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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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nie in den beiden großen Clubs von Lauchgrün und Venetischgrün ganz auf¬
gegangen zu sein, da die Vierzahl der rennenden Gespanne bestehen blieb und
ohne Gegensatz der Parteien die Farben und Sprichwörter wesentlich an Reiz
verloren hatten. Die Clubs gaben der Schaulust Material und Farben, aber
der menschliche Antheil des Publicums galt nicht den Theilhabern der Clubs
selbst, sondern ihren Jokey's und den Pferden.

Den Römern war das Pferd weniger vertraulich in Hof und Wirth¬
schaft gesellt, als irgend einem andern größeren Culturvolk, etwa die Aegypter
ausgenommen. Es wurde ihnen zu keiner Zeit in der Weise Nutzthier, wie
uns. Vor dem Pfluge, zu Fuhren der Landwirthschaft, am Lastwagen diente
dem römischen Landwirth das Rind, das Roß war ein Luxus der Vornehmen,
die Ehre der Ritter, lange Zeit fast nur für Krieg und Spiel. Auch die
Vornehmen benutzten das Wagen- und Reitpferd in Italien nur ausnahms¬
weise, sogar im Kriege hat die römische Reiterei selten die Kühnheit des
geschlossenen Angriffs auf stehendes Fußvolk gezeigt, welche das gepanzerte
Reiterheer des Mittelalters und die Schwadronen Ziethen's bewährten.
Dafür wurden die großen Gestüte zur Kaiserzeit eine lohnende Spekulation,
sie züchteten außer edlen Kriegsrossen vornehmlich Rennpferde und erstrebten die
Entwicklung der Sportvirtuositäten für Rirt und Gespann mit größter Sorg¬
falt. Und die Bewunderung, welche ausgezeichnete Pferde im Circus fanden,
war gerade vielleicht darum weit größer, als jetzt, weil die ganze Gattung dem
Römer weniger alltäglich blieb, als dem Germanen. Die Eigenschaften guter
Rennpferde, ihre Gescheidheit und die Sicherheit ihrer Dressur wurden das
Entzücken der ganzen Stadt. Die Kenntniß ihres Stammbaums, ihrer
Pflege und Trainirung galt bei Vornehm und Gering als modisches Wissen,
wodurch man sich als Mann von Welt und Stall zu erweisen hatte. In der
That dürfen wir aus einzelnen Anecdoten schließen, daß die systematische
und fortgesetzte Zucht für den Sport ganz außerordentliche Resultate gegeben
habe an Gestalt, Dauer, Feuer und Intelligenz der Pferde.

Auch auf die Farbe achtete der Römer, er forderte sie rein und bestimmt,
liebte nicht die Abzeichen. Für die Götterwagen, welche bei großen Festen
im Zuge gefahren wurden, müssen seit frühster Zeit Rosse von bestimmter
Farbe gewählt worden sein, dem Jupiter z. B. weiße, dem Apollo Füchse.
In der Kaiserzeit galt für das bei weitem schönste Pferd daäiu-z, der Fuchs;
seine Farbe wurde gern mit der Farbe der Dattel verglichen, welche durch
die Sonne noch nicht völlig gar gekocht ist. Nächst ihm aurons, der Gold¬
fuchs*). Dann russeus der Braune; murteus der Kirschbraune, dessen schöne



Bei Pallodius werden die Farben in dieser ^- nicht zufälligen -- Reihenfolge auf¬
gezählt. Die Lesart der folgenden Fuchsvarietät ist unsicher, -rbisneus, Farbe des gebräunten
Tannenholzes, oder alrsn""" Bronzefuchs?

nie in den beiden großen Clubs von Lauchgrün und Venetischgrün ganz auf¬
gegangen zu sein, da die Vierzahl der rennenden Gespanne bestehen blieb und
ohne Gegensatz der Parteien die Farben und Sprichwörter wesentlich an Reiz
verloren hatten. Die Clubs gaben der Schaulust Material und Farben, aber
der menschliche Antheil des Publicums galt nicht den Theilhabern der Clubs
selbst, sondern ihren Jokey's und den Pferden.

Den Römern war das Pferd weniger vertraulich in Hof und Wirth¬
schaft gesellt, als irgend einem andern größeren Culturvolk, etwa die Aegypter
ausgenommen. Es wurde ihnen zu keiner Zeit in der Weise Nutzthier, wie
uns. Vor dem Pfluge, zu Fuhren der Landwirthschaft, am Lastwagen diente
dem römischen Landwirth das Rind, das Roß war ein Luxus der Vornehmen,
die Ehre der Ritter, lange Zeit fast nur für Krieg und Spiel. Auch die
Vornehmen benutzten das Wagen- und Reitpferd in Italien nur ausnahms¬
weise, sogar im Kriege hat die römische Reiterei selten die Kühnheit des
geschlossenen Angriffs auf stehendes Fußvolk gezeigt, welche das gepanzerte
Reiterheer des Mittelalters und die Schwadronen Ziethen's bewährten.
Dafür wurden die großen Gestüte zur Kaiserzeit eine lohnende Spekulation,
sie züchteten außer edlen Kriegsrossen vornehmlich Rennpferde und erstrebten die
Entwicklung der Sportvirtuositäten für Rirt und Gespann mit größter Sorg¬
falt. Und die Bewunderung, welche ausgezeichnete Pferde im Circus fanden,
war gerade vielleicht darum weit größer, als jetzt, weil die ganze Gattung dem
Römer weniger alltäglich blieb, als dem Germanen. Die Eigenschaften guter
Rennpferde, ihre Gescheidheit und die Sicherheit ihrer Dressur wurden das
Entzücken der ganzen Stadt. Die Kenntniß ihres Stammbaums, ihrer
Pflege und Trainirung galt bei Vornehm und Gering als modisches Wissen,
wodurch man sich als Mann von Welt und Stall zu erweisen hatte. In der
That dürfen wir aus einzelnen Anecdoten schließen, daß die systematische
und fortgesetzte Zucht für den Sport ganz außerordentliche Resultate gegeben
habe an Gestalt, Dauer, Feuer und Intelligenz der Pferde.

Auch auf die Farbe achtete der Römer, er forderte sie rein und bestimmt,
liebte nicht die Abzeichen. Für die Götterwagen, welche bei großen Festen
im Zuge gefahren wurden, müssen seit frühster Zeit Rosse von bestimmter
Farbe gewählt worden sein, dem Jupiter z. B. weiße, dem Apollo Füchse.
In der Kaiserzeit galt für das bei weitem schönste Pferd daäiu-z, der Fuchs;
seine Farbe wurde gern mit der Farbe der Dattel verglichen, welche durch
die Sonne noch nicht völlig gar gekocht ist. Nächst ihm aurons, der Gold¬
fuchs*). Dann russeus der Braune; murteus der Kirschbraune, dessen schöne



Bei Pallodius werden die Farben in dieser ^- nicht zufälligen — Reihenfolge auf¬
gezählt. Die Lesart der folgenden Fuchsvarietät ist unsicher, -rbisneus, Farbe des gebräunten
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[0454] nie in den beiden großen Clubs von Lauchgrün und Venetischgrün ganz auf¬ gegangen zu sein, da die Vierzahl der rennenden Gespanne bestehen blieb und ohne Gegensatz der Parteien die Farben und Sprichwörter wesentlich an Reiz verloren hatten. Die Clubs gaben der Schaulust Material und Farben, aber der menschliche Antheil des Publicums galt nicht den Theilhabern der Clubs selbst, sondern ihren Jokey's und den Pferden. Den Römern war das Pferd weniger vertraulich in Hof und Wirth¬ schaft gesellt, als irgend einem andern größeren Culturvolk, etwa die Aegypter ausgenommen. Es wurde ihnen zu keiner Zeit in der Weise Nutzthier, wie uns. Vor dem Pfluge, zu Fuhren der Landwirthschaft, am Lastwagen diente dem römischen Landwirth das Rind, das Roß war ein Luxus der Vornehmen, die Ehre der Ritter, lange Zeit fast nur für Krieg und Spiel. Auch die Vornehmen benutzten das Wagen- und Reitpferd in Italien nur ausnahms¬ weise, sogar im Kriege hat die römische Reiterei selten die Kühnheit des geschlossenen Angriffs auf stehendes Fußvolk gezeigt, welche das gepanzerte Reiterheer des Mittelalters und die Schwadronen Ziethen's bewährten. Dafür wurden die großen Gestüte zur Kaiserzeit eine lohnende Spekulation, sie züchteten außer edlen Kriegsrossen vornehmlich Rennpferde und erstrebten die Entwicklung der Sportvirtuositäten für Rirt und Gespann mit größter Sorg¬ falt. Und die Bewunderung, welche ausgezeichnete Pferde im Circus fanden, war gerade vielleicht darum weit größer, als jetzt, weil die ganze Gattung dem Römer weniger alltäglich blieb, als dem Germanen. Die Eigenschaften guter Rennpferde, ihre Gescheidheit und die Sicherheit ihrer Dressur wurden das Entzücken der ganzen Stadt. Die Kenntniß ihres Stammbaums, ihrer Pflege und Trainirung galt bei Vornehm und Gering als modisches Wissen, wodurch man sich als Mann von Welt und Stall zu erweisen hatte. In der That dürfen wir aus einzelnen Anecdoten schließen, daß die systematische und fortgesetzte Zucht für den Sport ganz außerordentliche Resultate gegeben habe an Gestalt, Dauer, Feuer und Intelligenz der Pferde. Auch auf die Farbe achtete der Römer, er forderte sie rein und bestimmt, liebte nicht die Abzeichen. Für die Götterwagen, welche bei großen Festen im Zuge gefahren wurden, müssen seit frühster Zeit Rosse von bestimmter Farbe gewählt worden sein, dem Jupiter z. B. weiße, dem Apollo Füchse. In der Kaiserzeit galt für das bei weitem schönste Pferd daäiu-z, der Fuchs; seine Farbe wurde gern mit der Farbe der Dattel verglichen, welche durch die Sonne noch nicht völlig gar gekocht ist. Nächst ihm aurons, der Gold¬ fuchs*). Dann russeus der Braune; murteus der Kirschbraune, dessen schöne Bei Pallodius werden die Farben in dieser ^- nicht zufälligen — Reihenfolge auf¬ gezählt. Die Lesart der folgenden Fuchsvarietät ist unsicher, -rbisneus, Farbe des gebräunten Tannenholzes, oder alrsn«»» Bronzefuchs?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/454>, abgerufen am 04.07.2024.