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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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Zahl gebildeter Frauen zu einer selbständigen, anständigen Existenz und
einem segensreichen Wirkungskreise verhalfen, die Fröbel'schen Erziehungs¬
grundsätze, denen zusolge das Kind spielend zu ernster Thätigkeit ge-
leitet werden soll, hatten auch unverkennbar einen günstigen Einfluß auf
die gesammte Volkserziehung und insbesondere auf die des weiblichen Ge¬
schlechts.

Einen neuen segensreichen Wirkungskreis eröffneten ferner solchen Frauen,
die ihre ganze Kraft selbstlos dem Wohle der Menschheit zu opfern ent¬
schlossen waren, in jenen Anstalten, welche wir unter dem Namen der Diako¬
nissen h ä user zusammenfassen. und welche sich schon bei großen, allgemeinen
Calamitäten den Dank des Vaterlandes verdient haben.

Treffliche Lehrerinnen-Bildungsanstalten haben wir schon seit geraumer
Zeit manche aufzuweisen. Hie und da werden die Zöglinge solcher Institute
auch bereits im öffentlichen Schuldienst verwendet, während ihre Verwendung
im Dienst der Privatschulen für Töchter ganz allgemein üblich ist.

Allein ziemlich jungen Datums sind doch bei uns die kooperativen Be¬
strebungen, welche ausgesprochenermaßen das Ziel verfolgen, die rechtliche
und wirthschaftliche Stellung des weiblichen Geschlechts zu verbessern, und
dem letzteren neue Erwerbsgebiete zu eröffnen.

Sehen wir von den Hansestädten ab, so finden wir auch an der Spitze
dieser Bestrebungen fast überall in Deutschland fürstliche Frauen, welche
eingedenk der durch ihre hervorragende Lebensstellung ihnen auferlegten
Verpflichtungen mit rühmlichem Beispiele voranleuchten. So in Preußen,
so im Königreich Sachsen, so in Hessen-Darmstadt, so im Großherzog-
thum Baden.

In Preußen sind seit 1865 in sieben Städten solche Vereine entstanden,
der größte und zur Zeit wirksamste in der Hauptstadt des Staates.

Fräulein Jenny Hirsch macht im Ganzen 17 deutsche Frauenvereine, die
der modernen Tendenz huldigen, namhaft. Deren kommen 7 aus die süd¬
deutschen und 10 auf die Staaten des norddeutschen Bundes.

Fast in allen diesen Vereinen wirken Frauen und Männer in edlem
Wetteifer. Fast Alle richten ihr Augenmerk zunächst auf die Verbesserung
der weiblichen Erziehung, namentlich, indem sie Fortbildungsanstalten ins
Leben zu rufen oder zu empfehlen bemüht sind, welche ihre Schülerinnen in
den im praktischen Leben unmittelbar verwerthbaren Wissenszweigen unter¬
richten.

Die meisten eröffnen ihre Bestrebungen für die Erweiterung des weib¬
lichen Erwerbsgebietes mit der Errichtung von Verkaufsstellen für weibliche
Handarbetten und von Stellenvermittelungsbureaux. Einige Vereine, wie


Zahl gebildeter Frauen zu einer selbständigen, anständigen Existenz und
einem segensreichen Wirkungskreise verhalfen, die Fröbel'schen Erziehungs¬
grundsätze, denen zusolge das Kind spielend zu ernster Thätigkeit ge-
leitet werden soll, hatten auch unverkennbar einen günstigen Einfluß auf
die gesammte Volkserziehung und insbesondere auf die des weiblichen Ge¬
schlechts.

Einen neuen segensreichen Wirkungskreis eröffneten ferner solchen Frauen,
die ihre ganze Kraft selbstlos dem Wohle der Menschheit zu opfern ent¬
schlossen waren, in jenen Anstalten, welche wir unter dem Namen der Diako¬
nissen h ä user zusammenfassen. und welche sich schon bei großen, allgemeinen
Calamitäten den Dank des Vaterlandes verdient haben.

Treffliche Lehrerinnen-Bildungsanstalten haben wir schon seit geraumer
Zeit manche aufzuweisen. Hie und da werden die Zöglinge solcher Institute
auch bereits im öffentlichen Schuldienst verwendet, während ihre Verwendung
im Dienst der Privatschulen für Töchter ganz allgemein üblich ist.

Allein ziemlich jungen Datums sind doch bei uns die kooperativen Be¬
strebungen, welche ausgesprochenermaßen das Ziel verfolgen, die rechtliche
und wirthschaftliche Stellung des weiblichen Geschlechts zu verbessern, und
dem letzteren neue Erwerbsgebiete zu eröffnen.

Sehen wir von den Hansestädten ab, so finden wir auch an der Spitze
dieser Bestrebungen fast überall in Deutschland fürstliche Frauen, welche
eingedenk der durch ihre hervorragende Lebensstellung ihnen auferlegten
Verpflichtungen mit rühmlichem Beispiele voranleuchten. So in Preußen,
so im Königreich Sachsen, so in Hessen-Darmstadt, so im Großherzog-
thum Baden.

In Preußen sind seit 1865 in sieben Städten solche Vereine entstanden,
der größte und zur Zeit wirksamste in der Hauptstadt des Staates.

Fräulein Jenny Hirsch macht im Ganzen 17 deutsche Frauenvereine, die
der modernen Tendenz huldigen, namhaft. Deren kommen 7 aus die süd¬
deutschen und 10 auf die Staaten des norddeutschen Bundes.

Fast in allen diesen Vereinen wirken Frauen und Männer in edlem
Wetteifer. Fast Alle richten ihr Augenmerk zunächst auf die Verbesserung
der weiblichen Erziehung, namentlich, indem sie Fortbildungsanstalten ins
Leben zu rufen oder zu empfehlen bemüht sind, welche ihre Schülerinnen in
den im praktischen Leben unmittelbar verwerthbaren Wissenszweigen unter¬
richten.

Die meisten eröffnen ihre Bestrebungen für die Erweiterung des weib¬
lichen Erwerbsgebietes mit der Errichtung von Verkaufsstellen für weibliche
Handarbetten und von Stellenvermittelungsbureaux. Einige Vereine, wie


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[0151] Zahl gebildeter Frauen zu einer selbständigen, anständigen Existenz und einem segensreichen Wirkungskreise verhalfen, die Fröbel'schen Erziehungs¬ grundsätze, denen zusolge das Kind spielend zu ernster Thätigkeit ge- leitet werden soll, hatten auch unverkennbar einen günstigen Einfluß auf die gesammte Volkserziehung und insbesondere auf die des weiblichen Ge¬ schlechts. Einen neuen segensreichen Wirkungskreis eröffneten ferner solchen Frauen, die ihre ganze Kraft selbstlos dem Wohle der Menschheit zu opfern ent¬ schlossen waren, in jenen Anstalten, welche wir unter dem Namen der Diako¬ nissen h ä user zusammenfassen. und welche sich schon bei großen, allgemeinen Calamitäten den Dank des Vaterlandes verdient haben. Treffliche Lehrerinnen-Bildungsanstalten haben wir schon seit geraumer Zeit manche aufzuweisen. Hie und da werden die Zöglinge solcher Institute auch bereits im öffentlichen Schuldienst verwendet, während ihre Verwendung im Dienst der Privatschulen für Töchter ganz allgemein üblich ist. Allein ziemlich jungen Datums sind doch bei uns die kooperativen Be¬ strebungen, welche ausgesprochenermaßen das Ziel verfolgen, die rechtliche und wirthschaftliche Stellung des weiblichen Geschlechts zu verbessern, und dem letzteren neue Erwerbsgebiete zu eröffnen. Sehen wir von den Hansestädten ab, so finden wir auch an der Spitze dieser Bestrebungen fast überall in Deutschland fürstliche Frauen, welche eingedenk der durch ihre hervorragende Lebensstellung ihnen auferlegten Verpflichtungen mit rühmlichem Beispiele voranleuchten. So in Preußen, so im Königreich Sachsen, so in Hessen-Darmstadt, so im Großherzog- thum Baden. In Preußen sind seit 1865 in sieben Städten solche Vereine entstanden, der größte und zur Zeit wirksamste in der Hauptstadt des Staates. Fräulein Jenny Hirsch macht im Ganzen 17 deutsche Frauenvereine, die der modernen Tendenz huldigen, namhaft. Deren kommen 7 aus die süd¬ deutschen und 10 auf die Staaten des norddeutschen Bundes. Fast in allen diesen Vereinen wirken Frauen und Männer in edlem Wetteifer. Fast Alle richten ihr Augenmerk zunächst auf die Verbesserung der weiblichen Erziehung, namentlich, indem sie Fortbildungsanstalten ins Leben zu rufen oder zu empfehlen bemüht sind, welche ihre Schülerinnen in den im praktischen Leben unmittelbar verwerthbaren Wissenszweigen unter¬ richten. Die meisten eröffnen ihre Bestrebungen für die Erweiterung des weib¬ lichen Erwerbsgebietes mit der Errichtung von Verkaufsstellen für weibliche Handarbetten und von Stellenvermittelungsbureaux. Einige Vereine, wie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/151>, abgerufen am 24.07.2024.