Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

einer bloßen Vollmacht zur Einziehung der betreffenden Jahreszinsen würde
auf alle Fälle einen etwas schwerfälligen Geschäftsgang und die Errich¬
tung besonderer vielfach selbst mit Stempelkosten belasteter Urkunden nöthig
machen; in vielen Fällen würde sie, da sie dem Bevollmächtigten kein eignes
Recht gibt, eine sofortige Vorlagsweise Auszahlung der Zinsen durch die be¬
vollmächtigte Realcreditbank sogar geradezu ausschließen. Aber ebenso setzt
auch selbstverständlich die fidueiarische Überlassung des betreffenden Hypo¬
thekenbriefes selbst an die die Zinszahlung und resp. Wiedereinziehung be¬
sorgende Bank ein Maß von Vertrauen in die Solvenz derselben und in die
Solidität ihres Geschäftsbetriebes voraus, welches in vielen Fällen- -- mit
Recht oder Unrecht, bleibt für das Ergebniß selbst ganz einerlei -- seitens
der Hypothekenbesitzer nicht gewährt werden mag, ja welches den sich vor¬
aussichtlich nach Analogie der kleinen Privatbankgeschäfte entwickelnden Privat-
Realbankgeschäften in vielen Fällen kaum gewährt werden kann.

Zur Vollständigkeit der Organisation wird aber gerade die Ent¬
wickelung solcher Privatgeschäfte zur Vermittelung des Realcreditverkehrs
innerhalb bestimmter local beschränkter Gebiete und für die kleineren Ge¬
schäfte nicht zu entbehren sein, mag nun im Uebrigen -- was eine Frage
zukünftiger, voraussichtlich auch nicht überall gleichmäßiger Entwickelung ist
-- diese neue Branche sich zu einer selbständigen Geschäftsbranche, gesondert
von dem bisherigen Bankgeschäfte, ausbilden oder mit diesem verbunden
werden, so daß also das bisherige Bankgeschäft diese neue Geschäftsbranche-
in sich ausnimmt. Man wird daher jedenfalls gut thun bei der neuen Le
gislation auch die aus der Entwickelung solcher Privat-Realcreditbankgeschäfte
sich ergebenden Anforderungen zu beachten und nicht in den einzuführenden
Einrichtungen einer solchen jedenfalls thatsächlichen Bedürfnissen entsprechen¬
den Entwickelung Hemmnisse zu bereiten.

Unseres Erachten" läßt sich nun der in der angedeuteten Richtung vor¬
liegende Mangel der beabsichtigten Legislation einfach dadurch ausgleichen,
daß man den Hypothekenbriefen wenn nicht obligatorisch doch jedenfalls
facultativ besondere Zinsabschnitte ganz nach Analogie der Coupons der
Börsenpapiere beifügt, in welchen die Identität der betreffenden Zinsforderung,
also vor Allem ihr Zusammenhang mit dem betreffenden Hypothekenbrief,
sowie die sonstigen für die selbständige Uebertragbarkeit und Einklagbarkeit
erforderlichen Punkte kurz angegeben sind.

In der That stehen der Durchführung dieses Vorschlags, so unerwartet
er Manchem kommen mag. weder theoretische Bedenken noch erhebliche prak¬
tische Schwierigkeiten entgegen. Vor Allem ist zu bemerken, daß der Hypo¬
thekenbrief selbst im Sinne der neuen Legislation nicht wie die bisherigen
Schuld- und Verpfändungsurkunden die die eigentliche causa der persönlichen


einer bloßen Vollmacht zur Einziehung der betreffenden Jahreszinsen würde
auf alle Fälle einen etwas schwerfälligen Geschäftsgang und die Errich¬
tung besonderer vielfach selbst mit Stempelkosten belasteter Urkunden nöthig
machen; in vielen Fällen würde sie, da sie dem Bevollmächtigten kein eignes
Recht gibt, eine sofortige Vorlagsweise Auszahlung der Zinsen durch die be¬
vollmächtigte Realcreditbank sogar geradezu ausschließen. Aber ebenso setzt
auch selbstverständlich die fidueiarische Überlassung des betreffenden Hypo¬
thekenbriefes selbst an die die Zinszahlung und resp. Wiedereinziehung be¬
sorgende Bank ein Maß von Vertrauen in die Solvenz derselben und in die
Solidität ihres Geschäftsbetriebes voraus, welches in vielen Fällen- — mit
Recht oder Unrecht, bleibt für das Ergebniß selbst ganz einerlei — seitens
der Hypothekenbesitzer nicht gewährt werden mag, ja welches den sich vor¬
aussichtlich nach Analogie der kleinen Privatbankgeschäfte entwickelnden Privat-
Realbankgeschäften in vielen Fällen kaum gewährt werden kann.

Zur Vollständigkeit der Organisation wird aber gerade die Ent¬
wickelung solcher Privatgeschäfte zur Vermittelung des Realcreditverkehrs
innerhalb bestimmter local beschränkter Gebiete und für die kleineren Ge¬
schäfte nicht zu entbehren sein, mag nun im Uebrigen — was eine Frage
zukünftiger, voraussichtlich auch nicht überall gleichmäßiger Entwickelung ist
— diese neue Branche sich zu einer selbständigen Geschäftsbranche, gesondert
von dem bisherigen Bankgeschäfte, ausbilden oder mit diesem verbunden
werden, so daß also das bisherige Bankgeschäft diese neue Geschäftsbranche-
in sich ausnimmt. Man wird daher jedenfalls gut thun bei der neuen Le
gislation auch die aus der Entwickelung solcher Privat-Realcreditbankgeschäfte
sich ergebenden Anforderungen zu beachten und nicht in den einzuführenden
Einrichtungen einer solchen jedenfalls thatsächlichen Bedürfnissen entsprechen¬
den Entwickelung Hemmnisse zu bereiten.

Unseres Erachten« läßt sich nun der in der angedeuteten Richtung vor¬
liegende Mangel der beabsichtigten Legislation einfach dadurch ausgleichen,
daß man den Hypothekenbriefen wenn nicht obligatorisch doch jedenfalls
facultativ besondere Zinsabschnitte ganz nach Analogie der Coupons der
Börsenpapiere beifügt, in welchen die Identität der betreffenden Zinsforderung,
also vor Allem ihr Zusammenhang mit dem betreffenden Hypothekenbrief,
sowie die sonstigen für die selbständige Uebertragbarkeit und Einklagbarkeit
erforderlichen Punkte kurz angegeben sind.

In der That stehen der Durchführung dieses Vorschlags, so unerwartet
er Manchem kommen mag. weder theoretische Bedenken noch erhebliche prak¬
tische Schwierigkeiten entgegen. Vor Allem ist zu bemerken, daß der Hypo¬
thekenbrief selbst im Sinne der neuen Legislation nicht wie die bisherigen
Schuld- und Verpfändungsurkunden die die eigentliche causa der persönlichen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0192" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/120381"/>
          <p xml:id="ID_554" prev="#ID_553"> einer bloßen Vollmacht zur Einziehung der betreffenden Jahreszinsen würde<lb/>
auf alle Fälle einen etwas schwerfälligen Geschäftsgang und die Errich¬<lb/>
tung besonderer vielfach selbst mit Stempelkosten belasteter Urkunden nöthig<lb/>
machen; in vielen Fällen würde sie, da sie dem Bevollmächtigten kein eignes<lb/>
Recht gibt, eine sofortige Vorlagsweise Auszahlung der Zinsen durch die be¬<lb/>
vollmächtigte Realcreditbank sogar geradezu ausschließen. Aber ebenso setzt<lb/>
auch selbstverständlich die fidueiarische Überlassung des betreffenden Hypo¬<lb/>
thekenbriefes selbst an die die Zinszahlung und resp. Wiedereinziehung be¬<lb/>
sorgende Bank ein Maß von Vertrauen in die Solvenz derselben und in die<lb/>
Solidität ihres Geschäftsbetriebes voraus, welches in vielen Fällen- &#x2014; mit<lb/>
Recht oder Unrecht, bleibt für das Ergebniß selbst ganz einerlei &#x2014; seitens<lb/>
der Hypothekenbesitzer nicht gewährt werden mag, ja welches den sich vor¬<lb/>
aussichtlich nach Analogie der kleinen Privatbankgeschäfte entwickelnden Privat-<lb/>
Realbankgeschäften in vielen Fällen kaum gewährt werden kann.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_555"> Zur Vollständigkeit der Organisation wird aber gerade die Ent¬<lb/>
wickelung solcher Privatgeschäfte zur Vermittelung des Realcreditverkehrs<lb/>
innerhalb bestimmter local beschränkter Gebiete und für die kleineren Ge¬<lb/>
schäfte nicht zu entbehren sein, mag nun im Uebrigen &#x2014; was eine Frage<lb/>
zukünftiger, voraussichtlich auch nicht überall gleichmäßiger Entwickelung ist<lb/>
&#x2014; diese neue Branche sich zu einer selbständigen Geschäftsbranche, gesondert<lb/>
von dem bisherigen Bankgeschäfte, ausbilden oder mit diesem verbunden<lb/>
werden, so daß also das bisherige Bankgeschäft diese neue Geschäftsbranche-<lb/>
in sich ausnimmt. Man wird daher jedenfalls gut thun bei der neuen Le<lb/>
gislation auch die aus der Entwickelung solcher Privat-Realcreditbankgeschäfte<lb/>
sich ergebenden Anforderungen zu beachten und nicht in den einzuführenden<lb/>
Einrichtungen einer solchen jedenfalls thatsächlichen Bedürfnissen entsprechen¬<lb/>
den Entwickelung Hemmnisse zu bereiten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_556"> Unseres Erachten« läßt sich nun der in der angedeuteten Richtung vor¬<lb/>
liegende Mangel der beabsichtigten Legislation einfach dadurch ausgleichen,<lb/>
daß man den Hypothekenbriefen wenn nicht obligatorisch doch jedenfalls<lb/>
facultativ besondere Zinsabschnitte ganz nach Analogie der Coupons der<lb/>
Börsenpapiere beifügt, in welchen die Identität der betreffenden Zinsforderung,<lb/>
also vor Allem ihr Zusammenhang mit dem betreffenden Hypothekenbrief,<lb/>
sowie die sonstigen für die selbständige Uebertragbarkeit und Einklagbarkeit<lb/>
erforderlichen Punkte kurz angegeben sind.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_557" next="#ID_558"> In der That stehen der Durchführung dieses Vorschlags, so unerwartet<lb/>
er Manchem kommen mag. weder theoretische Bedenken noch erhebliche prak¬<lb/>
tische Schwierigkeiten entgegen. Vor Allem ist zu bemerken, daß der Hypo¬<lb/>
thekenbrief selbst im Sinne der neuen Legislation nicht wie die bisherigen<lb/>
Schuld- und Verpfändungsurkunden die die eigentliche causa der persönlichen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0192] einer bloßen Vollmacht zur Einziehung der betreffenden Jahreszinsen würde auf alle Fälle einen etwas schwerfälligen Geschäftsgang und die Errich¬ tung besonderer vielfach selbst mit Stempelkosten belasteter Urkunden nöthig machen; in vielen Fällen würde sie, da sie dem Bevollmächtigten kein eignes Recht gibt, eine sofortige Vorlagsweise Auszahlung der Zinsen durch die be¬ vollmächtigte Realcreditbank sogar geradezu ausschließen. Aber ebenso setzt auch selbstverständlich die fidueiarische Überlassung des betreffenden Hypo¬ thekenbriefes selbst an die die Zinszahlung und resp. Wiedereinziehung be¬ sorgende Bank ein Maß von Vertrauen in die Solvenz derselben und in die Solidität ihres Geschäftsbetriebes voraus, welches in vielen Fällen- — mit Recht oder Unrecht, bleibt für das Ergebniß selbst ganz einerlei — seitens der Hypothekenbesitzer nicht gewährt werden mag, ja welches den sich vor¬ aussichtlich nach Analogie der kleinen Privatbankgeschäfte entwickelnden Privat- Realbankgeschäften in vielen Fällen kaum gewährt werden kann. Zur Vollständigkeit der Organisation wird aber gerade die Ent¬ wickelung solcher Privatgeschäfte zur Vermittelung des Realcreditverkehrs innerhalb bestimmter local beschränkter Gebiete und für die kleineren Ge¬ schäfte nicht zu entbehren sein, mag nun im Uebrigen — was eine Frage zukünftiger, voraussichtlich auch nicht überall gleichmäßiger Entwickelung ist — diese neue Branche sich zu einer selbständigen Geschäftsbranche, gesondert von dem bisherigen Bankgeschäfte, ausbilden oder mit diesem verbunden werden, so daß also das bisherige Bankgeschäft diese neue Geschäftsbranche- in sich ausnimmt. Man wird daher jedenfalls gut thun bei der neuen Le gislation auch die aus der Entwickelung solcher Privat-Realcreditbankgeschäfte sich ergebenden Anforderungen zu beachten und nicht in den einzuführenden Einrichtungen einer solchen jedenfalls thatsächlichen Bedürfnissen entsprechen¬ den Entwickelung Hemmnisse zu bereiten. Unseres Erachten« läßt sich nun der in der angedeuteten Richtung vor¬ liegende Mangel der beabsichtigten Legislation einfach dadurch ausgleichen, daß man den Hypothekenbriefen wenn nicht obligatorisch doch jedenfalls facultativ besondere Zinsabschnitte ganz nach Analogie der Coupons der Börsenpapiere beifügt, in welchen die Identität der betreffenden Zinsforderung, also vor Allem ihr Zusammenhang mit dem betreffenden Hypothekenbrief, sowie die sonstigen für die selbständige Uebertragbarkeit und Einklagbarkeit erforderlichen Punkte kurz angegeben sind. In der That stehen der Durchführung dieses Vorschlags, so unerwartet er Manchem kommen mag. weder theoretische Bedenken noch erhebliche prak¬ tische Schwierigkeiten entgegen. Vor Allem ist zu bemerken, daß der Hypo¬ thekenbrief selbst im Sinne der neuen Legislation nicht wie die bisherigen Schuld- und Verpfändungsurkunden die die eigentliche causa der persönlichen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/192
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120192/192>, abgerufen am 28.09.2024.