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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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die rechte Flanke des östreichischen Heeres aus günstigster Position gegen
' die Armee des Kronprinzen zu sichern, denn er verleitete durch seine hart¬
näckige Ausdauer und durch das Vorbrechen einzelner Abtheilungen aus dem
Walde zwei österreichische Armeecorps ihre Stellung zu ändern und ihre
Kraft gegen ihn zu concentriren, statt die durch Feldzeugmeister Benedek
befohlene Stellung einzunehmen. Als um Mittag den Oestreichern gelang,
den Trümmern seiner Division den grüßen Theil des Waldes wieder zu
entreißen, da hatte die Tapferkeit der magdeburgischen Bataillone der heran¬
kommenden schlesischen Armee einen Theil des Weges klar gemacht und dieser
ein verhältnißmäßig frühes Eintreten der Entscheidung ermöglicht.

Trotzdem wurde der Kampf ihrer ersten Truppen ein blutiger; die Garde¬
divisionen hatten bei Noßberitz große Verluste und mußten sogar das Dorf
gegen östreichische Uebermacht wieder räumen, aber die allmälig anlangenden
Regimenter und Batterien der zweiten Armee vermochten jetzt jede wie ein
Keil zu wirken, der sich in die zerklüfteten Stämme der feindlichen Armee
hineintrieb. Die östreichische Stellung hatte von Anfang den Uebelstand
gehabt, daß ihre Rückzugslinie nicht in der Mitte, sondern in der am
meisten gefährdeten Flanke lag. Nach 4 Uhr war der Sieg entschieden.
Auch die Elbarmee hatte unterdeß, aufgehalten durch das Terrain, welches
ihr nur einen Zugang verstattete, die Sachsen und das 8. Corps auf dem
linken Flügel der Oestreicher in langsamem Fortschritt zurückgedrängt. Hinter
dem Rücken der ursprünglichen östreichischen Aufstellung kreuzten sich nach
6 Uhr die Bataillone der zweiten preußischen und der Elbarmee. -

Feldmarschall Benedek hatte wieder das Andringen der 2. Armee in die
rechte Flanke seiner Stellung für unwahrscheinlich gehalten und die -- nicht
ganz unbegründete -- Ansicht gehabt, daß sein rechter Flügel in der von
ihm disponirten Aufstellung einem feindlichen Angriff gewachsen sein würde.
Die unvollständige Ausführung seiner Dispositionen und die selbstwilligen
Angriffe seiner Corpsbefehlshaber auf den Wald von Maslowed sind ihm
nur insofern zuzurechnen, als er selbst den Gang der Schlacht durch eine
rechtzeitige Onentirung der Corpsführer und durch directen Befehl nicht ge¬
nügend zu leiten vermochte. Die einzelnen östreichischen Corps zogen sich,
wie es scheint zum Theil ohne Befehl, aus der Schlachtlinie zurück, das kaiser¬
liche Heer hatte den Schlachttag mit dem Verlust von 44,000 Mann und
187 Geschützen bezahlt, im Ganzen vom 27. Juni bis zum Abend des 3. Juli
fast den dritten Theil seiner Kriegsstärke verloren.

In den Operationen der Preußen dagegen trat jetzt eine charakteristische
Pause ein. Der großen strategischen Aufgabe, welche General Moltke dem
Heere gestellt, war exact und glänzend entsprochen, der König selbst, die
Führer der beiden Armeen hatten mit Hingebung dafür gearbeitet. Jetzt


die rechte Flanke des östreichischen Heeres aus günstigster Position gegen
' die Armee des Kronprinzen zu sichern, denn er verleitete durch seine hart¬
näckige Ausdauer und durch das Vorbrechen einzelner Abtheilungen aus dem
Walde zwei österreichische Armeecorps ihre Stellung zu ändern und ihre
Kraft gegen ihn zu concentriren, statt die durch Feldzeugmeister Benedek
befohlene Stellung einzunehmen. Als um Mittag den Oestreichern gelang,
den Trümmern seiner Division den grüßen Theil des Waldes wieder zu
entreißen, da hatte die Tapferkeit der magdeburgischen Bataillone der heran¬
kommenden schlesischen Armee einen Theil des Weges klar gemacht und dieser
ein verhältnißmäßig frühes Eintreten der Entscheidung ermöglicht.

Trotzdem wurde der Kampf ihrer ersten Truppen ein blutiger; die Garde¬
divisionen hatten bei Noßberitz große Verluste und mußten sogar das Dorf
gegen östreichische Uebermacht wieder räumen, aber die allmälig anlangenden
Regimenter und Batterien der zweiten Armee vermochten jetzt jede wie ein
Keil zu wirken, der sich in die zerklüfteten Stämme der feindlichen Armee
hineintrieb. Die östreichische Stellung hatte von Anfang den Uebelstand
gehabt, daß ihre Rückzugslinie nicht in der Mitte, sondern in der am
meisten gefährdeten Flanke lag. Nach 4 Uhr war der Sieg entschieden.
Auch die Elbarmee hatte unterdeß, aufgehalten durch das Terrain, welches
ihr nur einen Zugang verstattete, die Sachsen und das 8. Corps auf dem
linken Flügel der Oestreicher in langsamem Fortschritt zurückgedrängt. Hinter
dem Rücken der ursprünglichen östreichischen Aufstellung kreuzten sich nach
6 Uhr die Bataillone der zweiten preußischen und der Elbarmee. -

Feldmarschall Benedek hatte wieder das Andringen der 2. Armee in die
rechte Flanke seiner Stellung für unwahrscheinlich gehalten und die — nicht
ganz unbegründete — Ansicht gehabt, daß sein rechter Flügel in der von
ihm disponirten Aufstellung einem feindlichen Angriff gewachsen sein würde.
Die unvollständige Ausführung seiner Dispositionen und die selbstwilligen
Angriffe seiner Corpsbefehlshaber auf den Wald von Maslowed sind ihm
nur insofern zuzurechnen, als er selbst den Gang der Schlacht durch eine
rechtzeitige Onentirung der Corpsführer und durch directen Befehl nicht ge¬
nügend zu leiten vermochte. Die einzelnen östreichischen Corps zogen sich,
wie es scheint zum Theil ohne Befehl, aus der Schlachtlinie zurück, das kaiser¬
liche Heer hatte den Schlachttag mit dem Verlust von 44,000 Mann und
187 Geschützen bezahlt, im Ganzen vom 27. Juni bis zum Abend des 3. Juli
fast den dritten Theil seiner Kriegsstärke verloren.

In den Operationen der Preußen dagegen trat jetzt eine charakteristische
Pause ein. Der großen strategischen Aufgabe, welche General Moltke dem
Heere gestellt, war exact und glänzend entsprochen, der König selbst, die
Führer der beiden Armeen hatten mit Hingebung dafür gearbeitet. Jetzt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/20>, abgerufen am 28.09.2024.