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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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zeuge von etwa 400 und 600 Tons sehr bewähren, da sie selbst mit Anker¬
ketten in der Wasserlinie umschlungen, stärker und schneller als die feindlichen
Kanonenboote und Landungsboote sind, und doch ihres geringeren Tiefgangs
wegen so nahe an der Küste agiren können, daß sie von den schweren Schiffen
der feindlichen Flotte nicht behelligt werden.

Ferner aber empfiehlt sich für den Zweck, jede feindliche Landung
gleich im Beginn möglichst aufzuhalten, die Einrichtung, einen Theil des
Seebattaillons zu einem fliegenden Küstencorps auszubilden. Dasselbe mag
eine Anzahl solcher kleiner zweirädriger Karren erhalten, wie die englischen
gegen die Fenter ausgesandten fliegenden Colonnen besaßen. Wie bei Eisen¬
bahnwagen ist der Oberbau breiter als die Axenlänge; von der Plattform
des Wagens hängt jederseits außerhalb des Rades ein festes Trittbret herab
und auf der Plattform sitzt, mit dem Gesicht nach den Flanken zugewandt
die Mannschaft, die in jedem Moment herabzuspringen bereit ist. Die Räder
müssen leichte, aber des Strandsandes wegen ziemlich breite eiserne Kränze
besitzen, und zugleich mögen dieselben kleine Vorsprünge und die Spurweite
der Küsteneisenbahn erhalten, um, wo es möglich ist, auf dieser jede beliebige
Strecke zurücklegen zu können, und so die Fahrt bedeutend zu beschleunigen.
Die Pferde zu diesen Wagen (abgesehen von der für das Exerciren nöthigen
geringen Bespannung) brauchen im Frieden nicht bereit gehalten zu werden,
da Bauernpferde, im Kriege selbst ausgehoben, vollkommen genügen. In
Verbindung mit leichten Kartätschgeschützen oder gezogenen Vierpfündern
würde solche fliegende Infanterie die ersprießlichsten Dienste leisten. Sobald
eine in ihrem Küstendistrict drohende Landung telegraphisch angekündigt ist,
eilen sie auf ihren leichten Wagen nach der bedrohten Stelle, suchen sich eine
Terrainwelle als Deckung, oder richten sich schnell eine Schützenposition her,
und beginnen ein Schnellfeuer auf die herannahenden Boote. Ebenso feuern
die leichten Geschütze der entsprechend einzurichtenden fliegenden Küstenartillerie
-- unserer Seearlillerie -- mit Kartätschen auf die Mannschaften in den
Landungsbooten, ohne sich um die großen Schiffe zu kümmern; letztere liegen
wegen ihres Tiefgangs wahrscheinlich doch zu entfernt, um viel schaden zu
können, wenn sie aber auch nahe herankommen, würden sie doch nicht viel thun,
aus Furcht, ihre eigenen landenden Leute zu treffen. Unter günstigen Umständen
mag es schon dadurch gelingen, die Boote des Feindes auf einige Zeit vom
Lande abzuhalten, oder Mannschaften derselben in die See zurückzudrängen.
Auf jeden Fall aber wird hierdurch die Landung verzögert. Unterdeß werden
mittelst der Telegraphen und der Küsteneisenbahn die an den nächsten Eisen¬
bahnknotenpunkten concentrirten Truppen herangezogen, um die Vertheidigung
zu unterstützen, für welche die fliegende Infanterie gleichsam die Avantgarde
bildete. Zeitgewinn ist hier Alles.


zeuge von etwa 400 und 600 Tons sehr bewähren, da sie selbst mit Anker¬
ketten in der Wasserlinie umschlungen, stärker und schneller als die feindlichen
Kanonenboote und Landungsboote sind, und doch ihres geringeren Tiefgangs
wegen so nahe an der Küste agiren können, daß sie von den schweren Schiffen
der feindlichen Flotte nicht behelligt werden.

Ferner aber empfiehlt sich für den Zweck, jede feindliche Landung
gleich im Beginn möglichst aufzuhalten, die Einrichtung, einen Theil des
Seebattaillons zu einem fliegenden Küstencorps auszubilden. Dasselbe mag
eine Anzahl solcher kleiner zweirädriger Karren erhalten, wie die englischen
gegen die Fenter ausgesandten fliegenden Colonnen besaßen. Wie bei Eisen¬
bahnwagen ist der Oberbau breiter als die Axenlänge; von der Plattform
des Wagens hängt jederseits außerhalb des Rades ein festes Trittbret herab
und auf der Plattform sitzt, mit dem Gesicht nach den Flanken zugewandt
die Mannschaft, die in jedem Moment herabzuspringen bereit ist. Die Räder
müssen leichte, aber des Strandsandes wegen ziemlich breite eiserne Kränze
besitzen, und zugleich mögen dieselben kleine Vorsprünge und die Spurweite
der Küsteneisenbahn erhalten, um, wo es möglich ist, auf dieser jede beliebige
Strecke zurücklegen zu können, und so die Fahrt bedeutend zu beschleunigen.
Die Pferde zu diesen Wagen (abgesehen von der für das Exerciren nöthigen
geringen Bespannung) brauchen im Frieden nicht bereit gehalten zu werden,
da Bauernpferde, im Kriege selbst ausgehoben, vollkommen genügen. In
Verbindung mit leichten Kartätschgeschützen oder gezogenen Vierpfündern
würde solche fliegende Infanterie die ersprießlichsten Dienste leisten. Sobald
eine in ihrem Küstendistrict drohende Landung telegraphisch angekündigt ist,
eilen sie auf ihren leichten Wagen nach der bedrohten Stelle, suchen sich eine
Terrainwelle als Deckung, oder richten sich schnell eine Schützenposition her,
und beginnen ein Schnellfeuer auf die herannahenden Boote. Ebenso feuern
die leichten Geschütze der entsprechend einzurichtenden fliegenden Küstenartillerie
— unserer Seearlillerie — mit Kartätschen auf die Mannschaften in den
Landungsbooten, ohne sich um die großen Schiffe zu kümmern; letztere liegen
wegen ihres Tiefgangs wahrscheinlich doch zu entfernt, um viel schaden zu
können, wenn sie aber auch nahe herankommen, würden sie doch nicht viel thun,
aus Furcht, ihre eigenen landenden Leute zu treffen. Unter günstigen Umständen
mag es schon dadurch gelingen, die Boote des Feindes auf einige Zeit vom
Lande abzuhalten, oder Mannschaften derselben in die See zurückzudrängen.
Auf jeden Fall aber wird hierdurch die Landung verzögert. Unterdeß werden
mittelst der Telegraphen und der Küsteneisenbahn die an den nächsten Eisen¬
bahnknotenpunkten concentrirten Truppen herangezogen, um die Vertheidigung
zu unterstützen, für welche die fliegende Infanterie gleichsam die Avantgarde
bildete. Zeitgewinn ist hier Alles.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/385>, abgerufen am 28.09.2024.