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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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Er sollte mit der Reichsarmee zusammenwirken, um in Sachsen einzufallen,
bedang sich aber dabei eine unabhängige Stellung nach allen Seiten aus.
Die letztere benutzte er denn auch dazu, um sich vorsichtig zurückzuziehen. sobald
es Friedrich möglich war, den Kriegsschauplatz wieder an die Elbe zu ver¬
legen. Um so tapferer war bis dahin die Truppe in Eintreibung von Con-
tributionen an Geld, Lebensmitteln und Fourage gewesen, und wo sie durch¬
gezogen, hatte sie den allerschlimmsten Ruf hinterlassen. Im Uebrigen ist
noch der charakteristische Zug herauszuheben, daß das preußische Corps,
welches die Württemberger unvermuthet bei Köthen überfiel, um sie vollends
aus den sächsischen Winterquartieren zu vertreiben, von einem Bruder des Her"
zogs. dem General Prinzen Friedrich Eugen von Württemberg, der später
selbst Herzog und der Stammvater der jetzt regierenden Linie wurde, be¬
fehligt war. Im December kehrte der Herzog mit seiner Truppe nach der
Heimath zurück und der Kaiser verbat sich höflich deren fernere Dienste.
Es war auf längere Zeit der letzte Feldzug für die württembergischen
Truppen.

Und damit sei denn auch unsererseits diese Erzählung württembergischer
Kriegsthaten beschlossen. Wer dieselben weiter verfolgen möchte, den ver¬
weisen wir auf das genannte Buch, das die Wandlungen des württembergi¬
schen Heerwesens und den Antheil, den die herzoglichen und später könig¬
lichen Truppen an der allgemeinen Kriegsgeschichte haben, auch noch über die
Zeit der französischen Revolutionskriege, der napoleonischen Feldzüge, der
Befreiungskriege, und endlich über das Jahr 1848 bis zum Mainfeldzug des
Jahres 1866 und dem Treffen bei Tauberbischofsheim fortsetzt. Es bleibt
uns nur noch eine Pflicht zu erfüllen, nämlich das warme Nationalgefühl
zu rühmen, mit dem dieses Buch des k. württembergischen Oberlieutenants
geschrieben ist. Er scheut sich nicht vor der freimüthigster Kritik der ver¬
gangenen Ereignisse und Zustände, überall geht er bis zu den letzten Gründen
der Uebel zurück, ohne Versuch der Beschönigung und für den jammervollen
Inhalt seiner Erzählung muß die warme Ueberzeugung entschädigen, die
überall durchbricht, daß erst in Folge der jüngsten Ereignisse auch den Heeres¬
körpern der kleineren Staaten eine würdige Existenz und ein würdiges Ziel
geschaffen ist. In diesem Betracht ist das Buch an sich selbst ein erfreu¬
liches Anzeichen, und gerne setzen wir noch die Betrachtung her, mit welcher
dasselbe abschließt. "Was die Denker und Helden vom Anfang dieses Jahr¬
hunderts als den Beruf Preußens in Deutschland erkannten, es ist im großen
Ganzen erfüllt. Für die weitere Fortführung und den Ausbau bürgen die
Leistungen der deutschen Armee, die Einsicht der tonangebenden Staats¬
männer und der gesunde Sinn des deutschen Volks. Diesen gesunden Sinn
des Volks zu erhalten, auszubilden und immer mehr zu kräftigen, ist ins-


Er sollte mit der Reichsarmee zusammenwirken, um in Sachsen einzufallen,
bedang sich aber dabei eine unabhängige Stellung nach allen Seiten aus.
Die letztere benutzte er denn auch dazu, um sich vorsichtig zurückzuziehen. sobald
es Friedrich möglich war, den Kriegsschauplatz wieder an die Elbe zu ver¬
legen. Um so tapferer war bis dahin die Truppe in Eintreibung von Con-
tributionen an Geld, Lebensmitteln und Fourage gewesen, und wo sie durch¬
gezogen, hatte sie den allerschlimmsten Ruf hinterlassen. Im Uebrigen ist
noch der charakteristische Zug herauszuheben, daß das preußische Corps,
welches die Württemberger unvermuthet bei Köthen überfiel, um sie vollends
aus den sächsischen Winterquartieren zu vertreiben, von einem Bruder des Her«
zogs. dem General Prinzen Friedrich Eugen von Württemberg, der später
selbst Herzog und der Stammvater der jetzt regierenden Linie wurde, be¬
fehligt war. Im December kehrte der Herzog mit seiner Truppe nach der
Heimath zurück und der Kaiser verbat sich höflich deren fernere Dienste.
Es war auf längere Zeit der letzte Feldzug für die württembergischen
Truppen.

Und damit sei denn auch unsererseits diese Erzählung württembergischer
Kriegsthaten beschlossen. Wer dieselben weiter verfolgen möchte, den ver¬
weisen wir auf das genannte Buch, das die Wandlungen des württembergi¬
schen Heerwesens und den Antheil, den die herzoglichen und später könig¬
lichen Truppen an der allgemeinen Kriegsgeschichte haben, auch noch über die
Zeit der französischen Revolutionskriege, der napoleonischen Feldzüge, der
Befreiungskriege, und endlich über das Jahr 1848 bis zum Mainfeldzug des
Jahres 1866 und dem Treffen bei Tauberbischofsheim fortsetzt. Es bleibt
uns nur noch eine Pflicht zu erfüllen, nämlich das warme Nationalgefühl
zu rühmen, mit dem dieses Buch des k. württembergischen Oberlieutenants
geschrieben ist. Er scheut sich nicht vor der freimüthigster Kritik der ver¬
gangenen Ereignisse und Zustände, überall geht er bis zu den letzten Gründen
der Uebel zurück, ohne Versuch der Beschönigung und für den jammervollen
Inhalt seiner Erzählung muß die warme Ueberzeugung entschädigen, die
überall durchbricht, daß erst in Folge der jüngsten Ereignisse auch den Heeres¬
körpern der kleineren Staaten eine würdige Existenz und ein würdiges Ziel
geschaffen ist. In diesem Betracht ist das Buch an sich selbst ein erfreu¬
liches Anzeichen, und gerne setzen wir noch die Betrachtung her, mit welcher
dasselbe abschließt. „Was die Denker und Helden vom Anfang dieses Jahr¬
hunderts als den Beruf Preußens in Deutschland erkannten, es ist im großen
Ganzen erfüllt. Für die weitere Fortführung und den Ausbau bürgen die
Leistungen der deutschen Armee, die Einsicht der tonangebenden Staats¬
männer und der gesunde Sinn des deutschen Volks. Diesen gesunden Sinn
des Volks zu erhalten, auszubilden und immer mehr zu kräftigen, ist ins-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/118>, abgerufen am 24.07.2024.