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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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wärts. der Erweiterung der üblichen weiblichen Wirkungskreise, und, wenn
in diesen Schichten durchschnittlich die Erziehung in England eine sorgfälti¬
gere sein mag. als z. B. in Frankreich, so fehlt es jedenfalls dort ganz an
jenen wunderbaren Naturanlagen, die bei den französischen Frauen der mitt¬
leren Stände den Erziehungsmangel so häufig, wenn nicht ergänzen, so doch
verdecken.

Indeß -- der britischen Energie und dem in England so lebendigen Ge¬
meingeist wird es -- daran brauchen wir nicht zu zweifeln -- gelingen, in
der Lösung der Frauenfrage stets mindestens mit allen Denen gleichen Schritt
zu halten, die auf vielleicht minder schwierigem Terrain sich bemühen, in die¬
sem Punkte die ersten zu sein.

Lernen können wir vor Allem von den Engländern die vublicistische
Erörterung der mannichfachen Seiten, welche die Frage darbietet. Dem
"Victoria-NaMöius". der von Frauen gedruckten Monatsschrift des im
Jahre 1860 in London gegründeten Vereins zur Förderung der Erwerbs-
fähigkeit des weiblichen Geschlechts, werden wir noch lange nichts Ebenbürti¬
ges an die Seite zu stellen haben. Lernen können wir auch von ihnen die
zweckmäßige Organisation der Vereine, die bald auf die höhere
weibliche Fachbildung oder auf die allgemeine Fortbildung weiblicher Per¬
sonen ihr Absehen richten, wie die ?fing.is msäieul Loeiet^ und das >VorI:ii>F
womiziis LollöAö in London, oder die. wie die ^eillklö miclcllö eini^i-s,-
lion Loeiet^, das Dress-inaKinK ana Nilliner-Housö, die ^rw^-clotdinZ
I^etor^, unmittelbar praktische ökonomische Zweck" ins Auge fassen.

Lernen wie von den Engländern können wir auch von den Amerika¬
nern, wenn es auch diesen unverkennbar durch das Zusammentreffen vieler
nirgends sonst vorhandener Umstände besonders leicht geworden ist, den
Frauen eine besonders günstige Stellung anzuweisen. Lernen könnten unsere
Großindustriellen von ihren Fachgenossen in dem amerikanischen Manchester,
in Lowell. wo 5000 junge Arbeiterinnen in den Spinnereien förmlich ge¬
hegt und gepflegt und unter den glücklichsten Bedingungen zu Musterarbeite¬
rinnen ausgebildet werden. Lernen könnten unsere Universitäten, Cultus¬
ministerien und Medicinalcollegien von den gleichartigen amerikanischen In¬
stituten, welche kein Bedenken haben, Frauen zum Studium und zur Aus¬
übung der Heilkunst zuzulassen, und deren unbefangener Auffassung der wirk¬
lichen Sachlage die Amerikaner weibliche Aerzte, wie Mary Walker, die
Schwestern Blackwell, Maria Zakczewska u. A. verdanken. Lernen könnten
unsere reichen Mitbürger von ihren Glücksgenossen jenseits des Oceans, die
wie der berühmte Peabody, oder Matthew Vassar. ihre größte Freude darin
finden, dem Vaterlande durch großartige Liberalität einen Theil der Sorge
für seine Frauen abzunehmen. Lernen endlich könnten und sollten wir alle


wärts. der Erweiterung der üblichen weiblichen Wirkungskreise, und, wenn
in diesen Schichten durchschnittlich die Erziehung in England eine sorgfälti¬
gere sein mag. als z. B. in Frankreich, so fehlt es jedenfalls dort ganz an
jenen wunderbaren Naturanlagen, die bei den französischen Frauen der mitt¬
leren Stände den Erziehungsmangel so häufig, wenn nicht ergänzen, so doch
verdecken.

Indeß — der britischen Energie und dem in England so lebendigen Ge¬
meingeist wird es — daran brauchen wir nicht zu zweifeln — gelingen, in
der Lösung der Frauenfrage stets mindestens mit allen Denen gleichen Schritt
zu halten, die auf vielleicht minder schwierigem Terrain sich bemühen, in die¬
sem Punkte die ersten zu sein.

Lernen können wir vor Allem von den Engländern die vublicistische
Erörterung der mannichfachen Seiten, welche die Frage darbietet. Dem
„Victoria-NaMöius". der von Frauen gedruckten Monatsschrift des im
Jahre 1860 in London gegründeten Vereins zur Förderung der Erwerbs-
fähigkeit des weiblichen Geschlechts, werden wir noch lange nichts Ebenbürti¬
ges an die Seite zu stellen haben. Lernen können wir auch von ihnen die
zweckmäßige Organisation der Vereine, die bald auf die höhere
weibliche Fachbildung oder auf die allgemeine Fortbildung weiblicher Per¬
sonen ihr Absehen richten, wie die ?fing.is msäieul Loeiet^ und das >VorI:ii>F
womiziis LollöAö in London, oder die. wie die ^eillklö miclcllö eini^i-s,-
lion Loeiet^, das Dress-inaKinK ana Nilliner-Housö, die ^rw^-clotdinZ
I^etor^, unmittelbar praktische ökonomische Zweck« ins Auge fassen.

Lernen wie von den Engländern können wir auch von den Amerika¬
nern, wenn es auch diesen unverkennbar durch das Zusammentreffen vieler
nirgends sonst vorhandener Umstände besonders leicht geworden ist, den
Frauen eine besonders günstige Stellung anzuweisen. Lernen könnten unsere
Großindustriellen von ihren Fachgenossen in dem amerikanischen Manchester,
in Lowell. wo 5000 junge Arbeiterinnen in den Spinnereien förmlich ge¬
hegt und gepflegt und unter den glücklichsten Bedingungen zu Musterarbeite¬
rinnen ausgebildet werden. Lernen könnten unsere Universitäten, Cultus¬
ministerien und Medicinalcollegien von den gleichartigen amerikanischen In¬
stituten, welche kein Bedenken haben, Frauen zum Studium und zur Aus¬
übung der Heilkunst zuzulassen, und deren unbefangener Auffassung der wirk¬
lichen Sachlage die Amerikaner weibliche Aerzte, wie Mary Walker, die
Schwestern Blackwell, Maria Zakczewska u. A. verdanken. Lernen könnten
unsere reichen Mitbürger von ihren Glücksgenossen jenseits des Oceans, die
wie der berühmte Peabody, oder Matthew Vassar. ihre größte Freude darin
finden, dem Vaterlande durch großartige Liberalität einen Theil der Sorge
für seine Frauen abzunehmen. Lernen endlich könnten und sollten wir alle


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[0149] wärts. der Erweiterung der üblichen weiblichen Wirkungskreise, und, wenn in diesen Schichten durchschnittlich die Erziehung in England eine sorgfälti¬ gere sein mag. als z. B. in Frankreich, so fehlt es jedenfalls dort ganz an jenen wunderbaren Naturanlagen, die bei den französischen Frauen der mitt¬ leren Stände den Erziehungsmangel so häufig, wenn nicht ergänzen, so doch verdecken. Indeß — der britischen Energie und dem in England so lebendigen Ge¬ meingeist wird es — daran brauchen wir nicht zu zweifeln — gelingen, in der Lösung der Frauenfrage stets mindestens mit allen Denen gleichen Schritt zu halten, die auf vielleicht minder schwierigem Terrain sich bemühen, in die¬ sem Punkte die ersten zu sein. Lernen können wir vor Allem von den Engländern die vublicistische Erörterung der mannichfachen Seiten, welche die Frage darbietet. Dem „Victoria-NaMöius". der von Frauen gedruckten Monatsschrift des im Jahre 1860 in London gegründeten Vereins zur Förderung der Erwerbs- fähigkeit des weiblichen Geschlechts, werden wir noch lange nichts Ebenbürti¬ ges an die Seite zu stellen haben. Lernen können wir auch von ihnen die zweckmäßige Organisation der Vereine, die bald auf die höhere weibliche Fachbildung oder auf die allgemeine Fortbildung weiblicher Per¬ sonen ihr Absehen richten, wie die ?fing.is msäieul Loeiet^ und das >VorI:ii>F womiziis LollöAö in London, oder die. wie die ^eillklö miclcllö eini^i-s,- lion Loeiet^, das Dress-inaKinK ana Nilliner-Housö, die ^rw^-clotdinZ I^etor^, unmittelbar praktische ökonomische Zweck« ins Auge fassen. Lernen wie von den Engländern können wir auch von den Amerika¬ nern, wenn es auch diesen unverkennbar durch das Zusammentreffen vieler nirgends sonst vorhandener Umstände besonders leicht geworden ist, den Frauen eine besonders günstige Stellung anzuweisen. Lernen könnten unsere Großindustriellen von ihren Fachgenossen in dem amerikanischen Manchester, in Lowell. wo 5000 junge Arbeiterinnen in den Spinnereien förmlich ge¬ hegt und gepflegt und unter den glücklichsten Bedingungen zu Musterarbeite¬ rinnen ausgebildet werden. Lernen könnten unsere Universitäten, Cultus¬ ministerien und Medicinalcollegien von den gleichartigen amerikanischen In¬ stituten, welche kein Bedenken haben, Frauen zum Studium und zur Aus¬ übung der Heilkunst zuzulassen, und deren unbefangener Auffassung der wirk¬ lichen Sachlage die Amerikaner weibliche Aerzte, wie Mary Walker, die Schwestern Blackwell, Maria Zakczewska u. A. verdanken. Lernen könnten unsere reichen Mitbürger von ihren Glücksgenossen jenseits des Oceans, die wie der berühmte Peabody, oder Matthew Vassar. ihre größte Freude darin finden, dem Vaterlande durch großartige Liberalität einen Theil der Sorge für seine Frauen abzunehmen. Lernen endlich könnten und sollten wir alle

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/149>, abgerufen am 24.07.2024.