Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.eine plötzlicher und gewaltsamer als die andere. Bei ihrem Ableben hatte Fünfzehn Monate später wurde dasselbe Stück noch ein Mal in Scene "Jhro Kaiserl. Majest. Selbsthalters aller Reußen Befehl aus dem dirt- "Auf Jhro Kaiserl. Majest. ausdrücklichen Befehl vom 4. September a, c. eine plötzlicher und gewaltsamer als die andere. Bei ihrem Ableben hatte Fünfzehn Monate später wurde dasselbe Stück noch ein Mal in Scene „Jhro Kaiserl. Majest. Selbsthalters aller Reußen Befehl aus dem dirt- „Auf Jhro Kaiserl. Majest. ausdrücklichen Befehl vom 4. September a, c. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0476" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/121163"/> <p xml:id="ID_1432" prev="#ID_1431"> eine plötzlicher und gewaltsamer als die andere. Bei ihrem Ableben hatte<lb/> die Kaiserin den unmündigen Sohn ihrer Schwestertochter, der Herzogin Anna<lb/> Leopoldowna von Braunschweig (den unglücklichen Iwan IV.) zum Thronerben<lb/> und ihren Liebling den Herzog Ernst Johann Biron von Kurland zum<lb/> Regenten ernannt. Birons barsche Strenge führte bald zu einem Bruch mit<lb/> der herzoglichen Mutter des in der Wiege liegenden Kaisers und diese wandte<lb/> sich an den Feldmarschall Mummies, der sofort versprach, Abhilfe zu schaffen,<lb/> Biron zu beseitigen und die Herzogin zur Regentin zu machen. Ohne irgend<lb/> Jemand ins Geheimniß gezogen zu haben, ließ Mummies am Abend des<lb/> 20. November 1740 seinen deutschen Adjutanten, den durch seine Memoiren<lb/> bekannt gewordenen Obristen v. Mannstein zu sich kommen und eröffnete ihm,<lb/> daß er willens sei, diese Nacht den Regenten zu stürzen und die Herzogin<lb/> an die Spitze der Negierung zu stellen. Mannstein suchte eine Compagnie<lb/> zuverlässiger Grenadiere aus. mit der die Staatsumwälzung in aller Stille<lb/> fertig gebracht wurde. Am Morgen des 21. November erfuhr Nußland, daß<lb/> Biron nach Schlüsselburg geschickt worden sei und daß die Herzogin, jetzt<lb/> Großfürstin Anna „zur allgemeinen Freude und Zufriedenheit", die Regierung<lb/> der Staaten ihres Sohns übernommen habe.</p><lb/> <p xml:id="ID_1433"> Fünfzehn Monate später wurde dasselbe Stück noch ein Mal in Scene<lb/> gesetzt — nur daß die Acteure dieses Mal andere waren. Elisabeth. Peters<lb/> des Großen einzige überlebende Tochter nahm in der Nacht vom 5. auf den<lb/> 6. December 1741 mit Hülfe von 200 Soldaten des preobrashenskischen<lb/> Garderegiwents (desselben, das am 20. Nov. 1740 die Pallastwache gehabt<lb/> hatte), die Regentin sammt Familie, Mummies, Ostermann, Löwenwolde<lb/> Mengden und alle übrigen Häupter der deutschen Parthei gefangen und<lb/> bestieg zur Freude der altrussischen Fraction, die zwölf Jahre lang von den<lb/> Geschäften entfernt gewesen war, den Thron ihres Vaters. Schon drei<lb/> Monate früher hatten Vietinghoff'und Zöge, Fleth Schwiegersöhne, die Be¬<lb/> gnadigung des ehemaligen Etatsraths und^Vice-Präsidenten bei der Regentin<lb/> durchgesetzt. — Für die Kürze und Einfachheit des damals bei Verurtheilungen<lb/> und Begnadigungen üblichen Verfahrens ist der Mas, dem Fick seine Be¬<lb/> freiung zu danken hatte, so charakteristisch, daß wir ihn in seinem Wort¬<lb/> laut mittheilen:</p><lb/> <p xml:id="ID_1434"> „Jhro Kaiserl. Majest. Selbsthalters aller Reußen Befehl aus dem dirt-<lb/> girenden Senat an den Hrn. Generalmajor, Major der Leibgarde und<lb/> Gouverneur des sibirischen Gouvernements Hrn. Schipoff".</p><lb/> <p xml:id="ID_1435" next="#ID_1436"> „Auf Jhro Kaiserl. Majest. ausdrücklichen Befehl vom 4. September a, c.<lb/> so von Jhro Kaiserl. Hoheit der regierenden Großfürstin aller Reußen Anna<lb/> im Namen Jhro Kaiserl. Majest. eigenhändig unterschrieben worden und auf<lb/> allerunterthänigstes Anhalten des Landshauptmanns der Oeselschen Provinz</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0476]
eine plötzlicher und gewaltsamer als die andere. Bei ihrem Ableben hatte
die Kaiserin den unmündigen Sohn ihrer Schwestertochter, der Herzogin Anna
Leopoldowna von Braunschweig (den unglücklichen Iwan IV.) zum Thronerben
und ihren Liebling den Herzog Ernst Johann Biron von Kurland zum
Regenten ernannt. Birons barsche Strenge führte bald zu einem Bruch mit
der herzoglichen Mutter des in der Wiege liegenden Kaisers und diese wandte
sich an den Feldmarschall Mummies, der sofort versprach, Abhilfe zu schaffen,
Biron zu beseitigen und die Herzogin zur Regentin zu machen. Ohne irgend
Jemand ins Geheimniß gezogen zu haben, ließ Mummies am Abend des
20. November 1740 seinen deutschen Adjutanten, den durch seine Memoiren
bekannt gewordenen Obristen v. Mannstein zu sich kommen und eröffnete ihm,
daß er willens sei, diese Nacht den Regenten zu stürzen und die Herzogin
an die Spitze der Negierung zu stellen. Mannstein suchte eine Compagnie
zuverlässiger Grenadiere aus. mit der die Staatsumwälzung in aller Stille
fertig gebracht wurde. Am Morgen des 21. November erfuhr Nußland, daß
Biron nach Schlüsselburg geschickt worden sei und daß die Herzogin, jetzt
Großfürstin Anna „zur allgemeinen Freude und Zufriedenheit", die Regierung
der Staaten ihres Sohns übernommen habe.
Fünfzehn Monate später wurde dasselbe Stück noch ein Mal in Scene
gesetzt — nur daß die Acteure dieses Mal andere waren. Elisabeth. Peters
des Großen einzige überlebende Tochter nahm in der Nacht vom 5. auf den
6. December 1741 mit Hülfe von 200 Soldaten des preobrashenskischen
Garderegiwents (desselben, das am 20. Nov. 1740 die Pallastwache gehabt
hatte), die Regentin sammt Familie, Mummies, Ostermann, Löwenwolde
Mengden und alle übrigen Häupter der deutschen Parthei gefangen und
bestieg zur Freude der altrussischen Fraction, die zwölf Jahre lang von den
Geschäften entfernt gewesen war, den Thron ihres Vaters. Schon drei
Monate früher hatten Vietinghoff'und Zöge, Fleth Schwiegersöhne, die Be¬
gnadigung des ehemaligen Etatsraths und^Vice-Präsidenten bei der Regentin
durchgesetzt. — Für die Kürze und Einfachheit des damals bei Verurtheilungen
und Begnadigungen üblichen Verfahrens ist der Mas, dem Fick seine Be¬
freiung zu danken hatte, so charakteristisch, daß wir ihn in seinem Wort¬
laut mittheilen:
„Jhro Kaiserl. Majest. Selbsthalters aller Reußen Befehl aus dem dirt-
girenden Senat an den Hrn. Generalmajor, Major der Leibgarde und
Gouverneur des sibirischen Gouvernements Hrn. Schipoff".
„Auf Jhro Kaiserl. Majest. ausdrücklichen Befehl vom 4. September a, c.
so von Jhro Kaiserl. Hoheit der regierenden Großfürstin aller Reußen Anna
im Namen Jhro Kaiserl. Majest. eigenhändig unterschrieben worden und auf
allerunterthänigstes Anhalten des Landshauptmanns der Oeselschen Provinz
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