Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.kam der Streit zwischen Papst und Kaiser den Protestanten zu Gut, denen Wie ein Verhängnis) sahen die italienischen Patrioten die erdrückende Es läßt einen Blick in die ganze Kläglichkeit jener Zeiten thun, daß 39'
kam der Streit zwischen Papst und Kaiser den Protestanten zu Gut, denen Wie ein Verhängnis) sahen die italienischen Patrioten die erdrückende Es läßt einen Blick in die ganze Kläglichkeit jener Zeiten thun, daß 39'
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kam der Streit zwischen Papst und Kaiser den Protestanten zu Gut, denen
der Reichstag von Speyer eine legale Existenz gab, und noch unmittelbarer
sollte der Papst die Folgen in Italien selbst verspüren. Der Zug Georgs
von Frundsberg, und im folgenden Jahr die Einnahme Roms durch seine
und Karl von Bourbon's Schaaren gaben Zeugniß von den Zorne Karls,
der damals ernstlich mit dem Gedanken umging, den Papst ganz seiner welt¬
lichen Herrschaft zu entkleiden, ein Gedanke, den der Mcekönig Launoy mit
denselben Gründen empfahl, die heute noch gegen die Vermischung geistlicher
und weltlicher Gewalt nicht veraltet sind.
Wie ein Verhängnis) sahen die italienischen Patrioten die erdrückende
Uebermacht des Kaisers auf ihr Vaterland hereinbrechen. Guicciardini ver¬
weilte betrachtend bei dem Gegensatz, den er zwischen Maximilian und dessen
Enkel Karl fand: wenn jener, oft unter den glücklichsten Umständen wohl
versehen mit Geld und Mannschaften, doch regelmäßig mitten in jeder Unter¬
nehmung gescheitert sei, so habe dagegen dieser, von Jedermann bekämpft,
aber von trefflichen Ministern unterstützt, aus der verzweifeltsten Lage immer
wieder sich herausgerissen, glorreicher als zuvor, sodaß es schien, als ob das
Glück, von ihm muthwillig fortgestoßen, sich trotz ihm fest an sein Haus
hafte. Seit dem Tod Giovannis de' Medici (30. Nov. 1326), den Guicciardini
für den einzig fähigen Feldherrn gehalten, hoffte dieser vom Krieg nichts
mehr: dem Willen Gottes gegenüber, rief er aus, ist kein Widerstand mög¬
lich. Freilich klagt er noch die eigenen Heerführer an, denn das größte
Glück Karls besteht darin, daß er es immer mit Feinden zu thun habe, die
ihre Streitkräfte nicht zu benutzen verstanden oder vermochten.
Es läßt einen Blick in die ganze Kläglichkeit jener Zeiten thun, daß
Morone, gegen ein starkes Lösegeld von den Kaiserlichen freigelassen, nach
einigem Schwanken zwischen Papst und Kaiser, in die Dienste Karl's von
Bourbon als Secretair überging und er, einst die Seele des Unabhängigkeits¬
kampfes, jetzt als Rathgeber dem mächtigsten General der Feinde zur Seite
stand. Später begleitete er von Rom aus den Prinzen von Oranien auf
dessen Feldzug im Neapolitanischen und schrieb die Berichte über den Gang
des Kriegs an den Kaiser: „nachdem ich meine beständige Unterwürfigkeit
Ew. Maj. gewidmet, habe ich diesen Auftrag angenommen, in welchem ich es
nicht an Fleiß und Treue fehlen lassen werde". „Der allmächtige Gott sei
gelobt! Sieg! Sieg!" rief er aus, als die Franzosen die Belagerung Neapels
aufgeben mußten und Lautrec's Nachfolger, der Marchese von Saluzzo, zur
Capitulation von Aversa genöthigt war. Zuletzt finden wir Morone, den
wir durch so manche Wandlungen begleitet haben, als Generalkommissair auf
dem Wege zum kaiserlichen Heere vor Florenz. Doch sollte ihm wenigstens
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