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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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I. Dowland, und "Tanzlied" von Th. Morley), Chöre von Schumann ("Gute
Nacht" und "Jägerlied") "Volkslied" von Hiller und Mendelssohn's Hymne
"Hör' mein Flehen" zur Aufführung. Auch aus Rossini's neuer Messe wurden
heats Sätze vorgetragen. Der liebenswürdige Operncomponist verleugnet darin
seine Natur nicht. Die Arien fänden Platz in jeder Oper; doch sind die
Chorsätze Kyrie und Sanctus so ernst gehalten, als es dem Componisten
des "Barbier" möglich war. Wie die Messe als Ganzes wirken mag, ge¬
hoben von der unterstützenden Orchesterbegleitung, ist den Wienern noch vor¬
behalten.

Der "Haydn-Verein" (Wittwen - und Waisen-Versorgungsverein der
Tonkünstler in Wien) gab seine regelmäßigen Akademien in der Weihnachts¬
und Charwoche. Die erstere im December hatte mit Hindernissen zu kämpfen
und kam die "Schöpfung" zur Noth zu Stande. Man schien endlich ein¬
zusehen, daß diese bis jetzt nothdürftig vorbereiteten, von einem bunt zu¬
sammengewürfelten Chor und Orchester gebotenen Akademien den Ansprüchen
der Jetztzeit nicht genügen können. Um der langgewohnten Wechselaufführung
von Schöpfung und Jahreszeiten eine Wendung zu geben, wählte man in
der Charwoche die "Walpurgisnacht" und "Christus am Oelberg". Doch
wird sich der, übrigens eben durch Haydn reich gewordene Verein schon be¬
quemen müssen, will er in der Folge mit den Aufführungen etwas einbringen,
auch etwas daran zu wagen. Hoffentlich werden mit Eröffnung des neuen
Opernhauses die letzten Stunden dieser Akademien in den dumpfen Räumen
des Burgtheaters geschlagen haben. Mit der ersten Ausführung im neuen
glänzenden Locale werden alle durch die Länge der Zeit eingerüsteten Ge¬
brechen sich hoffentlich heben und wird der Verein dann erst mit Recht rufen
können: "und es ward Licht". --

Der Wiener Männergesang-Verein hat im October verflossenen
Jahres seine 2Sjährige Jubiläumsfeier abgehalten. Es waren die glänzend¬
sten Tage des Vereins seit seinem Bestehen. Die Feierlichkeiten: Begrüßungs¬
abend der Festgäste -- Kirchenfeier -- Festconcert -- Liedertafel -- Grund¬
steinlegung des Schubert's-Monuments im Stadtpark, waren auf drei Tage
vertheilt. Der Verein erhielt bei dieser Gelegenheit zahlreiche und werth¬
volle Erinnerungszeichen. Den Glanzpunkt der Gaben aber bildeten die Ver¬
leihung der großen goldenen Salvator-Medaille von Seiten der Stadt Wien.,
Die Namen Dr. A. Schmidt (Gründer des Vereins), Dumba (der gegen¬
wärtige kunstsinnige Vorstand), Herbeck (Ehrenchormeister. dem der Verein
seine jetzige Höhe zu verdanken hat) Weinwurm, Nachfolger Herbeck's, waren
in diesen Tagen in Aller Mund. Dr. A. Schmidt veröffentlichte bei dieser
Gelegenheit eine sorgfältig bearbeitete Brochure, die Geschichte des Vereins
betreffend. Dem Beispiel des älteren Gesangkörpers folgend, haben sich in


I. Dowland, und „Tanzlied" von Th. Morley), Chöre von Schumann („Gute
Nacht" und „Jägerlied") „Volkslied" von Hiller und Mendelssohn's Hymne
„Hör' mein Flehen" zur Aufführung. Auch aus Rossini's neuer Messe wurden
heats Sätze vorgetragen. Der liebenswürdige Operncomponist verleugnet darin
seine Natur nicht. Die Arien fänden Platz in jeder Oper; doch sind die
Chorsätze Kyrie und Sanctus so ernst gehalten, als es dem Componisten
des „Barbier" möglich war. Wie die Messe als Ganzes wirken mag, ge¬
hoben von der unterstützenden Orchesterbegleitung, ist den Wienern noch vor¬
behalten.

Der „Haydn-Verein" (Wittwen - und Waisen-Versorgungsverein der
Tonkünstler in Wien) gab seine regelmäßigen Akademien in der Weihnachts¬
und Charwoche. Die erstere im December hatte mit Hindernissen zu kämpfen
und kam die „Schöpfung" zur Noth zu Stande. Man schien endlich ein¬
zusehen, daß diese bis jetzt nothdürftig vorbereiteten, von einem bunt zu¬
sammengewürfelten Chor und Orchester gebotenen Akademien den Ansprüchen
der Jetztzeit nicht genügen können. Um der langgewohnten Wechselaufführung
von Schöpfung und Jahreszeiten eine Wendung zu geben, wählte man in
der Charwoche die „Walpurgisnacht" und „Christus am Oelberg". Doch
wird sich der, übrigens eben durch Haydn reich gewordene Verein schon be¬
quemen müssen, will er in der Folge mit den Aufführungen etwas einbringen,
auch etwas daran zu wagen. Hoffentlich werden mit Eröffnung des neuen
Opernhauses die letzten Stunden dieser Akademien in den dumpfen Räumen
des Burgtheaters geschlagen haben. Mit der ersten Ausführung im neuen
glänzenden Locale werden alle durch die Länge der Zeit eingerüsteten Ge¬
brechen sich hoffentlich heben und wird der Verein dann erst mit Recht rufen
können: „und es ward Licht". —

Der Wiener Männergesang-Verein hat im October verflossenen
Jahres seine 2Sjährige Jubiläumsfeier abgehalten. Es waren die glänzend¬
sten Tage des Vereins seit seinem Bestehen. Die Feierlichkeiten: Begrüßungs¬
abend der Festgäste — Kirchenfeier — Festconcert — Liedertafel — Grund¬
steinlegung des Schubert's-Monuments im Stadtpark, waren auf drei Tage
vertheilt. Der Verein erhielt bei dieser Gelegenheit zahlreiche und werth¬
volle Erinnerungszeichen. Den Glanzpunkt der Gaben aber bildeten die Ver¬
leihung der großen goldenen Salvator-Medaille von Seiten der Stadt Wien.,
Die Namen Dr. A. Schmidt (Gründer des Vereins), Dumba (der gegen¬
wärtige kunstsinnige Vorstand), Herbeck (Ehrenchormeister. dem der Verein
seine jetzige Höhe zu verdanken hat) Weinwurm, Nachfolger Herbeck's, waren
in diesen Tagen in Aller Mund. Dr. A. Schmidt veröffentlichte bei dieser
Gelegenheit eine sorgfältig bearbeitete Brochure, die Geschichte des Vereins
betreffend. Dem Beispiel des älteren Gesangkörpers folgend, haben sich in


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[0364] I. Dowland, und „Tanzlied" von Th. Morley), Chöre von Schumann („Gute Nacht" und „Jägerlied") „Volkslied" von Hiller und Mendelssohn's Hymne „Hör' mein Flehen" zur Aufführung. Auch aus Rossini's neuer Messe wurden heats Sätze vorgetragen. Der liebenswürdige Operncomponist verleugnet darin seine Natur nicht. Die Arien fänden Platz in jeder Oper; doch sind die Chorsätze Kyrie und Sanctus so ernst gehalten, als es dem Componisten des „Barbier" möglich war. Wie die Messe als Ganzes wirken mag, ge¬ hoben von der unterstützenden Orchesterbegleitung, ist den Wienern noch vor¬ behalten. Der „Haydn-Verein" (Wittwen - und Waisen-Versorgungsverein der Tonkünstler in Wien) gab seine regelmäßigen Akademien in der Weihnachts¬ und Charwoche. Die erstere im December hatte mit Hindernissen zu kämpfen und kam die „Schöpfung" zur Noth zu Stande. Man schien endlich ein¬ zusehen, daß diese bis jetzt nothdürftig vorbereiteten, von einem bunt zu¬ sammengewürfelten Chor und Orchester gebotenen Akademien den Ansprüchen der Jetztzeit nicht genügen können. Um der langgewohnten Wechselaufführung von Schöpfung und Jahreszeiten eine Wendung zu geben, wählte man in der Charwoche die „Walpurgisnacht" und „Christus am Oelberg". Doch wird sich der, übrigens eben durch Haydn reich gewordene Verein schon be¬ quemen müssen, will er in der Folge mit den Aufführungen etwas einbringen, auch etwas daran zu wagen. Hoffentlich werden mit Eröffnung des neuen Opernhauses die letzten Stunden dieser Akademien in den dumpfen Räumen des Burgtheaters geschlagen haben. Mit der ersten Ausführung im neuen glänzenden Locale werden alle durch die Länge der Zeit eingerüsteten Ge¬ brechen sich hoffentlich heben und wird der Verein dann erst mit Recht rufen können: „und es ward Licht". — Der Wiener Männergesang-Verein hat im October verflossenen Jahres seine 2Sjährige Jubiläumsfeier abgehalten. Es waren die glänzend¬ sten Tage des Vereins seit seinem Bestehen. Die Feierlichkeiten: Begrüßungs¬ abend der Festgäste — Kirchenfeier — Festconcert — Liedertafel — Grund¬ steinlegung des Schubert's-Monuments im Stadtpark, waren auf drei Tage vertheilt. Der Verein erhielt bei dieser Gelegenheit zahlreiche und werth¬ volle Erinnerungszeichen. Den Glanzpunkt der Gaben aber bildeten die Ver¬ leihung der großen goldenen Salvator-Medaille von Seiten der Stadt Wien., Die Namen Dr. A. Schmidt (Gründer des Vereins), Dumba (der gegen¬ wärtige kunstsinnige Vorstand), Herbeck (Ehrenchormeister. dem der Verein seine jetzige Höhe zu verdanken hat) Weinwurm, Nachfolger Herbeck's, waren in diesen Tagen in Aller Mund. Dr. A. Schmidt veröffentlichte bei dieser Gelegenheit eine sorgfältig bearbeitete Brochure, die Geschichte des Vereins betreffend. Dem Beispiel des älteren Gesangkörpers folgend, haben sich in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/364>, abgerufen am 04.07.2024.