Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

seemännische Ausbildung. Das ist ein wichtiger Grund, künftighin nur
wirkliche Seeleute, nicht Flußschiffer und andere Binnenländer als Matrosen
einzuziehn. was früher auf der preußischen Marine der Fall war, die letzteren
vielmehr ausschließlich zu Seesoldaten zu nehmen, gemäß einem früheren
Vorschlage d. Bl.

Diese Aenderung ist aber erst möglich geworden durch die Aufhebung der
Befreiungen vom Seedienst, d. h, durch die Berechtigung der Regierung, auch
die Seeleute von Beruf einzuziehen. Auch für Seeleute ist die Promptheit
der Segelmanöver mit einer Takelage, die viel schwerer zu handhaben ist
und rasches Zusammenwirken zahlreicher Kräfte erfordert, schwieriger, als
die Handhabung der Takelage auf Kauffahrteischiffen: und außer diesem neu
zu erlernenden Theil der Seemannschaft ist die Gewöhnung an eine andere
Disciplin, als sie auf der Handelsmarine herrscht, nothwendig, also ein
strafferes und flinkeres Wesen. Auch kommt noch die Ausbildung am Ge¬
schütz, mit dem Zündnadelgewehr und in besonderen Manövern hinzu. Dies
Alles macht eine besondere, allerdings nur kurze Ausbildung im Frieden
nöthig, wenn der Matrose im Kriegsfall brauchbar sein soll. Aber die Aus-
bildung am Geschütz ist viel leichter als bei der Artillerie des Landheers,
weil das Geschütz stets an einer Stelle bleibt, also kein Ererciren mit Be¬
spannung nöthig wird, und weil andererseits der Seemann nur auf wenige
Geschützsysteme einexercirt wird, gegenüber den zahlreichen Kalibern '^ der
Festungsartillerie. Auch die Ausbildung mit dem Zündnadelgewehr und den
Enterwaffen ist nur von secundairer Bedeutung, während der schwerste Theil
der Ausbildung der Landinfanterie, die Ausbildung in der Taktik, ganz
wegfällt. Man kann also Wohl annehmen, und dies wird von verschiedenen
Autoritäten bestätigt, daß die kriegsmäßige Ausbildung des eingezogenen
Matrosen der Handelsmarine sich in einem Jahre völlig durchführen läßt.
Außerdem ist es nicht nöthig, den Mann länger auf dem Schiffe zu behalten,
als seine persönliche Ausbildung erfordert, während bei der Landarmee stets
wenigstens zwei Jahrgänge ausgebildeter Leute bei der Fahne behalten
werden müssen, um den neu eintretenden unsicheren Elementen taktisch Halt
und Anlehnung zu geben. Auf der Flotte ist der eingezogene Matrose von
dem Schiffe schon räumlich viel fester umschlossen und in der Gewalt der
Vorgesetzten, der Halt den er noch braucht, wird ihm durch die Stamm¬
mannschaften gewährt, welche ja auf der Flotte viel zahlreicher sind, als bei
der Landarmee, und außerdem die schwierigsten Posten, die der Geschütz¬
commandeure, besetzen. Schon jetzt wird bei vollbefahxenen Leuten nach
fünfjähriger Fahrzeit ein Dienstjahr, und nach vierjähriger Fahrzeit zwei
Dienstjahre, nach zweijähriger drei Dtenstjahre als genügend betrachtet. Der
Spielraum zwischen dem 20. bis 24. Lebensjahr aber, welcher dem Matrosen


seemännische Ausbildung. Das ist ein wichtiger Grund, künftighin nur
wirkliche Seeleute, nicht Flußschiffer und andere Binnenländer als Matrosen
einzuziehn. was früher auf der preußischen Marine der Fall war, die letzteren
vielmehr ausschließlich zu Seesoldaten zu nehmen, gemäß einem früheren
Vorschlage d. Bl.

Diese Aenderung ist aber erst möglich geworden durch die Aufhebung der
Befreiungen vom Seedienst, d. h, durch die Berechtigung der Regierung, auch
die Seeleute von Beruf einzuziehen. Auch für Seeleute ist die Promptheit
der Segelmanöver mit einer Takelage, die viel schwerer zu handhaben ist
und rasches Zusammenwirken zahlreicher Kräfte erfordert, schwieriger, als
die Handhabung der Takelage auf Kauffahrteischiffen: und außer diesem neu
zu erlernenden Theil der Seemannschaft ist die Gewöhnung an eine andere
Disciplin, als sie auf der Handelsmarine herrscht, nothwendig, also ein
strafferes und flinkeres Wesen. Auch kommt noch die Ausbildung am Ge¬
schütz, mit dem Zündnadelgewehr und in besonderen Manövern hinzu. Dies
Alles macht eine besondere, allerdings nur kurze Ausbildung im Frieden
nöthig, wenn der Matrose im Kriegsfall brauchbar sein soll. Aber die Aus-
bildung am Geschütz ist viel leichter als bei der Artillerie des Landheers,
weil das Geschütz stets an einer Stelle bleibt, also kein Ererciren mit Be¬
spannung nöthig wird, und weil andererseits der Seemann nur auf wenige
Geschützsysteme einexercirt wird, gegenüber den zahlreichen Kalibern '^ der
Festungsartillerie. Auch die Ausbildung mit dem Zündnadelgewehr und den
Enterwaffen ist nur von secundairer Bedeutung, während der schwerste Theil
der Ausbildung der Landinfanterie, die Ausbildung in der Taktik, ganz
wegfällt. Man kann also Wohl annehmen, und dies wird von verschiedenen
Autoritäten bestätigt, daß die kriegsmäßige Ausbildung des eingezogenen
Matrosen der Handelsmarine sich in einem Jahre völlig durchführen läßt.
Außerdem ist es nicht nöthig, den Mann länger auf dem Schiffe zu behalten,
als seine persönliche Ausbildung erfordert, während bei der Landarmee stets
wenigstens zwei Jahrgänge ausgebildeter Leute bei der Fahne behalten
werden müssen, um den neu eintretenden unsicheren Elementen taktisch Halt
und Anlehnung zu geben. Auf der Flotte ist der eingezogene Matrose von
dem Schiffe schon räumlich viel fester umschlossen und in der Gewalt der
Vorgesetzten, der Halt den er noch braucht, wird ihm durch die Stamm¬
mannschaften gewährt, welche ja auf der Flotte viel zahlreicher sind, als bei
der Landarmee, und außerdem die schwierigsten Posten, die der Geschütz¬
commandeure, besetzen. Schon jetzt wird bei vollbefahxenen Leuten nach
fünfjähriger Fahrzeit ein Dienstjahr, und nach vierjähriger Fahrzeit zwei
Dienstjahre, nach zweijähriger drei Dtenstjahre als genügend betrachtet. Der
Spielraum zwischen dem 20. bis 24. Lebensjahr aber, welcher dem Matrosen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0464" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/121151"/>
            <p xml:id="ID_1408" prev="#ID_1407"> seemännische Ausbildung. Das ist ein wichtiger Grund, künftighin nur<lb/>
wirkliche Seeleute, nicht Flußschiffer und andere Binnenländer als Matrosen<lb/>
einzuziehn. was früher auf der preußischen Marine der Fall war, die letzteren<lb/>
vielmehr ausschließlich zu Seesoldaten zu nehmen, gemäß einem früheren<lb/>
Vorschlage d. Bl.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1409" next="#ID_1410"> Diese Aenderung ist aber erst möglich geworden durch die Aufhebung der<lb/>
Befreiungen vom Seedienst, d. h, durch die Berechtigung der Regierung, auch<lb/>
die Seeleute von Beruf einzuziehen. Auch für Seeleute ist die Promptheit<lb/>
der Segelmanöver mit einer Takelage, die viel schwerer zu handhaben ist<lb/>
und rasches Zusammenwirken zahlreicher Kräfte erfordert, schwieriger, als<lb/>
die Handhabung der Takelage auf Kauffahrteischiffen: und außer diesem neu<lb/>
zu erlernenden Theil der Seemannschaft ist die Gewöhnung an eine andere<lb/>
Disciplin, als sie auf der Handelsmarine herrscht, nothwendig, also ein<lb/>
strafferes und flinkeres Wesen. Auch kommt noch die Ausbildung am Ge¬<lb/>
schütz, mit dem Zündnadelgewehr und in besonderen Manövern hinzu. Dies<lb/>
Alles macht eine besondere, allerdings nur kurze Ausbildung im Frieden<lb/>
nöthig, wenn der Matrose im Kriegsfall brauchbar sein soll. Aber die Aus-<lb/>
bildung am Geschütz ist viel leichter als bei der Artillerie des Landheers,<lb/>
weil das Geschütz stets an einer Stelle bleibt, also kein Ererciren mit Be¬<lb/>
spannung nöthig wird, und weil andererseits der Seemann nur auf wenige<lb/>
Geschützsysteme einexercirt wird, gegenüber den zahlreichen Kalibern '^ der<lb/>
Festungsartillerie. Auch die Ausbildung mit dem Zündnadelgewehr und den<lb/>
Enterwaffen ist nur von secundairer Bedeutung, während der schwerste Theil<lb/>
der Ausbildung der Landinfanterie, die Ausbildung in der Taktik, ganz<lb/>
wegfällt. Man kann also Wohl annehmen, und dies wird von verschiedenen<lb/>
Autoritäten bestätigt, daß die kriegsmäßige Ausbildung des eingezogenen<lb/>
Matrosen der Handelsmarine sich in einem Jahre völlig durchführen läßt.<lb/>
Außerdem ist es nicht nöthig, den Mann länger auf dem Schiffe zu behalten,<lb/>
als seine persönliche Ausbildung erfordert, während bei der Landarmee stets<lb/>
wenigstens zwei Jahrgänge ausgebildeter Leute bei der Fahne behalten<lb/>
werden müssen, um den neu eintretenden unsicheren Elementen taktisch Halt<lb/>
und Anlehnung zu geben. Auf der Flotte ist der eingezogene Matrose von<lb/>
dem Schiffe schon räumlich viel fester umschlossen und in der Gewalt der<lb/>
Vorgesetzten, der Halt den er noch braucht, wird ihm durch die Stamm¬<lb/>
mannschaften gewährt, welche ja auf der Flotte viel zahlreicher sind, als bei<lb/>
der Landarmee, und außerdem die schwierigsten Posten, die der Geschütz¬<lb/>
commandeure, besetzen. Schon jetzt wird bei vollbefahxenen Leuten nach<lb/>
fünfjähriger Fahrzeit ein Dienstjahr, und nach vierjähriger Fahrzeit zwei<lb/>
Dienstjahre, nach zweijähriger drei Dtenstjahre als genügend betrachtet. Der<lb/>
Spielraum zwischen dem 20. bis 24. Lebensjahr aber, welcher dem Matrosen</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0464] seemännische Ausbildung. Das ist ein wichtiger Grund, künftighin nur wirkliche Seeleute, nicht Flußschiffer und andere Binnenländer als Matrosen einzuziehn. was früher auf der preußischen Marine der Fall war, die letzteren vielmehr ausschließlich zu Seesoldaten zu nehmen, gemäß einem früheren Vorschlage d. Bl. Diese Aenderung ist aber erst möglich geworden durch die Aufhebung der Befreiungen vom Seedienst, d. h, durch die Berechtigung der Regierung, auch die Seeleute von Beruf einzuziehen. Auch für Seeleute ist die Promptheit der Segelmanöver mit einer Takelage, die viel schwerer zu handhaben ist und rasches Zusammenwirken zahlreicher Kräfte erfordert, schwieriger, als die Handhabung der Takelage auf Kauffahrteischiffen: und außer diesem neu zu erlernenden Theil der Seemannschaft ist die Gewöhnung an eine andere Disciplin, als sie auf der Handelsmarine herrscht, nothwendig, also ein strafferes und flinkeres Wesen. Auch kommt noch die Ausbildung am Ge¬ schütz, mit dem Zündnadelgewehr und in besonderen Manövern hinzu. Dies Alles macht eine besondere, allerdings nur kurze Ausbildung im Frieden nöthig, wenn der Matrose im Kriegsfall brauchbar sein soll. Aber die Aus- bildung am Geschütz ist viel leichter als bei der Artillerie des Landheers, weil das Geschütz stets an einer Stelle bleibt, also kein Ererciren mit Be¬ spannung nöthig wird, und weil andererseits der Seemann nur auf wenige Geschützsysteme einexercirt wird, gegenüber den zahlreichen Kalibern '^ der Festungsartillerie. Auch die Ausbildung mit dem Zündnadelgewehr und den Enterwaffen ist nur von secundairer Bedeutung, während der schwerste Theil der Ausbildung der Landinfanterie, die Ausbildung in der Taktik, ganz wegfällt. Man kann also Wohl annehmen, und dies wird von verschiedenen Autoritäten bestätigt, daß die kriegsmäßige Ausbildung des eingezogenen Matrosen der Handelsmarine sich in einem Jahre völlig durchführen läßt. Außerdem ist es nicht nöthig, den Mann länger auf dem Schiffe zu behalten, als seine persönliche Ausbildung erfordert, während bei der Landarmee stets wenigstens zwei Jahrgänge ausgebildeter Leute bei der Fahne behalten werden müssen, um den neu eintretenden unsicheren Elementen taktisch Halt und Anlehnung zu geben. Auf der Flotte ist der eingezogene Matrose von dem Schiffe schon räumlich viel fester umschlossen und in der Gewalt der Vorgesetzten, der Halt den er noch braucht, wird ihm durch die Stamm¬ mannschaften gewährt, welche ja auf der Flotte viel zahlreicher sind, als bei der Landarmee, und außerdem die schwierigsten Posten, die der Geschütz¬ commandeure, besetzen. Schon jetzt wird bei vollbefahxenen Leuten nach fünfjähriger Fahrzeit ein Dienstjahr, und nach vierjähriger Fahrzeit zwei Dienstjahre, nach zweijähriger drei Dtenstjahre als genügend betrachtet. Der Spielraum zwischen dem 20. bis 24. Lebensjahr aber, welcher dem Matrosen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/464
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/464>, abgerufen am 25.07.2024.