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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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Seite unberührt: man begnügte sich, das Bedürfniß der landesherrlichen
Casse ins Auge zu fassen.

Dies geschah aber in der denkbar oberflächlichsten Weise. Die Regierung
legte einige Ziffern vor, welche eine Zusammenstellung der aus dem Eintritt
Mecklenburgs in den Bund und in den Zollverein der landesherrlichen Casse
erwachsenen Erleichterungen und neuen Belastungen geben und dadurch die
Unentbehrlichkeit der Forterhebung des Hilfsbeitrages in der Höhe von
355,000 Thlr. darthun sollten. Zwar mußte die Regierung selbst ein Plus
von 57,000 Thlr. zugestehen, um welches nach dieser ihrer eigenen Berech¬
nung die neuen Belastungen der landesherrlichen Casse durch die ihr zu Theil
gewordenen Erleichterungen überwogen wurden; aber sie wies auf die demnächst
bevorstehende Steigerung des an die Bundescasfe zu zahlenden Matricular-
beitrags und auf verschiedene sonstige Einbußen hin, welche jenen Vortheil
bald wieder verschlingen würden und daher eine Abminderung der landesherr¬
lichen Einnahme aus der Contribution nicht zulässig erscheinen ließen. Die
Mitglieder der Commission wußten dem Landtage über diese Angelegenheit
nichts weiter zu berichten, als daß durch die vorgelegten Ziffern anscheinend
das Bedürfniß hinlänglich constatirt werde. Eine Prüfung der Ziffern
unterblieb gänzlich, obwohl dieselben zum Theil schon eine Vergleichung mit
allgemein bekannten Thatsachen nicht aushielten. So hatte die Zusammen¬
stellung den Matricularbeitrag Mecklenburg-Schwerins für das Jahr 1868
zu 400,000 Thlr. angegeben, obgleich der Bundeshaushalts-Etat denselben
nur zu 366,000 Thlr. bestimmt. Bei den übrigen Positionen erhellt nicht
einmal, ob dieselben den Durchschnittsbetrag oder den Betrag eines einzelnen
Jahres angeben. Ueber die Gesammteinnahmen der landesherrlichen Casse
und deren Verwendung vermochte die Commission nichts mitzutheilen. Daß
das Domanialvermögen, welches einen Capitalwerth von nahezu 100 Millio¬
nen Thalern darstellt, durch die in der Ausführung begriffene Maßregel
der Vererbpachtung von 4000 Bauergehöften sich um einen Capitalwerth zu
steigern verspricht, welcher in den Kreisen der Domanialbeamten selbst auf
9 Millionen Thaler veranschlagt wird, sich in Wirklichkeit aber noch weit
höher belaufen wird, und daß dazu noch eine gleichfalls Millionen an
Capitalwerth betragende Ersparung an Verwaltungskosten hinzutreten wird,
kam in der Verhandlung eben so wenig zur Erwähnung als die Eventualität
einer sonstigen Vermehrung der landesherrlichen Einnahmen z. B. aus dem Er¬
trage der landesherrlichen Eisenbahnen, oder einer Ersparung in den Ausgaben.
Das Bedürfniß wurde in der Höhe von 355.000 Thlr. von beiden Ständen
anerkannt und zwar als ein bleibendes, und nur so weit glaubte man diese
Anerkennung einschränken zu müssen, daß man für den Fall einer Steigerung
des Matricularbeitrages über den Betrag von 600,000 Thlr. oder einer


Seite unberührt: man begnügte sich, das Bedürfniß der landesherrlichen
Casse ins Auge zu fassen.

Dies geschah aber in der denkbar oberflächlichsten Weise. Die Regierung
legte einige Ziffern vor, welche eine Zusammenstellung der aus dem Eintritt
Mecklenburgs in den Bund und in den Zollverein der landesherrlichen Casse
erwachsenen Erleichterungen und neuen Belastungen geben und dadurch die
Unentbehrlichkeit der Forterhebung des Hilfsbeitrages in der Höhe von
355,000 Thlr. darthun sollten. Zwar mußte die Regierung selbst ein Plus
von 57,000 Thlr. zugestehen, um welches nach dieser ihrer eigenen Berech¬
nung die neuen Belastungen der landesherrlichen Casse durch die ihr zu Theil
gewordenen Erleichterungen überwogen wurden; aber sie wies auf die demnächst
bevorstehende Steigerung des an die Bundescasfe zu zahlenden Matricular-
beitrags und auf verschiedene sonstige Einbußen hin, welche jenen Vortheil
bald wieder verschlingen würden und daher eine Abminderung der landesherr¬
lichen Einnahme aus der Contribution nicht zulässig erscheinen ließen. Die
Mitglieder der Commission wußten dem Landtage über diese Angelegenheit
nichts weiter zu berichten, als daß durch die vorgelegten Ziffern anscheinend
das Bedürfniß hinlänglich constatirt werde. Eine Prüfung der Ziffern
unterblieb gänzlich, obwohl dieselben zum Theil schon eine Vergleichung mit
allgemein bekannten Thatsachen nicht aushielten. So hatte die Zusammen¬
stellung den Matricularbeitrag Mecklenburg-Schwerins für das Jahr 1868
zu 400,000 Thlr. angegeben, obgleich der Bundeshaushalts-Etat denselben
nur zu 366,000 Thlr. bestimmt. Bei den übrigen Positionen erhellt nicht
einmal, ob dieselben den Durchschnittsbetrag oder den Betrag eines einzelnen
Jahres angeben. Ueber die Gesammteinnahmen der landesherrlichen Casse
und deren Verwendung vermochte die Commission nichts mitzutheilen. Daß
das Domanialvermögen, welches einen Capitalwerth von nahezu 100 Millio¬
nen Thalern darstellt, durch die in der Ausführung begriffene Maßregel
der Vererbpachtung von 4000 Bauergehöften sich um einen Capitalwerth zu
steigern verspricht, welcher in den Kreisen der Domanialbeamten selbst auf
9 Millionen Thaler veranschlagt wird, sich in Wirklichkeit aber noch weit
höher belaufen wird, und daß dazu noch eine gleichfalls Millionen an
Capitalwerth betragende Ersparung an Verwaltungskosten hinzutreten wird,
kam in der Verhandlung eben so wenig zur Erwähnung als die Eventualität
einer sonstigen Vermehrung der landesherrlichen Einnahmen z. B. aus dem Er¬
trage der landesherrlichen Eisenbahnen, oder einer Ersparung in den Ausgaben.
Das Bedürfniß wurde in der Höhe von 355.000 Thlr. von beiden Ständen
anerkannt und zwar als ein bleibendes, und nur so weit glaubte man diese
Anerkennung einschränken zu müssen, daß man für den Fall einer Steigerung
des Matricularbeitrages über den Betrag von 600,000 Thlr. oder einer


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[0225] Seite unberührt: man begnügte sich, das Bedürfniß der landesherrlichen Casse ins Auge zu fassen. Dies geschah aber in der denkbar oberflächlichsten Weise. Die Regierung legte einige Ziffern vor, welche eine Zusammenstellung der aus dem Eintritt Mecklenburgs in den Bund und in den Zollverein der landesherrlichen Casse erwachsenen Erleichterungen und neuen Belastungen geben und dadurch die Unentbehrlichkeit der Forterhebung des Hilfsbeitrages in der Höhe von 355,000 Thlr. darthun sollten. Zwar mußte die Regierung selbst ein Plus von 57,000 Thlr. zugestehen, um welches nach dieser ihrer eigenen Berech¬ nung die neuen Belastungen der landesherrlichen Casse durch die ihr zu Theil gewordenen Erleichterungen überwogen wurden; aber sie wies auf die demnächst bevorstehende Steigerung des an die Bundescasfe zu zahlenden Matricular- beitrags und auf verschiedene sonstige Einbußen hin, welche jenen Vortheil bald wieder verschlingen würden und daher eine Abminderung der landesherr¬ lichen Einnahme aus der Contribution nicht zulässig erscheinen ließen. Die Mitglieder der Commission wußten dem Landtage über diese Angelegenheit nichts weiter zu berichten, als daß durch die vorgelegten Ziffern anscheinend das Bedürfniß hinlänglich constatirt werde. Eine Prüfung der Ziffern unterblieb gänzlich, obwohl dieselben zum Theil schon eine Vergleichung mit allgemein bekannten Thatsachen nicht aushielten. So hatte die Zusammen¬ stellung den Matricularbeitrag Mecklenburg-Schwerins für das Jahr 1868 zu 400,000 Thlr. angegeben, obgleich der Bundeshaushalts-Etat denselben nur zu 366,000 Thlr. bestimmt. Bei den übrigen Positionen erhellt nicht einmal, ob dieselben den Durchschnittsbetrag oder den Betrag eines einzelnen Jahres angeben. Ueber die Gesammteinnahmen der landesherrlichen Casse und deren Verwendung vermochte die Commission nichts mitzutheilen. Daß das Domanialvermögen, welches einen Capitalwerth von nahezu 100 Millio¬ nen Thalern darstellt, durch die in der Ausführung begriffene Maßregel der Vererbpachtung von 4000 Bauergehöften sich um einen Capitalwerth zu steigern verspricht, welcher in den Kreisen der Domanialbeamten selbst auf 9 Millionen Thaler veranschlagt wird, sich in Wirklichkeit aber noch weit höher belaufen wird, und daß dazu noch eine gleichfalls Millionen an Capitalwerth betragende Ersparung an Verwaltungskosten hinzutreten wird, kam in der Verhandlung eben so wenig zur Erwähnung als die Eventualität einer sonstigen Vermehrung der landesherrlichen Einnahmen z. B. aus dem Er¬ trage der landesherrlichen Eisenbahnen, oder einer Ersparung in den Ausgaben. Das Bedürfniß wurde in der Höhe von 355.000 Thlr. von beiden Ständen anerkannt und zwar als ein bleibendes, und nur so weit glaubte man diese Anerkennung einschränken zu müssen, daß man für den Fall einer Steigerung des Matricularbeitrages über den Betrag von 600,000 Thlr. oder einer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/225>, abgerufen am 28.09.2024.