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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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athmige Schreiben schließt "mit der angefügten ernstlichen Verwarnung, daß
in Entstehung dessen Wir alle diejenige Schärfe gegen euch und einen Jeden
aus euch werden vorkehren lassen, welche die Gesetze des Reichs hierunter
denen Landesherren zum nöthigen Vorstand und sonsten zum Guten geschrie-
ben haben, ohne daß Wir hiebei die Ausrede des Einen auf den Anderen
und der Wenigeren auf die Mehreren mögen oder werden gelten lassen,
sondern einen Jeden aus euch und also auch die Commune, an deren Statt
ihr oder Einige aus euch gesetzet sind, zur Gebühr stracklichen anweisen und
solche von euch erfordern, dannenhero Wir auch des Herzogs Liebden unter-
einstem der dießsallfigen Gebühr erinnern."

Ende des Jahres 1768 wurde der Subsidienvertrag mit Frankreich auf
ein weiteres Jahr erneuert und auf die Stellung eines Hülfscorps von
8620 Mann ausgedehnt. Der bekannte Major Rieger. der später in asce-
tischer Frömmigkeit seine Vergangenheit büßte, leistete fast Unglaubliches in
Aufbringung von Menschen und Geld. Für jedes Amt wurde einfach die
Rekrutenquvte angesetzt, die zu liefern war, und die Vögte setzten Verzeichnisse
auf über die zu Soldaten vorgeschlagenen Leute, meistens solche mit schiech- °
tem Prädicat und als entbehrlich bezeichnet. Von Stuttgart z. B. werden
vorgeschlagen: Michel Asinus, Weingärtner, ist ein schlechter Mann. Säufer
und Schuldenmacher; und ein anderer: hat bekanntlich ein schlechtes Prädicat,
aber ist groß. Oder: hat eine gute Länge, ist ein Uebelhauser und erst letzt¬
hin entloffen gewesen, puncto turti verdächtig. Als Säufer sind ziemlich Alle
bezeichnet.

Der Herzog selbst zog an der Spitze seiner Truppen aus, er hatte vom
Marschall Broglie die Aufgabe erhalten, die hessischen Lande in Contribution
zu setzen, damit ein hier einbrechender Feind keine Subsistenzmittel mehr
vorfinde. Von Kriegsthaten ist denn auch aus diesem Feldzug nichts zu
melden, mit Ausnahme eines Gefechts bei Fulda, in welchem die Württem¬
berger von dem Erbprinzen von Braunschweig geschlagen wurden. Damals
machte der Herzog auch die unliebsame Bekanntschaft des Vogelsbergs, er
nennt die Wege desselben les euemins an mouäö Iss plus allreux, ein Urtheil,
dessen unveraltete Wahrheit bekanntlich die Württemberger im Jahr 1866
zu bestätigen Gelegenheit hatten.

Die Franzosen scheinen von den Leistungen des herzoglichen Hülfscorps
nicht übermäßig entzückt gewesen zu sein. Als der Subsidienvertrag mit
Frankreich zum zweitenmal zu Ende war. bot der Herzog vergebens eine Er¬
neuerung desselben an. und ebenso wurde er mit seinen wiederholten Aner¬
bietungen in London und Madrid abgewiesen. Da er aber in keiner Weise
sich auf eine Reduction der Truppen einlassen wollte, entschloß er sich endlich,
als Bundesgenosse Oestreichs sich des Weiteren am Kriege zu betheiligen.


athmige Schreiben schließt „mit der angefügten ernstlichen Verwarnung, daß
in Entstehung dessen Wir alle diejenige Schärfe gegen euch und einen Jeden
aus euch werden vorkehren lassen, welche die Gesetze des Reichs hierunter
denen Landesherren zum nöthigen Vorstand und sonsten zum Guten geschrie-
ben haben, ohne daß Wir hiebei die Ausrede des Einen auf den Anderen
und der Wenigeren auf die Mehreren mögen oder werden gelten lassen,
sondern einen Jeden aus euch und also auch die Commune, an deren Statt
ihr oder Einige aus euch gesetzet sind, zur Gebühr stracklichen anweisen und
solche von euch erfordern, dannenhero Wir auch des Herzogs Liebden unter-
einstem der dießsallfigen Gebühr erinnern."

Ende des Jahres 1768 wurde der Subsidienvertrag mit Frankreich auf
ein weiteres Jahr erneuert und auf die Stellung eines Hülfscorps von
8620 Mann ausgedehnt. Der bekannte Major Rieger. der später in asce-
tischer Frömmigkeit seine Vergangenheit büßte, leistete fast Unglaubliches in
Aufbringung von Menschen und Geld. Für jedes Amt wurde einfach die
Rekrutenquvte angesetzt, die zu liefern war, und die Vögte setzten Verzeichnisse
auf über die zu Soldaten vorgeschlagenen Leute, meistens solche mit schiech- °
tem Prädicat und als entbehrlich bezeichnet. Von Stuttgart z. B. werden
vorgeschlagen: Michel Asinus, Weingärtner, ist ein schlechter Mann. Säufer
und Schuldenmacher; und ein anderer: hat bekanntlich ein schlechtes Prädicat,
aber ist groß. Oder: hat eine gute Länge, ist ein Uebelhauser und erst letzt¬
hin entloffen gewesen, puncto turti verdächtig. Als Säufer sind ziemlich Alle
bezeichnet.

Der Herzog selbst zog an der Spitze seiner Truppen aus, er hatte vom
Marschall Broglie die Aufgabe erhalten, die hessischen Lande in Contribution
zu setzen, damit ein hier einbrechender Feind keine Subsistenzmittel mehr
vorfinde. Von Kriegsthaten ist denn auch aus diesem Feldzug nichts zu
melden, mit Ausnahme eines Gefechts bei Fulda, in welchem die Württem¬
berger von dem Erbprinzen von Braunschweig geschlagen wurden. Damals
machte der Herzog auch die unliebsame Bekanntschaft des Vogelsbergs, er
nennt die Wege desselben les euemins an mouäö Iss plus allreux, ein Urtheil,
dessen unveraltete Wahrheit bekanntlich die Württemberger im Jahr 1866
zu bestätigen Gelegenheit hatten.

Die Franzosen scheinen von den Leistungen des herzoglichen Hülfscorps
nicht übermäßig entzückt gewesen zu sein. Als der Subsidienvertrag mit
Frankreich zum zweitenmal zu Ende war. bot der Herzog vergebens eine Er¬
neuerung desselben an. und ebenso wurde er mit seinen wiederholten Aner¬
bietungen in London und Madrid abgewiesen. Da er aber in keiner Weise
sich auf eine Reduction der Truppen einlassen wollte, entschloß er sich endlich,
als Bundesgenosse Oestreichs sich des Weiteren am Kriege zu betheiligen.


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[0117] athmige Schreiben schließt „mit der angefügten ernstlichen Verwarnung, daß in Entstehung dessen Wir alle diejenige Schärfe gegen euch und einen Jeden aus euch werden vorkehren lassen, welche die Gesetze des Reichs hierunter denen Landesherren zum nöthigen Vorstand und sonsten zum Guten geschrie- ben haben, ohne daß Wir hiebei die Ausrede des Einen auf den Anderen und der Wenigeren auf die Mehreren mögen oder werden gelten lassen, sondern einen Jeden aus euch und also auch die Commune, an deren Statt ihr oder Einige aus euch gesetzet sind, zur Gebühr stracklichen anweisen und solche von euch erfordern, dannenhero Wir auch des Herzogs Liebden unter- einstem der dießsallfigen Gebühr erinnern." Ende des Jahres 1768 wurde der Subsidienvertrag mit Frankreich auf ein weiteres Jahr erneuert und auf die Stellung eines Hülfscorps von 8620 Mann ausgedehnt. Der bekannte Major Rieger. der später in asce- tischer Frömmigkeit seine Vergangenheit büßte, leistete fast Unglaubliches in Aufbringung von Menschen und Geld. Für jedes Amt wurde einfach die Rekrutenquvte angesetzt, die zu liefern war, und die Vögte setzten Verzeichnisse auf über die zu Soldaten vorgeschlagenen Leute, meistens solche mit schiech- ° tem Prädicat und als entbehrlich bezeichnet. Von Stuttgart z. B. werden vorgeschlagen: Michel Asinus, Weingärtner, ist ein schlechter Mann. Säufer und Schuldenmacher; und ein anderer: hat bekanntlich ein schlechtes Prädicat, aber ist groß. Oder: hat eine gute Länge, ist ein Uebelhauser und erst letzt¬ hin entloffen gewesen, puncto turti verdächtig. Als Säufer sind ziemlich Alle bezeichnet. Der Herzog selbst zog an der Spitze seiner Truppen aus, er hatte vom Marschall Broglie die Aufgabe erhalten, die hessischen Lande in Contribution zu setzen, damit ein hier einbrechender Feind keine Subsistenzmittel mehr vorfinde. Von Kriegsthaten ist denn auch aus diesem Feldzug nichts zu melden, mit Ausnahme eines Gefechts bei Fulda, in welchem die Württem¬ berger von dem Erbprinzen von Braunschweig geschlagen wurden. Damals machte der Herzog auch die unliebsame Bekanntschaft des Vogelsbergs, er nennt die Wege desselben les euemins an mouäö Iss plus allreux, ein Urtheil, dessen unveraltete Wahrheit bekanntlich die Württemberger im Jahr 1866 zu bestätigen Gelegenheit hatten. Die Franzosen scheinen von den Leistungen des herzoglichen Hülfscorps nicht übermäßig entzückt gewesen zu sein. Als der Subsidienvertrag mit Frankreich zum zweitenmal zu Ende war. bot der Herzog vergebens eine Er¬ neuerung desselben an. und ebenso wurde er mit seinen wiederholten Aner¬ bietungen in London und Madrid abgewiesen. Da er aber in keiner Weise sich auf eine Reduction der Truppen einlassen wollte, entschloß er sich endlich, als Bundesgenosse Oestreichs sich des Weiteren am Kriege zu betheiligen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/117>, abgerufen am 24.07.2024.