letztere spricht der Verfasser selbstgefällig aus. es<lb/> sei „ein kühner Wurf" gewesen, den er gewagt habe „als der Erste, der den<lb/> Versuch machte, in wenigen, scharfen Strichen die culturgeschichtliche Ent¬<lb/> wickelung unsers Jahrhunderts dialektisch zu entwerfen/' „Die Aufgabe scheint<lb/> gelungen", sagt Hvnegger, wobei er wahrscheinlich nicht die Aufgabe, sondern<lb/> die Lösung der Aufgabe meint. Er stattet der Kritik seinen Dank ab, weil<lb/> sie seiner „ausgeprägt individuellen Auffassung und charakteristisch subjectiven<lb/> Darstellungsweise alle Berechtigung zugestanden habe." Letzteren Act des<lb/> Zugestehens der Berechtigung bezeichnet der Verfasser etwas wunderlich als<lb/> „zwei Eigenschaften, welche der Literatur unserer Tage so ziemlich abhanden<lb/> gekommen sind."</p><lb/> <p xml:id="ID_744"> Die „Grundsteine einer Allgemeinen Culturgeschichte der Neuesten Zeit",<lb/> ein Werk, „das sich vorsetzt, die Fundamentalpunkte des culturgeschichtlichen<lb/> Ganzen in unserem Jahrhundert herauszuheben", sollen in fünf Bänden er¬<lb/> scheinen: 1) Das erste Kaiserreich, 2) Erste Abtheilung. Die Restauration in<lb/> ihrem politischen Schwanken. Zweite Abtheilung. Die Restauration auf ihrer<lb/> reactionairen Höhe; 3) und 4) das Julikönigthum und die Bourgeoisie; 3)<lb/> Dialektischer Abriß über den gesammten Culturgang unseres Jahrhunderts und<lb/> seine Endresultate.</p><lb/> <p xml:id="ID_745" next="#ID_746"> Von seinem früheren Werke meint der Verfasser die „Aufgabe" sei ge¬<lb/> lungen, ohne von der Lösung der Aufgabe zu reden. Sein zweites Werk<lb/> bezeichnen wir als nicht gelungen, weil er an die Lösung einer Aufgabe ge¬<lb/> gangen ist, ohne sich das Wesen dieser Aufgabe deutlich vergegenwärtigt zu<lb/> haben. Sein Buch tritt mit dem Anspruch auf, Bahn zu brechen für die<lb/> culturgeschichtliche Behandlung der letzten Jahrzehnte; es will den Weg<lb/> zeigen, auf welchem fortgeschritten werden soll; es sollen Grundsteine, d. h.<lb/> eine solide Basis geliesert werden, auf welcher etwa späterkommende weiter¬<lb/> bauen können. Der Verfasser hält sich für einen Pionier auf einem bisher</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0222]
namentlich bei allen derartigen Versuchen eine erstaunliche UnVerhältniß-
Mäßigkeit der .Behandlung der einzelnen Culturgebiete in die Augen fällt,
daß Zufall. Neigung und subjective Willkür in den meisten Fällen aufs
Gerathewohl den Plan solcher Werke entstehen ließen. Man verfuhr eben
durchaus dilettantisch.
Uns liegt ein in umfassenden Maaßstabe angelegter Versuch vor, die
Geschichte der letzten Jahrzehnte culturhistorisch zu behandeln. Vor nicht
langer Zeit erschien der erste Band von I, I. Honegger's Werk „Grund¬
steine einer Allgemeinen Culturgeschichte der Neuesten Zeit." (Leipzig, Ver¬
lagsbuchhandlung von I. I. Weber, 1868. XII. u. 416 Seiten.) Bereits
vor drei Jahren erschien gleichsam als Vorläufer des vorliegenden Werkes
ein Buch von demselben Verfasser „Literatur und Cultur des neunzehnten
Jahrhunderts." Ueber dieses letztere spricht der Verfasser selbstgefällig aus. es
sei „ein kühner Wurf" gewesen, den er gewagt habe „als der Erste, der den
Versuch machte, in wenigen, scharfen Strichen die culturgeschichtliche Ent¬
wickelung unsers Jahrhunderts dialektisch zu entwerfen/' „Die Aufgabe scheint
gelungen", sagt Hvnegger, wobei er wahrscheinlich nicht die Aufgabe, sondern
die Lösung der Aufgabe meint. Er stattet der Kritik seinen Dank ab, weil
sie seiner „ausgeprägt individuellen Auffassung und charakteristisch subjectiven
Darstellungsweise alle Berechtigung zugestanden habe." Letzteren Act des
Zugestehens der Berechtigung bezeichnet der Verfasser etwas wunderlich als
„zwei Eigenschaften, welche der Literatur unserer Tage so ziemlich abhanden
gekommen sind."
Die „Grundsteine einer Allgemeinen Culturgeschichte der Neuesten Zeit",
ein Werk, „das sich vorsetzt, die Fundamentalpunkte des culturgeschichtlichen
Ganzen in unserem Jahrhundert herauszuheben", sollen in fünf Bänden er¬
scheinen: 1) Das erste Kaiserreich, 2) Erste Abtheilung. Die Restauration in
ihrem politischen Schwanken. Zweite Abtheilung. Die Restauration auf ihrer
reactionairen Höhe; 3) und 4) das Julikönigthum und die Bourgeoisie; 3)
Dialektischer Abriß über den gesammten Culturgang unseres Jahrhunderts und
seine Endresultate.
Von seinem früheren Werke meint der Verfasser die „Aufgabe" sei ge¬
lungen, ohne von der Lösung der Aufgabe zu reden. Sein zweites Werk
bezeichnen wir als nicht gelungen, weil er an die Lösung einer Aufgabe ge¬
gangen ist, ohne sich das Wesen dieser Aufgabe deutlich vergegenwärtigt zu
haben. Sein Buch tritt mit dem Anspruch auf, Bahn zu brechen für die
culturgeschichtliche Behandlung der letzten Jahrzehnte; es will den Weg
zeigen, auf welchem fortgeschritten werden soll; es sollen Grundsteine, d. h.
eine solide Basis geliesert werden, auf welcher etwa späterkommende weiter¬
bauen können. Der Verfasser hält sich für einen Pionier auf einem bisher
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