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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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schieden, deren gegen 300 hier gewesen; denen habe ich zur Annehmung von
Handgeld von 16--20 Fi. zugeredet; es hat sich aber von diesen Allen kei¬
ner dazu persuadiren lassen wollen und obwohl ich diese Zusammenkunft auf
einen Nachmittag angestellt, in der Meinung, daß sie hernach in die Wirths¬
häuser gehen werden, so sind sie doch Alle ohngezecht wieder heimgegangen.
6) Ist kein Handwerksbursch, der fechtend herumgezogen, unangeredet geblieben ;
da aber Solches einigemal geschehen, hat sich seither keiner mehr sehen lassen;
also daß ich diesfalls gethan, was immer möglich gewesen, und noch thue;
allein weil keine gezwungenen Leute angenommen werden, so habe ich auf
diese Art nicht handeln können. Ich kann wohl sagen, daß sich die Leute
vor Ungarn wie vor dem Feuer scheuen: es hat erst vor fünf bis sechs
Tagen meiner bestallter Männer Einer eine Anzahl Schnitter zu Annehmung
von Kriegsdiensten angeredet, allein es hat sich Keiner dazu resolviren
wollen." Aus dem Bericht eines anderen Bogts geht hervor, daß die amt¬
lichen Ausschreiben insbesondere befahlen, "die unnüzen Haushalter. bei wel¬
chen alle 6raäus LorreetioniL Nichts verfangen wollen, und die wegen ihres
ärgerlichen Wandels dem gemeinen Wesen mehr schädlich als nüzlich, specifice
einzusenden, damit solche zu Kriegsdiensten employirt werden könnten." Allein
nirgend trugen diese "unnüzen Haushalter" Verlangen, die Lücken des Re¬
giments in Ungarn auszufüllen. Daher es denn kam. daß. als im folgenden
Frühjahr die Musterungen begannen, der Oberst zu berichten hatte: "Es
haben Prinz Eugeni. hochfstl. Durch!., wie auch noch Viele von der hohen
Generalität sich nicht sowohl über die späte Ankunft als vornehmlich über
die geringe Zahl der Rekruten verwundert und dabei gefragt, wann dann
der andere Transport eintreffen werde, worauf denenselben in unterthänig-
ster Zuversicht, daß Ew. hochfstl. Durchl. den zur Decadence dero löblichen
Regiments gereichenden großen Abgang beherzigen, zur Antwort gegeben,
daß selbiger innerhalb Monatsfrist in größerer Anzahl anlangen dürfte, wobei
auch zugleich die Excüse eingewandt, daß die Werbegelder von dem hochlöb¬
lichen Hofkriegsrath noch nicht bezahlt wäreru"

Noch ehe der Friede an der Donau gesichert war, rüstete Oestreich zum
Knege in Italien. Die Spanier hatten nämlich eben die Türkenkriege benutzt,
um ihre Herrschaft eins Sicilien wiederherzustellen, das in den Friedensschlüssen
nach dem spanischen Erbfolgekrieg an Savoyen gefallen war. Unser württem-
bergisches Regiment befand sich gleichfalls unter dem kaiserlichen Heere, das
während des Jahres 1718 durch Italien geführt und in Neapel nach Si¬
cilien eingeschifft wurde, um hier einen äußerst blutigen und aufreibenden
Krieg gegen die Spanier zu bestehen. Die Berichte aus diesem Feldzuge,
der übrigens mit dem Sieg der kaiserlichen Waffen endigte, sind zum Er¬
barmen. Als der Friede geschlossen war, im Mai 1720, schreibt der Ober-


Grenzboten II. 18K9. 14

schieden, deren gegen 300 hier gewesen; denen habe ich zur Annehmung von
Handgeld von 16—20 Fi. zugeredet; es hat sich aber von diesen Allen kei¬
ner dazu persuadiren lassen wollen und obwohl ich diese Zusammenkunft auf
einen Nachmittag angestellt, in der Meinung, daß sie hernach in die Wirths¬
häuser gehen werden, so sind sie doch Alle ohngezecht wieder heimgegangen.
6) Ist kein Handwerksbursch, der fechtend herumgezogen, unangeredet geblieben ;
da aber Solches einigemal geschehen, hat sich seither keiner mehr sehen lassen;
also daß ich diesfalls gethan, was immer möglich gewesen, und noch thue;
allein weil keine gezwungenen Leute angenommen werden, so habe ich auf
diese Art nicht handeln können. Ich kann wohl sagen, daß sich die Leute
vor Ungarn wie vor dem Feuer scheuen: es hat erst vor fünf bis sechs
Tagen meiner bestallter Männer Einer eine Anzahl Schnitter zu Annehmung
von Kriegsdiensten angeredet, allein es hat sich Keiner dazu resolviren
wollen." Aus dem Bericht eines anderen Bogts geht hervor, daß die amt¬
lichen Ausschreiben insbesondere befahlen, „die unnüzen Haushalter. bei wel¬
chen alle 6raäus LorreetioniL Nichts verfangen wollen, und die wegen ihres
ärgerlichen Wandels dem gemeinen Wesen mehr schädlich als nüzlich, specifice
einzusenden, damit solche zu Kriegsdiensten employirt werden könnten." Allein
nirgend trugen diese „unnüzen Haushalter" Verlangen, die Lücken des Re¬
giments in Ungarn auszufüllen. Daher es denn kam. daß. als im folgenden
Frühjahr die Musterungen begannen, der Oberst zu berichten hatte: „Es
haben Prinz Eugeni. hochfstl. Durch!., wie auch noch Viele von der hohen
Generalität sich nicht sowohl über die späte Ankunft als vornehmlich über
die geringe Zahl der Rekruten verwundert und dabei gefragt, wann dann
der andere Transport eintreffen werde, worauf denenselben in unterthänig-
ster Zuversicht, daß Ew. hochfstl. Durchl. den zur Decadence dero löblichen
Regiments gereichenden großen Abgang beherzigen, zur Antwort gegeben,
daß selbiger innerhalb Monatsfrist in größerer Anzahl anlangen dürfte, wobei
auch zugleich die Excüse eingewandt, daß die Werbegelder von dem hochlöb¬
lichen Hofkriegsrath noch nicht bezahlt wäreru"

Noch ehe der Friede an der Donau gesichert war, rüstete Oestreich zum
Knege in Italien. Die Spanier hatten nämlich eben die Türkenkriege benutzt,
um ihre Herrschaft eins Sicilien wiederherzustellen, das in den Friedensschlüssen
nach dem spanischen Erbfolgekrieg an Savoyen gefallen war. Unser württem-
bergisches Regiment befand sich gleichfalls unter dem kaiserlichen Heere, das
während des Jahres 1718 durch Italien geführt und in Neapel nach Si¬
cilien eingeschifft wurde, um hier einen äußerst blutigen und aufreibenden
Krieg gegen die Spanier zu bestehen. Die Berichte aus diesem Feldzuge,
der übrigens mit dem Sieg der kaiserlichen Waffen endigte, sind zum Er¬
barmen. Als der Friede geschlossen war, im Mai 1720, schreibt der Ober-


Grenzboten II. 18K9. 14
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/113>, abgerufen am 24.07.2024.