Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.nach einer anderen Raphael'schen Zeichnung hat ein jetzt nur zur Hälfte Wer in diesem Winter aus Neapel berichtet, muß wohl zuerst des alten Heute am 1. December ging es zur Lava hinauf, die uns schon einige nach einer anderen Raphael'schen Zeichnung hat ein jetzt nur zur Hälfte Wer in diesem Winter aus Neapel berichtet, muß wohl zuerst des alten Heute am 1. December ging es zur Lava hinauf, die uns schon einige <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0267" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/120456"/> <p xml:id="ID_762" prev="#ID_761"> nach einer anderen Raphael'schen Zeichnung hat ein jetzt nur zur Hälfte<lb/> erhaltenes Relief in Villa Imäoviei, welches das Urtheil des Paris darstellt,<lb/> ergänzt werden können. Um schließlich an recht Alltägliches zu erinnern: der<lb/> sogenannte Genius mit der umgekehrten Fackel und dem Kranze, der so oft<lb/> auf unsern Friedhöfen mitten unter der Schaar christlicher Kreuze steht,<lb/> stammt nirgend anders her, als von den römischen Sarkophagen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> </head><lb/> <p xml:id="ID_763"> Wer in diesem Winter aus Neapel berichtet, muß wohl zuerst des alten<lb/> Zerstörers gedenken, der vor Kurzem wieder sich gewaltig gezeigt hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_764"> Heute am 1. December ging es zur Lava hinauf, die uns schon einige<lb/> Tage durch Rauch und Schein gelockt hatte. Wir fuhren nach Portici (das<lb/> sich ohne Brücke an Neapel anschließt) und schlugen uns von da seitwärts<lb/> unter Leitung eines Führers in die Weinberge, aus denen uns schon ein<lb/> Brandgeruch entgegenwehte. Der Anblick, der sich alsbald darbot, war<lb/> ebenso überraschend und fremdartig, wie abscheulich. Wir hatten uns die<lb/> Sache anders gedacht, erkannten aber sehr bald, warum sich das Phänomen<lb/> hier, wo der Lavastrom zum Stehen gekommen war, so und nicht anders<lb/> gestaltete. Vor uns nämlich erhob sich in einer Höhe von vielleicht 20 Fuß<lb/> in schräger zerrissener und zerklüfteter Böschung eine schwarze formlose brockigte<lb/> Masse, die sich am Besten mit einer Aufschüttung gefrorner und leicht<lb/> beschneiter Erdschollen vergleichen läßt und die diesen Vergleich fast voll¬<lb/> ständig aushalten würde, wenn nicht hie und da Rauch daraus emporstiege.<lb/> Näher betrachtet läßt sie sich als zerrissene poröse Schlacke und Asche er¬<lb/> kennen. Die Sache erklärt sich einfach. Oben an der Kratermündung sucht<lb/> sich der glühende Strom die erste Rinne, die sich ihm darbietet. In diese<lb/> stürzt er hinab, fängt aber allmälig an seiner Oberfläche zu erstarren und<lb/> zu oxydiren an. Allein die sich bildende dicke Kruste bleibt nicht in Ruhe;<lb/> theils bleibt die Lava im Innern flüssig und arbeitet weiter, theils drängen<lb/> immer neue Massen von oben nach. So wird die Kruste, während sie sich<lb/> bildet, fortwährend zerstört, und dies gibt die zerrissenen formlosen Schollen,<lb/> die nun immer weiter nach unten geschoben werden, wo sie sich endlich hoch<lb/> über dem Boden emporstauen müssen. Der weiße Reif, der darüber liegt,<lb/> wird aus ammoniak- und salpeterhaltiger Salzen gebildet, die an der Ober¬<lb/> fläche crystallisiren.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0267]
nach einer anderen Raphael'schen Zeichnung hat ein jetzt nur zur Hälfte
erhaltenes Relief in Villa Imäoviei, welches das Urtheil des Paris darstellt,
ergänzt werden können. Um schließlich an recht Alltägliches zu erinnern: der
sogenannte Genius mit der umgekehrten Fackel und dem Kranze, der so oft
auf unsern Friedhöfen mitten unter der Schaar christlicher Kreuze steht,
stammt nirgend anders her, als von den römischen Sarkophagen.
Wer in diesem Winter aus Neapel berichtet, muß wohl zuerst des alten
Zerstörers gedenken, der vor Kurzem wieder sich gewaltig gezeigt hat.
Heute am 1. December ging es zur Lava hinauf, die uns schon einige
Tage durch Rauch und Schein gelockt hatte. Wir fuhren nach Portici (das
sich ohne Brücke an Neapel anschließt) und schlugen uns von da seitwärts
unter Leitung eines Führers in die Weinberge, aus denen uns schon ein
Brandgeruch entgegenwehte. Der Anblick, der sich alsbald darbot, war
ebenso überraschend und fremdartig, wie abscheulich. Wir hatten uns die
Sache anders gedacht, erkannten aber sehr bald, warum sich das Phänomen
hier, wo der Lavastrom zum Stehen gekommen war, so und nicht anders
gestaltete. Vor uns nämlich erhob sich in einer Höhe von vielleicht 20 Fuß
in schräger zerrissener und zerklüfteter Böschung eine schwarze formlose brockigte
Masse, die sich am Besten mit einer Aufschüttung gefrorner und leicht
beschneiter Erdschollen vergleichen läßt und die diesen Vergleich fast voll¬
ständig aushalten würde, wenn nicht hie und da Rauch daraus emporstiege.
Näher betrachtet läßt sie sich als zerrissene poröse Schlacke und Asche er¬
kennen. Die Sache erklärt sich einfach. Oben an der Kratermündung sucht
sich der glühende Strom die erste Rinne, die sich ihm darbietet. In diese
stürzt er hinab, fängt aber allmälig an seiner Oberfläche zu erstarren und
zu oxydiren an. Allein die sich bildende dicke Kruste bleibt nicht in Ruhe;
theils bleibt die Lava im Innern flüssig und arbeitet weiter, theils drängen
immer neue Massen von oben nach. So wird die Kruste, während sie sich
bildet, fortwährend zerstört, und dies gibt die zerrissenen formlosen Schollen,
die nun immer weiter nach unten geschoben werden, wo sie sich endlich hoch
über dem Boden emporstauen müssen. Der weiße Reif, der darüber liegt,
wird aus ammoniak- und salpeterhaltiger Salzen gebildet, die an der Ober¬
fläche crystallisiren.
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