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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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Religionsfond zu leisten d. h. dem aus dem Vermögen der säcularisirten
Klöster u. s. w. gebildeten Forte, aus welchem, soweit er in den einzelnen
Kronländern solvent ist, Patronatslasten und Aehnliches bestritten werden. Und
zwar zahlt zu diesem Forte Strahof 2834 Gulden. Tepl 2100 Gulden.
Braunau 1624 Gulden, die übrigen böhmischen Stifter 2604 Gulden. Hat
ein Stift ein Gymnasium oder eine Realschule, so entsteht dadurch eine neue
Last, welche einer neuen Steuer gleichkommt. Denn abgesehen davon, daß
der Staat dem Stifte Admont für das Gymnasium in Graz 7455 Gulden
und dem Stifte Tepl für das Gymnasium in Pilsen 3885 Gulden zahlt,
müssen die Stifter die Gymnasien vollständig aus eigenen Mitteln unter¬
halten. Nicht blos für Gebäude, Sammlungen, Bibliotheken haben sie zu
sorgen, sie müssen auch die Lehrer besolden -- das Schulgeld aber an den
Staat abführen.

Das Einkommen der Stifter, welche auch die mit dem Kirchen- und
Schulpatronat verbundenen Lasten zu tragen haben, ist also stark belastet.
Nichtsdestoweniger nimmt das Vermögen derselben im Ganzen fortwährend
zu, wie aus den Zeichnungen bei Anlehen, aus Neubauten u. A. zu ent¬
nehmen ist. Aber die Säkularisation dieser 46 Stifter würde die Milliar¬
den unserer Schuld doch nicht verringern. Grade jetzt werden 1.378,918
Joch Domänen nach dem Gesetze vom 20. Juni 1868 verkauft und die
Schuldenlast hat sich nicht vermindert, nicht einmal das Gleichgewicht zwischen
Einnahmen und Ausgaben konnte hergestellt werden. Was wird also der
Grundbesitz der 46 Stifter helfen, welche zusammen nicht 200.000 Joch be¬
sitzen? Ja, wenn die Stifter baares Geld, wenn sie sehr große greifbare
Gold- und Silberwerthe besäßen, dann hätte man leichtes Geschäft. Leider
ist dem nicht so. Die Werthsachen reduciren sich meistens auf Monstranzen
und Kelche, auf Ringe und Ketten. Ich habe mehrere der reichsten Klöster
besucht und die Schätze, welche man mir mit einer gewissen Ostentation
wies, gesehen, aber in keinem waren sie mehr als ein paar Tausend Gulden
werth, und diese Werthsachen sind in der Mehrzahl Kunstalterthümer. Die
Bibliotheken sind in manchen Stiftern reich und sehr wichtig, aber der Geld¬
werth derselben ist selbstverständlich nicht in Anschlag zu bringen, denn das
Werthvollste kann ja der Staat nicht verkaufen, er müßte es sogar
selbst verwalten, nicht ohne eigenen Geldaufwand. Ein großer Werth
steckt ferner in den Gebäuden namentlich der Stifter in Ober- und Nieder¬
östreich, in welchen die Kaiser oft Monate lang gelebt haben und welche Alles
so darnach einrichten mußten, um den Kaiser kaiserlich empfangen zu können.
Wer Oestreich besucht hat, wird die prachtvollen Kaisergemächer in Kloster-
neuburg, Meil?c. kennen. Aber auch diese Pracht würde bei einer Säcula-
rtsation schwerlich bezahlt werden.


Religionsfond zu leisten d. h. dem aus dem Vermögen der säcularisirten
Klöster u. s. w. gebildeten Forte, aus welchem, soweit er in den einzelnen
Kronländern solvent ist, Patronatslasten und Aehnliches bestritten werden. Und
zwar zahlt zu diesem Forte Strahof 2834 Gulden. Tepl 2100 Gulden.
Braunau 1624 Gulden, die übrigen böhmischen Stifter 2604 Gulden. Hat
ein Stift ein Gymnasium oder eine Realschule, so entsteht dadurch eine neue
Last, welche einer neuen Steuer gleichkommt. Denn abgesehen davon, daß
der Staat dem Stifte Admont für das Gymnasium in Graz 7455 Gulden
und dem Stifte Tepl für das Gymnasium in Pilsen 3885 Gulden zahlt,
müssen die Stifter die Gymnasien vollständig aus eigenen Mitteln unter¬
halten. Nicht blos für Gebäude, Sammlungen, Bibliotheken haben sie zu
sorgen, sie müssen auch die Lehrer besolden — das Schulgeld aber an den
Staat abführen.

Das Einkommen der Stifter, welche auch die mit dem Kirchen- und
Schulpatronat verbundenen Lasten zu tragen haben, ist also stark belastet.
Nichtsdestoweniger nimmt das Vermögen derselben im Ganzen fortwährend
zu, wie aus den Zeichnungen bei Anlehen, aus Neubauten u. A. zu ent¬
nehmen ist. Aber die Säkularisation dieser 46 Stifter würde die Milliar¬
den unserer Schuld doch nicht verringern. Grade jetzt werden 1.378,918
Joch Domänen nach dem Gesetze vom 20. Juni 1868 verkauft und die
Schuldenlast hat sich nicht vermindert, nicht einmal das Gleichgewicht zwischen
Einnahmen und Ausgaben konnte hergestellt werden. Was wird also der
Grundbesitz der 46 Stifter helfen, welche zusammen nicht 200.000 Joch be¬
sitzen? Ja, wenn die Stifter baares Geld, wenn sie sehr große greifbare
Gold- und Silberwerthe besäßen, dann hätte man leichtes Geschäft. Leider
ist dem nicht so. Die Werthsachen reduciren sich meistens auf Monstranzen
und Kelche, auf Ringe und Ketten. Ich habe mehrere der reichsten Klöster
besucht und die Schätze, welche man mir mit einer gewissen Ostentation
wies, gesehen, aber in keinem waren sie mehr als ein paar Tausend Gulden
werth, und diese Werthsachen sind in der Mehrzahl Kunstalterthümer. Die
Bibliotheken sind in manchen Stiftern reich und sehr wichtig, aber der Geld¬
werth derselben ist selbstverständlich nicht in Anschlag zu bringen, denn das
Werthvollste kann ja der Staat nicht verkaufen, er müßte es sogar
selbst verwalten, nicht ohne eigenen Geldaufwand. Ein großer Werth
steckt ferner in den Gebäuden namentlich der Stifter in Ober- und Nieder¬
östreich, in welchen die Kaiser oft Monate lang gelebt haben und welche Alles
so darnach einrichten mußten, um den Kaiser kaiserlich empfangen zu können.
Wer Oestreich besucht hat, wird die prachtvollen Kaisergemächer in Kloster-
neuburg, Meil?c. kennen. Aber auch diese Pracht würde bei einer Säcula-
rtsation schwerlich bezahlt werden.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/201>, abgerufen am 28.09.2024.