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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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scheint somit als ein unersetzliches (!!). welches durch eine nachherige Ver-
urtheilung des Schuldigen in keiner Weise wieder aufgehoben wird (!!!).

"Ueber die Frage, ob eine Druckschrift strafbaren Inhalts sei. kann nun
aber und wird nicht selten zwischen den Polizeibehörden, den Beamten der
Staatsanwaltschaft und den Gerichten eine Meinungsverschiedenheit (!) ein¬
treten, welche nur (?) durch die Entscheidung des Gerichts letzter In¬
stanz (!) ihre schließliche Erledigung finden kann. In Fällen, wo eine solche
Verschiedenheit der Ansicht zwischen den Beamten der Staatsanwaltschaft
und den Polizeibehörden wirklich obwaltet, wird in der Regel ein nicht ganz
grundloser (sie) Zweifel über die Strafbarkeit der Schrift als vorhanden an¬
zuerkennen sein; und es erscheint alsdann eben wegen der Jrreparabilität
des durch die ungerechtfertigte (sie) Aufhebung der Beschlagnahme entstehen¬
den Schadens am geeignetsten (sie), daß zur Erledigung jeden Zweifels (!-!?)
eine nicht weiter anfechtbare gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werde.
Die Beamten der Staatsanwaltschaft haben daher: 1) von der
ihnen zustehenden Befugniß, die von der Polizeibehörde ver¬
hängte vorläufige Beschlagnahme einer Druckschrift wieder
aufzuheben, in der Regel keinen Gebrauch zu machen, 2) in
Fällen, wo die Aufhebung der Beschlagnahme von der Raths¬
kammer angeordnet ist, gegen diesen Beschluß die zulässigen
Rechtsmittel einzulegen, insofern ihnen ein hierauf gerichteter
Wunsch der Polizeibehörde mitgetheilt worden ist.

Auf diese peremptorische Ordnung folgen dann eine Bemerkung, daß die
Polizeibehörden nach einer Anweisung des Ministers des Innern ihren
"Wunsch" nur in Fällen von Bedeutung "und wenn zugleich Aussicht vor¬
handen ist, durch Einlegung des Rechtsmittels ein entsprechendes Re¬
sultat (!) zu erzielen", kund thun sollen, und eine weitere die gegenseitige
Communication unter den Beamten der Staatsanwaltschaft regelnde An¬
ordnung ohne Interesse. Damit schließlich nicht dennoch eigenwillige Staats¬
anwälte ausnahmsweise einmal sich zur Aufhebung einer polizeilichen Be¬
schlagnahme für befugt halten, und Unheil anrichten, hat sich durch eine
Reihe weiterer Rescripte der Minister des Inneren und der Justiz ein förm¬
liches Beschwerderecht der Polizeibehörden über die Staatsanwälte entwickelt,
natürlich mit dem Effect, die Beschlagnahme auch gegen den Willen der
Staatsanwälte aufrecht zu erhalten.

viküeilö est, satiiÄM non "eridsi-s! Ist es möglich, in einer schlechteren
Sprache und einer confuseren gedanklichen Motivirung klare und unzwei¬
deutige gesetzliche Garantien in das Gegentheil willkürlichsten polizeilichen
Beliebens umzukehren, als es jenes Rescript vom 25. November 1851 zu
Stande bringt? Was sollen all' die absurden Paradoxien von dem irre-


scheint somit als ein unersetzliches (!!). welches durch eine nachherige Ver-
urtheilung des Schuldigen in keiner Weise wieder aufgehoben wird (!!!).

„Ueber die Frage, ob eine Druckschrift strafbaren Inhalts sei. kann nun
aber und wird nicht selten zwischen den Polizeibehörden, den Beamten der
Staatsanwaltschaft und den Gerichten eine Meinungsverschiedenheit (!) ein¬
treten, welche nur (?) durch die Entscheidung des Gerichts letzter In¬
stanz (!) ihre schließliche Erledigung finden kann. In Fällen, wo eine solche
Verschiedenheit der Ansicht zwischen den Beamten der Staatsanwaltschaft
und den Polizeibehörden wirklich obwaltet, wird in der Regel ein nicht ganz
grundloser (sie) Zweifel über die Strafbarkeit der Schrift als vorhanden an¬
zuerkennen sein; und es erscheint alsdann eben wegen der Jrreparabilität
des durch die ungerechtfertigte (sie) Aufhebung der Beschlagnahme entstehen¬
den Schadens am geeignetsten (sie), daß zur Erledigung jeden Zweifels (!-!?)
eine nicht weiter anfechtbare gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werde.
Die Beamten der Staatsanwaltschaft haben daher: 1) von der
ihnen zustehenden Befugniß, die von der Polizeibehörde ver¬
hängte vorläufige Beschlagnahme einer Druckschrift wieder
aufzuheben, in der Regel keinen Gebrauch zu machen, 2) in
Fällen, wo die Aufhebung der Beschlagnahme von der Raths¬
kammer angeordnet ist, gegen diesen Beschluß die zulässigen
Rechtsmittel einzulegen, insofern ihnen ein hierauf gerichteter
Wunsch der Polizeibehörde mitgetheilt worden ist.

Auf diese peremptorische Ordnung folgen dann eine Bemerkung, daß die
Polizeibehörden nach einer Anweisung des Ministers des Innern ihren
„Wunsch" nur in Fällen von Bedeutung „und wenn zugleich Aussicht vor¬
handen ist, durch Einlegung des Rechtsmittels ein entsprechendes Re¬
sultat (!) zu erzielen", kund thun sollen, und eine weitere die gegenseitige
Communication unter den Beamten der Staatsanwaltschaft regelnde An¬
ordnung ohne Interesse. Damit schließlich nicht dennoch eigenwillige Staats¬
anwälte ausnahmsweise einmal sich zur Aufhebung einer polizeilichen Be¬
schlagnahme für befugt halten, und Unheil anrichten, hat sich durch eine
Reihe weiterer Rescripte der Minister des Inneren und der Justiz ein förm¬
liches Beschwerderecht der Polizeibehörden über die Staatsanwälte entwickelt,
natürlich mit dem Effect, die Beschlagnahme auch gegen den Willen der
Staatsanwälte aufrecht zu erhalten.

viküeilö est, satiiÄM non «eridsi-s! Ist es möglich, in einer schlechteren
Sprache und einer confuseren gedanklichen Motivirung klare und unzwei¬
deutige gesetzliche Garantien in das Gegentheil willkürlichsten polizeilichen
Beliebens umzukehren, als es jenes Rescript vom 25. November 1851 zu
Stande bringt? Was sollen all' die absurden Paradoxien von dem irre-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/297>, abgerufen am 28.09.2024.