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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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Setzt der Feind dennoch mit überlegenen Kräften seine Landung durch,
so erteilt die fliegende Colonne sofort in der Richtung des nächsten Eisen"
bahnpunktes, wo Truppen concentrirt stehen, nach dem Inneren, ohne daß
sie vom Feinde, der wenigstens während des Kampfes keine Kavallerie aus¬
zuschiffen vermochte, verfolgt werden könnte. Sie überläßt es dabei den
Cavallerievedetten, von welchen sogleich die Rede sein wird, Fühlung am
Feinde zu behalten, und sucht möglichst bald auf Verstärkungen zu stoßen,
um mit diesen den Feind an Punkten anzugreifen, wo ihn seine Schiffe nicht
unterstützen können, ihm durch Flankendiversionen wo möglich die Verbindung
mit den Schiffen abzuschneiden, diese Verbindungslinien wenigstens als flie¬
gendes Corps zu stören und den Feind schließlich im Verein mit dem ge-
sammten Vertheidigungscorps ins Meer zu werfen.

Aus diesen Andeutungen ergibt sich, daß für die Küstenvertheidigung
eine zweckmäßige Organisation des Nachrichten- und Meldewesens unent¬
behrlich ist, welche gestattet, sobald an einem Punkte ernstliche Anstalten zur
Landung gemacht werden, sofort den Reserven davon Nachricht zu geben und
ausreichende Streitkräfte in möglichster Schnelligkeit zu concentriren. Dafür
müssen vor Allem auf der See selber Avisos von größerer Schnelligkeit als
die feindlichen schweren armirten Schiffe stets Fühlung an der feindlichen
Flotte behalten, und alles Wichtige sofort der nächsten Ausguck- und Te¬
legraphenstation -an der Küste signalisiren. Auf dem Lande aber wird
man zwischen den einzelnen befestigten Depots eine Kette von Cavallerie¬
vedetten nöthig haben, welche Ausguck halten und möglichst schnell Nachricht
nach den Eisenbahn- und Telegraphenstationen oder nach dem Quartier der
fliegenden Küsteninfanterie bringen können. Da für diese Function der Ca-
vallerie keine besondere Kampftüchtigkeit, wol aber Selbständigkeit des Ur¬
theils, manche nautische Kenntniß und vor Allem genaue Kenntniß der
Terrainverhältnisse nothwendig ist, wird hier vorgeschlagen, die aus den
Strandgegenden sich rekrutirenden Landwehrschwadronen permanent der
Küstenvertheidigung zuzuweisen, und die Leute der betreffenden Linienregimenter
vor ihrer Entlassung einen besonderen Jnstructionscursus durchmachen zu
lassen, wobei natürlich nur die einfachsten Signale berücksichtigt werden.
Eine besondere Ausbildung dieser Cavalleristen, wie auch der fliegenden In¬
fanterie und Artillerie ist unerläßlich, wenn der Dienst im Kriege prompt
ausgeführt werden soll. Kenntniß des Strandes, in der Nordsee Kenntniß
von Ebbe und Fluth und von Zugänglichkeit der Watten, Kenntniß der
Schiffsarten, ihres Aeußeren und der Art ihres Erscheinens (Rauchwolken,
Takelagen, Flaggensignale), um über feindliche und befreundete Schiffe Mel¬
dungen abstatten zu können, Beurtheilung der Wassertiefe am Strande nach
der Färbung. Fähigkeit die Distanzen auf dem Wasser richtig zu schätzen,


Setzt der Feind dennoch mit überlegenen Kräften seine Landung durch,
so erteilt die fliegende Colonne sofort in der Richtung des nächsten Eisen»
bahnpunktes, wo Truppen concentrirt stehen, nach dem Inneren, ohne daß
sie vom Feinde, der wenigstens während des Kampfes keine Kavallerie aus¬
zuschiffen vermochte, verfolgt werden könnte. Sie überläßt es dabei den
Cavallerievedetten, von welchen sogleich die Rede sein wird, Fühlung am
Feinde zu behalten, und sucht möglichst bald auf Verstärkungen zu stoßen,
um mit diesen den Feind an Punkten anzugreifen, wo ihn seine Schiffe nicht
unterstützen können, ihm durch Flankendiversionen wo möglich die Verbindung
mit den Schiffen abzuschneiden, diese Verbindungslinien wenigstens als flie¬
gendes Corps zu stören und den Feind schließlich im Verein mit dem ge-
sammten Vertheidigungscorps ins Meer zu werfen.

Aus diesen Andeutungen ergibt sich, daß für die Küstenvertheidigung
eine zweckmäßige Organisation des Nachrichten- und Meldewesens unent¬
behrlich ist, welche gestattet, sobald an einem Punkte ernstliche Anstalten zur
Landung gemacht werden, sofort den Reserven davon Nachricht zu geben und
ausreichende Streitkräfte in möglichster Schnelligkeit zu concentriren. Dafür
müssen vor Allem auf der See selber Avisos von größerer Schnelligkeit als
die feindlichen schweren armirten Schiffe stets Fühlung an der feindlichen
Flotte behalten, und alles Wichtige sofort der nächsten Ausguck- und Te¬
legraphenstation -an der Küste signalisiren. Auf dem Lande aber wird
man zwischen den einzelnen befestigten Depots eine Kette von Cavallerie¬
vedetten nöthig haben, welche Ausguck halten und möglichst schnell Nachricht
nach den Eisenbahn- und Telegraphenstationen oder nach dem Quartier der
fliegenden Küsteninfanterie bringen können. Da für diese Function der Ca-
vallerie keine besondere Kampftüchtigkeit, wol aber Selbständigkeit des Ur¬
theils, manche nautische Kenntniß und vor Allem genaue Kenntniß der
Terrainverhältnisse nothwendig ist, wird hier vorgeschlagen, die aus den
Strandgegenden sich rekrutirenden Landwehrschwadronen permanent der
Küstenvertheidigung zuzuweisen, und die Leute der betreffenden Linienregimenter
vor ihrer Entlassung einen besonderen Jnstructionscursus durchmachen zu
lassen, wobei natürlich nur die einfachsten Signale berücksichtigt werden.
Eine besondere Ausbildung dieser Cavalleristen, wie auch der fliegenden In¬
fanterie und Artillerie ist unerläßlich, wenn der Dienst im Kriege prompt
ausgeführt werden soll. Kenntniß des Strandes, in der Nordsee Kenntniß
von Ebbe und Fluth und von Zugänglichkeit der Watten, Kenntniß der
Schiffsarten, ihres Aeußeren und der Art ihres Erscheinens (Rauchwolken,
Takelagen, Flaggensignale), um über feindliche und befreundete Schiffe Mel¬
dungen abstatten zu können, Beurtheilung der Wassertiefe am Strande nach
der Färbung. Fähigkeit die Distanzen auf dem Wasser richtig zu schätzen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/386>, abgerufen am 28.09.2024.