Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.Privatalterthümer aus dem 16. und 17. Jahrhundert umschloß und zur Zeit In d. Bl. ist seinerzeit über den Hildesheimer Fund von antikem Silber- Privatalterthümer aus dem 16. und 17. Jahrhundert umschloß und zur Zeit In d. Bl. ist seinerzeit über den Hildesheimer Fund von antikem Silber- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0284" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/120971"/> <p xml:id="ID_869" prev="#ID_868"> Privatalterthümer aus dem 16. und 17. Jahrhundert umschloß und zur Zeit<lb/> des 30 jährigen Krieges verborgen wurde. Noch steckt den Deutschen etwas<lb/> von der alten Schatzfreude im Blut, jeder solche Fund regt einen kleinen<lb/> Wirbel von neuen Hoffnungen auf, und wir könnten uns recht behaglich<lb/> der Ueberzeugung hingeben, daß in unserm Lande noch ungeheuer viel Werth¬<lb/> volles und Lehrreiches aus alten Jahrhunderten der Hebung harrt, wenn<lb/> nur nicht bei diesem unterirdischen Besitz unseres Volkes ein Uebelstand zu<lb/> beklagen wäre, daß man ihn in der Regel nicht findet, wenn man ihn sucht.</p><lb/> <p xml:id="ID_870" next="#ID_871"> In d. Bl. ist seinerzeit über den Hildesheimer Fund von antikem Silber-<lb/> geräth berichtet worden, Der Kunstwerth und der antiquarische Werth des¬<lb/> selben erweisen sich immer größer, je eingehender die Betrachtung wird. Der¬<lb/> selbe ist jetzt nach Berlin in das große Museum geschafft, wo er in einem<lb/> Raume neben der Vasensammlung vorläufig aufgestellt ist; der gute Ent¬<lb/> scheid ist getroffen, daß er dem Museum zu Berlin verbleiben soll, und es<lb/> ist nach definitiver Feststellung des Bestandes zuverlässig eine ausführliche<lb/> archäologische Würdigung — wie wir annehmen, von Dr. Friederichs — zu<lb/> hoffen. Unterdeß hat nähere Betrachtung bereits einige vorläufige Resultate<lb/> gezogen, das letzte Heft des Hermes bringt eine antiquarische Abhandlung<lb/> von Theodor Mommsen und Richard Schöne, in welcher auf Grund<lb/> der Goldschmiedmarken die römische Methode der Gewichtsangaben und der<lb/> betreffenden Zeichen geprüft wird. Die gelegentlichen Bemerkungen Schöne's<lb/> über Beschaffenheit und Alter des Schatzes drücken die beste Ansicht aus, welche<lb/> man bis jetzt von der Zeit und den Umständen der Eingrabung gewonnen hat. —<lb/> Die einzelnen Tafelgercithe des großes Fundes sind nämlich nicht nur von sehr<lb/> verschiedenem Kunstwerth, wahrscheinlich auch aus verschiedenen Jahrhunderten<lb/> des römischen Alterthums. Der große Mischkessel, das schönste und am meisten<lb/> imponirende der uns erhaltenen Stücke, und die Minervaschale gehören höchst<lb/> wahrscheinlich der besten Zeit römischer Kunst, der ersten Zeit der jütischen<lb/> Kaiser, an; andere Stücke möchte man nach dem antiken Zopf der Deco-<lb/> ration und wohl auch aus epigraphischen Gründen bis in das Ende des<lb/> zweiten Jahrhunderts setzen; mehrere Geräthe waren offenbar in langem Ge¬<lb/> brauch, an Trinkschalen waren Füße von weniger kunstvoller Arbeit angelörhet,<lb/> ein und das andere Stück war bereits, als man es eingrub, ausgebessert, so<lb/> ein großes trichterförmiges Trinkgefäß von seltsamer unrömischer Arbeit, nach<lb/> seinem Ursprünge das räthselhafteste der erhaltenen Stücke, welches ein ganz<lb/> ähnliches Seitenstück hatte, dessen dünnes Silber aber beim Auffinden völlig<lb/> zerbrochen wurde und nur in Trümmern vorhanden ist. Die verschiedenen<lb/> Fabriken, aus denen die Gefäße hervorgegangen, die großen Unterschiede in<lb/> Kunstwerth und Stil und die Ausbesserungen einzelner Stücke lassen er¬<lb/> kennen, daß dies Geräth theilweise lange Zeit, vielleicht durch Generationen,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0284]
Privatalterthümer aus dem 16. und 17. Jahrhundert umschloß und zur Zeit
des 30 jährigen Krieges verborgen wurde. Noch steckt den Deutschen etwas
von der alten Schatzfreude im Blut, jeder solche Fund regt einen kleinen
Wirbel von neuen Hoffnungen auf, und wir könnten uns recht behaglich
der Ueberzeugung hingeben, daß in unserm Lande noch ungeheuer viel Werth¬
volles und Lehrreiches aus alten Jahrhunderten der Hebung harrt, wenn
nur nicht bei diesem unterirdischen Besitz unseres Volkes ein Uebelstand zu
beklagen wäre, daß man ihn in der Regel nicht findet, wenn man ihn sucht.
In d. Bl. ist seinerzeit über den Hildesheimer Fund von antikem Silber-
geräth berichtet worden, Der Kunstwerth und der antiquarische Werth des¬
selben erweisen sich immer größer, je eingehender die Betrachtung wird. Der¬
selbe ist jetzt nach Berlin in das große Museum geschafft, wo er in einem
Raume neben der Vasensammlung vorläufig aufgestellt ist; der gute Ent¬
scheid ist getroffen, daß er dem Museum zu Berlin verbleiben soll, und es
ist nach definitiver Feststellung des Bestandes zuverlässig eine ausführliche
archäologische Würdigung — wie wir annehmen, von Dr. Friederichs — zu
hoffen. Unterdeß hat nähere Betrachtung bereits einige vorläufige Resultate
gezogen, das letzte Heft des Hermes bringt eine antiquarische Abhandlung
von Theodor Mommsen und Richard Schöne, in welcher auf Grund
der Goldschmiedmarken die römische Methode der Gewichtsangaben und der
betreffenden Zeichen geprüft wird. Die gelegentlichen Bemerkungen Schöne's
über Beschaffenheit und Alter des Schatzes drücken die beste Ansicht aus, welche
man bis jetzt von der Zeit und den Umständen der Eingrabung gewonnen hat. —
Die einzelnen Tafelgercithe des großes Fundes sind nämlich nicht nur von sehr
verschiedenem Kunstwerth, wahrscheinlich auch aus verschiedenen Jahrhunderten
des römischen Alterthums. Der große Mischkessel, das schönste und am meisten
imponirende der uns erhaltenen Stücke, und die Minervaschale gehören höchst
wahrscheinlich der besten Zeit römischer Kunst, der ersten Zeit der jütischen
Kaiser, an; andere Stücke möchte man nach dem antiken Zopf der Deco-
ration und wohl auch aus epigraphischen Gründen bis in das Ende des
zweiten Jahrhunderts setzen; mehrere Geräthe waren offenbar in langem Ge¬
brauch, an Trinkschalen waren Füße von weniger kunstvoller Arbeit angelörhet,
ein und das andere Stück war bereits, als man es eingrub, ausgebessert, so
ein großes trichterförmiges Trinkgefäß von seltsamer unrömischer Arbeit, nach
seinem Ursprünge das räthselhafteste der erhaltenen Stücke, welches ein ganz
ähnliches Seitenstück hatte, dessen dünnes Silber aber beim Auffinden völlig
zerbrochen wurde und nur in Trümmern vorhanden ist. Die verschiedenen
Fabriken, aus denen die Gefäße hervorgegangen, die großen Unterschiede in
Kunstwerth und Stil und die Ausbesserungen einzelner Stücke lassen er¬
kennen, daß dies Geräth theilweise lange Zeit, vielleicht durch Generationen,
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