Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

ausgemünzt, seine neuen Landestheile 795.142. Sachsen 43.009, Braunschweig
45,298, Bayern 2927^2, Deutschland zusammen also 980,187^2. wozu dann
noch die östreichischen kommen. Im Umlauf kommen sie bekanntlich so gut wie
gar nicht vor. Wäre ihr schwankender Cours dem Umlauf nicht geradezu
feindlich, so würden natürlich weit mehr ausgeprägt worden sein, denn jene
Summe ist nur gleich 8,821.687V" Thaler Cre.. oder noch nicht ^ Thaler
Goldumlauf auf den Kopf der deutschen Bevölkerung, während derselbe in
England auf 70--80 Millionen Pfund Sterling oder 15--16 Thaler auf
den Kopf, in Frankreich auf 3--4 Milliarden Franken oder 20--27 Thaler
auf den Kopf angeschlagen wird.

Einen Goldumlauf uns anzueignen, der mindestens der niedrigeren dieser
Verhältnißziffern entspricht, und von unserem Silberumlauf den Ueberschuß zu
guten Preisen loszuwerden, -- das ist das Problem, welches Deutschland
jetzt zu lösen hat. Soetbeer nimmt den Betrag an Silbermünzen, welche
der Uebergang zur Goldwährung überflüssig machen würde, auf mehr als
400 Millionen Thalern an. Wohin damit? -- Das ist die Frage, welche
die Leiter der preußischen Bank und andere Finanzpraktiker in Amt und
Würden den Fürsprechern der Münzresorm zwischen die Beine zu werfen
pflegen. Allein diese letzteren sind um Antwort nicht verlegen. Sie fragen
zurück, welche Sicherheit dafür bestehe, daß dieser kostbare Besitz seinen Werth
behalten werde, wenn alle Großstaaten zu reiner Goldwährung übergegangen
sein werden. Die Nothwendigkeit, sich des Silberüberflusses zu entledigen,
wird früher oder später sicher eintreten; und weise Voraussicht gebietet daher,
diesen Augenblick heute schon ernstlich ins Auge zu fassen. Wir mögen
immerhin den Zeitpunkt des wirklichen Uebergangs noch eine Weile unent¬
schieden lassen, um irgend eine unerwartete günstige Conjunctur zu benutzen,
aber um diese dann auch wirklich rasch entschlossen benutzen zu können, müssen
von Stunde an die gar nicht so einfachen Vorbereitungen getroffen werden.

Der Handelslagsausschuß schlägt vor, daß der norddeutsche Bund und
die süddeutschen Staaten ungesäumt gemeinschaftlich eine Commission von
Sachverständigen niedersetzen, um die Vorfrage zu untersuchen, ob man füg¬
lich ohne weitere Rücksicht auf die im Werden begriffene universelle Münz¬
einigung, aber selbstverständlich in sorgsamer Berücksichtigung der Beschlüsse
der Pariser Münzconferenz von 1867, ein neues nationales Münzwesen
schaffen könne, oder ob es besser sei, zuvor eine zweite Weltmünzconferenz
zu berufen oder abzuwarten. Auf bloßes Abwarten im letzteren Sinne würde
der Bericht einer solchen Commission wohl keinenfalls hinauslaufen. Wenn
in der von England her empfohlenen abermaligen Berufung einer europäisch¬
amerikanischen Conferenz ein unentbehrlicher oder wenigstens Wünschenswerther
Durchgangspunkt gefunden werden sollte, so müßten von Berlin "Wald


ausgemünzt, seine neuen Landestheile 795.142. Sachsen 43.009, Braunschweig
45,298, Bayern 2927^2, Deutschland zusammen also 980,187^2. wozu dann
noch die östreichischen kommen. Im Umlauf kommen sie bekanntlich so gut wie
gar nicht vor. Wäre ihr schwankender Cours dem Umlauf nicht geradezu
feindlich, so würden natürlich weit mehr ausgeprägt worden sein, denn jene
Summe ist nur gleich 8,821.687V« Thaler Cre.. oder noch nicht ^ Thaler
Goldumlauf auf den Kopf der deutschen Bevölkerung, während derselbe in
England auf 70—80 Millionen Pfund Sterling oder 15—16 Thaler auf
den Kopf, in Frankreich auf 3—4 Milliarden Franken oder 20—27 Thaler
auf den Kopf angeschlagen wird.

Einen Goldumlauf uns anzueignen, der mindestens der niedrigeren dieser
Verhältnißziffern entspricht, und von unserem Silberumlauf den Ueberschuß zu
guten Preisen loszuwerden, — das ist das Problem, welches Deutschland
jetzt zu lösen hat. Soetbeer nimmt den Betrag an Silbermünzen, welche
der Uebergang zur Goldwährung überflüssig machen würde, auf mehr als
400 Millionen Thalern an. Wohin damit? — Das ist die Frage, welche
die Leiter der preußischen Bank und andere Finanzpraktiker in Amt und
Würden den Fürsprechern der Münzresorm zwischen die Beine zu werfen
pflegen. Allein diese letzteren sind um Antwort nicht verlegen. Sie fragen
zurück, welche Sicherheit dafür bestehe, daß dieser kostbare Besitz seinen Werth
behalten werde, wenn alle Großstaaten zu reiner Goldwährung übergegangen
sein werden. Die Nothwendigkeit, sich des Silberüberflusses zu entledigen,
wird früher oder später sicher eintreten; und weise Voraussicht gebietet daher,
diesen Augenblick heute schon ernstlich ins Auge zu fassen. Wir mögen
immerhin den Zeitpunkt des wirklichen Uebergangs noch eine Weile unent¬
schieden lassen, um irgend eine unerwartete günstige Conjunctur zu benutzen,
aber um diese dann auch wirklich rasch entschlossen benutzen zu können, müssen
von Stunde an die gar nicht so einfachen Vorbereitungen getroffen werden.

Der Handelslagsausschuß schlägt vor, daß der norddeutsche Bund und
die süddeutschen Staaten ungesäumt gemeinschaftlich eine Commission von
Sachverständigen niedersetzen, um die Vorfrage zu untersuchen, ob man füg¬
lich ohne weitere Rücksicht auf die im Werden begriffene universelle Münz¬
einigung, aber selbstverständlich in sorgsamer Berücksichtigung der Beschlüsse
der Pariser Münzconferenz von 1867, ein neues nationales Münzwesen
schaffen könne, oder ob es besser sei, zuvor eine zweite Weltmünzconferenz
zu berufen oder abzuwarten. Auf bloßes Abwarten im letzteren Sinne würde
der Bericht einer solchen Commission wohl keinenfalls hinauslaufen. Wenn
in der von England her empfohlenen abermaligen Berufung einer europäisch¬
amerikanischen Conferenz ein unentbehrlicher oder wenigstens Wünschenswerther
Durchgangspunkt gefunden werden sollte, so müßten von Berlin «Wald


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0493" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/121180"/>
          <p xml:id="ID_1484" prev="#ID_1483"> ausgemünzt, seine neuen Landestheile 795.142. Sachsen 43.009, Braunschweig<lb/>
45,298, Bayern 2927^2, Deutschland zusammen also 980,187^2. wozu dann<lb/>
noch die östreichischen kommen. Im Umlauf kommen sie bekanntlich so gut wie<lb/>
gar nicht vor. Wäre ihr schwankender Cours dem Umlauf nicht geradezu<lb/>
feindlich, so würden natürlich weit mehr ausgeprägt worden sein, denn jene<lb/>
Summe ist nur gleich 8,821.687V« Thaler Cre.. oder noch nicht ^ Thaler<lb/>
Goldumlauf auf den Kopf der deutschen Bevölkerung, während derselbe in<lb/>
England auf 70&#x2014;80 Millionen Pfund Sterling oder 15&#x2014;16 Thaler auf<lb/>
den Kopf, in Frankreich auf 3&#x2014;4 Milliarden Franken oder 20&#x2014;27 Thaler<lb/>
auf den Kopf angeschlagen wird.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1485"> Einen Goldumlauf uns anzueignen, der mindestens der niedrigeren dieser<lb/>
Verhältnißziffern entspricht, und von unserem Silberumlauf den Ueberschuß zu<lb/>
guten Preisen loszuwerden, &#x2014; das ist das Problem, welches Deutschland<lb/>
jetzt zu lösen hat. Soetbeer nimmt den Betrag an Silbermünzen, welche<lb/>
der Uebergang zur Goldwährung überflüssig machen würde, auf mehr als<lb/>
400 Millionen Thalern an. Wohin damit? &#x2014; Das ist die Frage, welche<lb/>
die Leiter der preußischen Bank und andere Finanzpraktiker in Amt und<lb/>
Würden den Fürsprechern der Münzresorm zwischen die Beine zu werfen<lb/>
pflegen. Allein diese letzteren sind um Antwort nicht verlegen. Sie fragen<lb/>
zurück, welche Sicherheit dafür bestehe, daß dieser kostbare Besitz seinen Werth<lb/>
behalten werde, wenn alle Großstaaten zu reiner Goldwährung übergegangen<lb/>
sein werden. Die Nothwendigkeit, sich des Silberüberflusses zu entledigen,<lb/>
wird früher oder später sicher eintreten; und weise Voraussicht gebietet daher,<lb/>
diesen Augenblick heute schon ernstlich ins Auge zu fassen. Wir mögen<lb/>
immerhin den Zeitpunkt des wirklichen Uebergangs noch eine Weile unent¬<lb/>
schieden lassen, um irgend eine unerwartete günstige Conjunctur zu benutzen,<lb/>
aber um diese dann auch wirklich rasch entschlossen benutzen zu können, müssen<lb/>
von Stunde an die gar nicht so einfachen Vorbereitungen getroffen werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1486" next="#ID_1487"> Der Handelslagsausschuß schlägt vor, daß der norddeutsche Bund und<lb/>
die süddeutschen Staaten ungesäumt gemeinschaftlich eine Commission von<lb/>
Sachverständigen niedersetzen, um die Vorfrage zu untersuchen, ob man füg¬<lb/>
lich ohne weitere Rücksicht auf die im Werden begriffene universelle Münz¬<lb/>
einigung, aber selbstverständlich in sorgsamer Berücksichtigung der Beschlüsse<lb/>
der Pariser Münzconferenz von 1867, ein neues nationales Münzwesen<lb/>
schaffen könne, oder ob es besser sei, zuvor eine zweite Weltmünzconferenz<lb/>
zu berufen oder abzuwarten. Auf bloßes Abwarten im letzteren Sinne würde<lb/>
der Bericht einer solchen Commission wohl keinenfalls hinauslaufen. Wenn<lb/>
in der von England her empfohlenen abermaligen Berufung einer europäisch¬<lb/>
amerikanischen Conferenz ein unentbehrlicher oder wenigstens Wünschenswerther<lb/>
Durchgangspunkt gefunden werden sollte, so müßten von Berlin «Wald</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0493] ausgemünzt, seine neuen Landestheile 795.142. Sachsen 43.009, Braunschweig 45,298, Bayern 2927^2, Deutschland zusammen also 980,187^2. wozu dann noch die östreichischen kommen. Im Umlauf kommen sie bekanntlich so gut wie gar nicht vor. Wäre ihr schwankender Cours dem Umlauf nicht geradezu feindlich, so würden natürlich weit mehr ausgeprägt worden sein, denn jene Summe ist nur gleich 8,821.687V« Thaler Cre.. oder noch nicht ^ Thaler Goldumlauf auf den Kopf der deutschen Bevölkerung, während derselbe in England auf 70—80 Millionen Pfund Sterling oder 15—16 Thaler auf den Kopf, in Frankreich auf 3—4 Milliarden Franken oder 20—27 Thaler auf den Kopf angeschlagen wird. Einen Goldumlauf uns anzueignen, der mindestens der niedrigeren dieser Verhältnißziffern entspricht, und von unserem Silberumlauf den Ueberschuß zu guten Preisen loszuwerden, — das ist das Problem, welches Deutschland jetzt zu lösen hat. Soetbeer nimmt den Betrag an Silbermünzen, welche der Uebergang zur Goldwährung überflüssig machen würde, auf mehr als 400 Millionen Thalern an. Wohin damit? — Das ist die Frage, welche die Leiter der preußischen Bank und andere Finanzpraktiker in Amt und Würden den Fürsprechern der Münzresorm zwischen die Beine zu werfen pflegen. Allein diese letzteren sind um Antwort nicht verlegen. Sie fragen zurück, welche Sicherheit dafür bestehe, daß dieser kostbare Besitz seinen Werth behalten werde, wenn alle Großstaaten zu reiner Goldwährung übergegangen sein werden. Die Nothwendigkeit, sich des Silberüberflusses zu entledigen, wird früher oder später sicher eintreten; und weise Voraussicht gebietet daher, diesen Augenblick heute schon ernstlich ins Auge zu fassen. Wir mögen immerhin den Zeitpunkt des wirklichen Uebergangs noch eine Weile unent¬ schieden lassen, um irgend eine unerwartete günstige Conjunctur zu benutzen, aber um diese dann auch wirklich rasch entschlossen benutzen zu können, müssen von Stunde an die gar nicht so einfachen Vorbereitungen getroffen werden. Der Handelslagsausschuß schlägt vor, daß der norddeutsche Bund und die süddeutschen Staaten ungesäumt gemeinschaftlich eine Commission von Sachverständigen niedersetzen, um die Vorfrage zu untersuchen, ob man füg¬ lich ohne weitere Rücksicht auf die im Werden begriffene universelle Münz¬ einigung, aber selbstverständlich in sorgsamer Berücksichtigung der Beschlüsse der Pariser Münzconferenz von 1867, ein neues nationales Münzwesen schaffen könne, oder ob es besser sei, zuvor eine zweite Weltmünzconferenz zu berufen oder abzuwarten. Auf bloßes Abwarten im letzteren Sinne würde der Bericht einer solchen Commission wohl keinenfalls hinauslaufen. Wenn in der von England her empfohlenen abermaligen Berufung einer europäisch¬ amerikanischen Conferenz ein unentbehrlicher oder wenigstens Wünschenswerther Durchgangspunkt gefunden werden sollte, so müßten von Berlin «Wald

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/493
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/493>, abgerufen am 24.07.2024.