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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

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ist, um ohne erheblichen Aufwand diese Zinsabschnitte herzustellen; zumal da
ja ein sehr großer Theil ihres Inhalts in allen Fällen derselbe bleibt, also
mittels feststehender Formen, in welche der wechselnde Inhalt eingefügt wird,
hergestellt werden kann.


W. Neuling, Hofgerichtsadvoeat.


Die östreichischen Stifter und ihr Vermögen.

In den Jahren 1803--1830 verschwanden die begüterten Mannsklöster
in Deutschland. Nur in Oestreich blieben die bestehen, welche der Säcularisation
unter Joseph entgangen waren. Der Wunsch sie aufzuheben wird lauter als
je. Daß der Staat durch das Klostervermögen seinen kranken Finanzen mit
einem Male aufhelfen könnte, ist eine im Volke weit verbreitete Ansicht. Wozu,
sagen Entschiedene, brauchen wir die großen Gütercomplexe, neben welchen
der kleine Grundbesitzer nicht aufkommen kann, oft verarmt? Und die
Geistlichkeit versteht die Wirthschaft überhaupt nicht, sie braucht kein Ver¬
mögen. Könnte man mit dem Klostergut nicht gründlich unserm Unterrichts-,
namentlich Volksschulwesen aushelfen? Oder seht hin, wie schlecht die Pfarrer
und Capläne auf dem Lande dotirt sind, während die Mönche ein fürst¬
liches Leben führen und keine Arbeit thun? Wäre es nicht billig, das Kloster¬
vermögen zum Pfarrvermögen zu schlagen? -- So ist man sehr bereit, eine Ver¬
wendung für das Klostergut zu finden. Selbstverständlich halten wir eine
Aufhebung der Mönchsgenossenschaften für geboten. Nur kann jedem mit
den östreichischen Verhältnissen Vertrauten nicht entgehen, daß über die volks-
wirthschaftliche Seite der Frage nicht die wünschenswerthe Klarheit herrscht,
und daß auch Solche nicht genügend unterrichtet sind, bei welchen man
Kenntniß der thatsächlichen Verhältnisse erwarten sollte.

Man unterscheidet nämlich zunächst sehr oft nicht zwischen den Klöstern
überhaupt und den begüterten, den Abteien, welche hier zu Land mit dem
Namen Stifter bezeichnet werden. Und doch ist dieser Unterschied maßgebend.
Es haben nämlich unter den Klöstern nur-einige eigenes Vermögen, während
die übrigen vermögenlos sind und, um existiren zu können, Zuschüsse aus
dem sogenannten Neligionsfond beziehen. Auf sie finden also die oben aus¬
gesprochenen Ansichten nur ausnahmsweise Anwendung.


ist, um ohne erheblichen Aufwand diese Zinsabschnitte herzustellen; zumal da
ja ein sehr großer Theil ihres Inhalts in allen Fällen derselbe bleibt, also
mittels feststehender Formen, in welche der wechselnde Inhalt eingefügt wird,
hergestellt werden kann.


W. Neuling, Hofgerichtsadvoeat.


Die östreichischen Stifter und ihr Vermögen.

In den Jahren 1803—1830 verschwanden die begüterten Mannsklöster
in Deutschland. Nur in Oestreich blieben die bestehen, welche der Säcularisation
unter Joseph entgangen waren. Der Wunsch sie aufzuheben wird lauter als
je. Daß der Staat durch das Klostervermögen seinen kranken Finanzen mit
einem Male aufhelfen könnte, ist eine im Volke weit verbreitete Ansicht. Wozu,
sagen Entschiedene, brauchen wir die großen Gütercomplexe, neben welchen
der kleine Grundbesitzer nicht aufkommen kann, oft verarmt? Und die
Geistlichkeit versteht die Wirthschaft überhaupt nicht, sie braucht kein Ver¬
mögen. Könnte man mit dem Klostergut nicht gründlich unserm Unterrichts-,
namentlich Volksschulwesen aushelfen? Oder seht hin, wie schlecht die Pfarrer
und Capläne auf dem Lande dotirt sind, während die Mönche ein fürst¬
liches Leben führen und keine Arbeit thun? Wäre es nicht billig, das Kloster¬
vermögen zum Pfarrvermögen zu schlagen? — So ist man sehr bereit, eine Ver¬
wendung für das Klostergut zu finden. Selbstverständlich halten wir eine
Aufhebung der Mönchsgenossenschaften für geboten. Nur kann jedem mit
den östreichischen Verhältnissen Vertrauten nicht entgehen, daß über die volks-
wirthschaftliche Seite der Frage nicht die wünschenswerthe Klarheit herrscht,
und daß auch Solche nicht genügend unterrichtet sind, bei welchen man
Kenntniß der thatsächlichen Verhältnisse erwarten sollte.

Man unterscheidet nämlich zunächst sehr oft nicht zwischen den Klöstern
überhaupt und den begüterten, den Abteien, welche hier zu Land mit dem
Namen Stifter bezeichnet werden. Und doch ist dieser Unterschied maßgebend.
Es haben nämlich unter den Klöstern nur-einige eigenes Vermögen, während
die übrigen vermögenlos sind und, um existiren zu können, Zuschüsse aus
dem sogenannten Neligionsfond beziehen. Auf sie finden also die oben aus¬
gesprochenen Ansichten nur ausnahmsweise Anwendung.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/194>, abgerufen am 28.09.2024.