Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.Als der Nationalverein zu Anfang der sechziger Jahre seine Propaganda Zuletzt war es fast allein noch ein kleines Städtchen, wo die Sache des Dem Touristen ist Geislingen wohlbekannt durch seine malerische Lage Grenzboten I. 1869, 53
Als der Nationalverein zu Anfang der sechziger Jahre seine Propaganda Zuletzt war es fast allein noch ein kleines Städtchen, wo die Sache des Dem Touristen ist Geislingen wohlbekannt durch seine malerische Lage Grenzboten I. 1869, 53
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Als der Nationalverein zu Anfang der sechziger Jahre seine Propaganda
auch nach Schwaben erstreckte, stieß er in dem Lande, das im Jahr 18S9
aufs gründlichste im großdeutschen Sinn bearbeitet worden war, auf Ab¬
neigung. Bedenken. Ausflüchte aller Art; wer der Sache geneigt war, machte
doch seine Vorbehalte, entschiedene Freunde zählte der Verein wenige. Irren wir
nicht, so war es damals Herr I. Frese, der als Nationalvereinsapostel zu¬
erst in unserem Lande sich bekannt machte, derselbe Herr Frese, der zur Zeit
in ganz anderer Mission unter uns sein Hauptquartier aufgeschlagen hat.
Später errang sich zwar der Nationalverein eine Art officieller Anerkennung
bei unserer Demokratie, indem nämlich auf zwei Landesversammlungen die
damals noch ungetrennte Fortschrittspartei in überwiegender Mehrheit den
Beitritt zum Verein beschloß. In der öffentlichen Discussion war sein Pro¬
gramm den gegnerischen jedesmal überlegen. Unter den damaligen Beitritts¬
erklärungen finden sich verschiedene Namen, die heute wol nicht gerne mehr
daran erinnert sein mögen, und sich seitdem unter wesentlich anderen Pro¬
grammen und Erklärungen befunden haben. Allein auch das beweist nur,
mit welchem inneren Widerstreben jener Beitritt großentheils vollzogen wurde.
Es kam nie ein rechter Zug in die Agitation, und sie schlief allmälig völlig
wieder ein. Am wenigstens konnte sie durch die unglücklichen Versuche einer
Abschwächung des Programms wieder wachgerufen werden, obwol der Ver¬
ein offenbar dadurch, daß man die Oberhauptfrage für suspendirt erklärte, und
die Reichsverfassung von 1848 aufs Panier schrieb, den Süddeutschen mund¬
gerecht gemacht werden'sollte. Es war auf der einen Seite das Mißtrauen,
auf der anderen die Lauheit nicht zu besiegen, und nur die gegebene An.
regung blieb als ein wohlthätiges Ferment zurück, sofern sich von da an die
Trennung zwischen einer großdeutsch-radicalen und einer nationalen Fraction
innerhalb der Fortschrittspartei immer klarer entwickelte.
Zuletzt war es fast allein noch ein kleines Städtchen, wo die Sache des
Nationalvereins als eines Bindemittels für die Nationalgesinnten in ganz
Deutschland mit einer sonst nirgend zu findenden Energie aufrecht erhalten
wurde. Die Bürger von Geislingen, einer vormals zum ulmischen Ge¬
biet gehörigen, später mehrfach zu Territorialausgleichungen benutzten Stadt,
so daß sich angestammte Gefühle nur schwer entwickeln konnten, ließen sich durch
keinerlei Spott und Anfeindung von einer Sache abbringen, für die sich hier
treue und besonders geschickte Agitatoren aufgethan hatten.
Dem Touristen ist Geislingen wohlbekannt durch seine malerische Lage
Grenzboten I. 1869, 53
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